Ein Grund, warum IT-Projekte scheitern, ist eine unzureichende Anforderungsanalyse. IREB bietet ein Zertifizierungsmodell für "Requirements Engineering". Von IREB-Geschäftsführer Stefan Sturm.
In Zeiten schwindender Budgets können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, am Softwarebedarf vorbei zu entwickeln. Und konkrete Anforderungen formuliert man nicht mal eben nebenbei, sondern dazu bedarf es qualifizierter Mitarbeiter, die über das nötige Fachwissen verfügen, um einen einheitlichen und detaillierten Anforderungskatalog für die Softwareentwicklung zu erarbeiten – die Voraussetzung und das Fundament für erfolgreiche Projekte. Daher hat sich in der Softwarebranche und bei Unternehmen in vielen anderen Bereichen die Erkenntnis mittlerweile durchgesetzt: seine Mitarbeiter im Requirements Engineering zu zertifizieren, ist eine Investition, die sich auszahlt. Eine anhaltend steigende Zahl von erworbenen Zertifikaten spricht für sich.
Weltweit anerkanntes Expertengremium
Der 2006 gegründete International Requirements Engineering Board (IREB) hat sich zum weltweit anerkannten Expertengremium für die Personenzertifizierung von Fachkräften im Requirements Engineering entwickelt und ist Initiator des "Certified Professionals for Requirements Engineering (CPRE)"-Zertifikats. Der Verein wurde von führenden Mitgliedern der Requirements Engineering-Szene aus Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft und Beratung ins Leben gerufen. Um das operative Tagesgeschäft kümmert sich seit April 2011 die IREB GmbH. Neutralität und Qualität des von IREB initiierten CPRE-Zertifikats werden dadurch garantiert, dass es eine strikte Trennung gibt zwischen der Entwicklung von Lehrplänen und Prüfungsfragen durch IREB, der Schulung der Prüfungskandidaten durch qualifizierte Trainingsprovider und der Durchführung der Prüfungen durch Zertifizierungsstellen.
CPRE Foundation Level
Das Zertifizierungsmodell von IREB gliedert sich in drei Levels, die aufeinander aufbauen: Foundation Level (CPRE-FL), Advanced Level (CPRE-AL) und Expert Level (CPRE-EL). Im Foundation Level geht es darum, ein systematisches und einheitliches Requirements Engineering zu etablieren. Der Lehrplan definiert die Grundlagen des Requirements Engineering, erklärt fachspezifische Termini und grenzt das Requirements Engineering gegen andere Disziplinen ab. Im Foundation Level erlangen CPRE-Fachkräfte das nötige Fachwissen, um sich mit Projektbeteiligten über die konkreten Anforderungen an ein Gesamtprojekt zu verständigen – unternehmensintern sowie unternehmens- und sogar länderübergreifend.
CPRE Advanced Level: Elicitation & Consolidation
Mit den Advanced Level-Zertifikaten erwerben CPRE-Fachkräfte international anerkannte Nachweise ihres Fachwissens. Das Advanced Level von IREB ist modular aufgebaut, denn nicht alle eigenständigen Teildisziplinen des umfassenden Requirements Engineering sind für alle CPRE-Fachkräfte gleichermaßen relevant. Derzeit können CPRE-FL-Fachkräfte das Advanced Level-Zertifikat in zwei Bereichen erwerben: „Elicitation & Consolidation“ und „Requirements Modeling“. Das CPRE-AL-Zertifikat Elicitation & Consolidation vertieft die im Foundation Level erlernte Technik, Anforderungen vollständig zu erheben und zu dokumentieren. CPRE-Fachkräfte erlernen adäquate Techniken, um Anforderungsquellen in der Softwareentwicklung zu erkennen, zu identifizieren, einzuordnen und zu konsolidieren. Außerdem erlangen sie Kenntnisse darüber, wie sie die richtigen Stakeholder identifizieren und wie sie Anforderungskonflikte innerhalb eines Entwicklungsprojekts erkennen und strukturiert lösen können.
CPRE Advanced Level: Requirements Modeling
Das Requirements Modeling-Modul umfasst die Themenbereiche Modell und Modellierung, Informationsmodellierung, Funktions- und Verhaltensmodellierung, Szenarienmodellierung sowie den Umgang mit Modellen und deren Einbettung in den Gesamtentwicklungsprozess. Im Vordergrund steht der konkrete Einsatz von Modellen zur Abbildung von Informationen, Funktionen, Verhalten und Szenarien. Außerdem lernen CPRE-Fachkräfte die Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen Modellen und die Möglichkeiten ihrer Kombination kennen. Ebenso erfahren sie, wie sie Grenzen der Modellierung ziehen, Use Cases richtig zuschneiden und Modelle in konkrete Anforderungsspezifikationen überführen können. Neben den Advanced Level-Zertifikaten Elicitation & Consolidation und Requirements Modeling wird IREB bald auch AL-Zertifikate in den Bereichen Product Management, Requirements Management und Bidding anbieten. Auch der Lehrplan für das Expert Level ist derzeit in Planung.
ISO-zertifiziert
Der besondere Vorteil der CPRE-Zertifikate gegenüber firmenspezifischen Wissensnachweisen besteht darin, dass sie Anerkennung über die Grenzen eines Unternehmens hinaus finden. Was nützt es einer ausgebildeten Fachkraft, wenn sie sämtliche Zertifikate, die ihr Arbeitgeber anbietet, erworben hat, diese aber bei einem Arbeitsplatzwechsel keine besondere Qualifikation darstellen? Prinzipiell kann jedes Unternehmen Zertifikate offerieren. Der Markt entscheidet dann darüber, ob es einen Wert besitzt. Mit ihrem Zertifikat verfolgen Unternehmen üblicherweise kommerzielle Ziele oder nutzen es als Marketinginstrument. Deshalb erfolgt oftmals keine Abstimmung mit anderen Zertifizierungsstellen, und das produktbezogene Wissen hat aus diesem Grund eine kurze Halbwertszeit. Daher ist es besser, gleich auf einen unabhängigen Anbieter wie IREB zu setzen, dessen Wissensnachweise konform mit dem Standard ISO/IEC 17024:2003 sind. Außerdem grenzt IREB seine Lehrpläne von weiteren anerkannten Zertifikaten der Branche ab, wie etwa denen von PMI, IPMA, ISTQB und iSAQB. So können Unternehmen Berufsprofile konkret definieren und zum Beispiel die Beförderung eines Mitarbeiters durch seinen Erwerb des CPRE-Zertifikats rechtfertigen.
5.500 bestandene Prüfungen
Seine drei Level machen das CPRE-Zertifizierungsmodell des IREB zum umfassendsten und differenziertesten Ausbildungsstandard auf dem Gebiet des Requirements Engineering. Mittlerweile haben schon knapp 5.500 Fachkräfte die CPRE-Prüfung bestanden – insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in Spanien, den Niederlanden, Bulgarien, Ägypten, Nord- und Südamerika, Kolumbien, Brasilien, Südkorea, Malaysia und Indien.