Die Baubranche befindet sich gerade in einem riesigen Transformationsprozess. Dabei gilt es nicht nur, das Bauen CO2-ärmer und insgesamt nachhaltiger zu gestalten, sondern auch Wege zu finden, wie man einen Paradigmenwechsel in der Planung von Bauwerken herbeiführt. Das Bauen mit Betonfertigteilen zeigt schon seit Jahren, wie eine vorausschauende Planung bei Herstellung, Montage und Betrieb von Gebäuden entscheidende Impulse für das nachhaltige Bauen liefern kann. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist allerdings die rechtzeitige Entscheidung von Bauherrn und Architekten, ein Bauwerk von Anfang an in Fertigteilen auszuführen. Denn so minimiert man das baubegleitende Planen und steigert gleichzeitig die Effizienz auf der Baustelle – zwei wichtige Nachhaltigkeitsfaktoren.
Bild oben: der Autor dieses Beitrags, Anton Glasmaier, ist Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke und Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich.
Weniger CO2 entlang des gesamten Lebenszyklus
Die CO2-Reduktion ist entlang des gesamten Lebenszyklus von Bauteilen möglich. Die österreichischen Hersteller von Betonfertigteilen beziehen ihre Rohstoffe lokal und setzen bereits umfassende Schritte, ressourcenschonend zu produzieren. Sei das die sofortige Wiederverwendung von Betonresten und Waschwasser oder ein geringer Materialverbrauch – die CO2-Reduktion in der Produktion ist in der Betonfertigteilbranche längst angekommen. Viele Fertigteile im Hochbau wie Massivwandfertigteile, Schleuderbetonsäulen oder Hohldielen überzeugen mittlerweile mit hoher Performance bei geringem Materialeinsatz. Dabei spart man Beton und Bewehrungsstahl deutlich ein.
Wachsende Herausforderung: Betrieb von Gebäuden
Wenn Fertigteile einmal produziert sind, gilt es, diese möglichst effizient zu verbauen. Denn auch kurze Bauzeiten führen zur Reduktion von CO2- und Staub-Emissionen und verursachen dazu weniger Abfälle auf der Baustelle. Ist das Gebäude einmal fertig, bietet gerade der Baustoff Beton konkrete Potenziale, wie man das Bauwerk in der ganzen Betriebsphase energieeffizient betreiben kann. Die Zahlen aus Deutschland zeigen es deutlich: Der Betrieb der Gebäude verursacht laut dortigem Umweltbundesamt etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent der CO₂-Emissionen. Durch die thermische Bauteilaktivierung von Betonfertigteilen – Decken oder Wände – können Gebäude in Kombination mit erneuerbaren Energien wie Erdwärme, Wind oder Sonne ganzjährig kostengünstig geheizt und gekühlt werden. Das Heizen und Kühlen in einem (System) sowie die Unabhängigkeit von Öl und Gas sind vielleicht die zwei wichtigsten Vorteile dieser innovativen Technologie, die das Potenzial von Beton als Energiespeicher nutzt. So können nicht nur einzelne Gebäude, sondern auch ganze Grätzel zu sogenannten Energieplusquartieren umwandelt werden, die energieautark funktionieren können.
Kreislaufwirtschaft nutzen
Schließlich ist ein zentraler Bereich für die Erreichung des Europäischen Grünen Deals der Übergang in eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Im Bereich der Fertigteile kommt diese meistens als Wiederverwendung zur Umsetzung. So können Betonleitwände, Pflastersteine und -platten oft auch nach 50 Jahren problemlos demontiert und neu eingebaut werden. Auch bei Treppen und Trägern ist eine große Chance für Wiederverwendung vorhanden. Diese gilt es, in den kommenden Jahren verstärkt zu nutzen.
Die Potenziale der Fertigteil-Bauweise zu heben, kann entscheidende Impulse für das nachhaltige Bauen der Zukunft liefern. Viele Lösungen sind bereits da, sie müssen nur entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Bauens – von der Rohstoffgewinnung, über die Baustoffherstellung bis hin zur Planung, Nutzung und Wiederwendung von Bauteilen bzw. -werken – richtig erkannt und umgesetzt werden. Die österreichische Betonfertigteilbranche zeigt, dass dieses gesamtheitliche Denken keine Zukunftsmusik, sondern schon in der Praxis angekommen ist.