Tuesday, October 14, 2025

Mehrwert für Manager

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Zwischen Anbietern und Kund*innen läuft es nicht immer rund – oft liegt es an der Kommunikation oder an unterschiedlichen Erwartungen. Beschwerden können aber auch wichtige Impulse geben.

Bild: iStock

Es gibt Kunden, die für Stress sorgen. Wenn deren Telefonnummer auf dem Display steht oder eine E-Mail eintrifft, verursacht dies beim Empfänger schon einen erhöhten Puls und destruktive Gedanken – von »Was will der denn jetzt?« bis hin zu »Oje, was haben wir nun wieder falsch gemacht?« Tja, manchmal läuft etwas schief. Und merkwürdigerweise auch oft beim gleichen Kunden. Doch ist dieser mit Absicht schwierig, weil er immer das Haar in der Suppe suchen muss? Oder zeigt er mit seinem Verhalten einfach nur auf, dass das Unternehmen nicht professionell genug arbeitet?

Nicht jeder Kunde passt zu jedem Unternehmen – und andersherum. Doch manchmal finden sich einfach die Falschen, merken es bei Vertragsschluss jedoch nicht. Das Kernproblem ist, dass vor Beginn der Zusammenarbeit oft nicht eindeutig die gegenseitigen Erwartungen, Möglichkeiten und Gewohnheiten offen besprochen werden. Auch während der Zusammenarbeit entwickeln sich Anbieter und Kund*innen weiter – und nicht selten auseinander. Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Unternehmen nicht genug Zeit nehmen können oder wollen, um beispielsweise halbjährlich die gegenseitigen Erwartungen und eigenen Pläne sowie Möglichkeiten für die Zukunft abzustecken. Haben Kund*innen über einen längeren Zeitraum das Gefühl, dass ihr Lieferant zunehmend gegen sie statt für sie arbeitet, dann ziehen sie nicht gleich von sich aus die Reißleine und sehen sich nach Alternativen um, sondern beschweren sich zunächst. Das gibt zumindest die Möglichkeit, im Gespräch zu bleiben!

Auftragsklärung mangelhaft
Die Basis aller Übel ist, dass sich zwei Vertragspartner aneinander binden, die denken, dass sie ideal zueinanderpassen – es aber nicht tun. Der Lieferant möchte gerne verkaufen, schließlich braucht er neue Kund*innen und Umsatz. Und der Kunde ist froh, dass er an einen Anbieter geraten ist, der sein Problem versteht – und es lösen möchte. Aber: Diese Gespräche finden meist zu oberflächlich statt. Fallen später Wunsch und Wirklichkeit auseinander, werden gegenseitig Vorwürfe erhoben: »Warum haben Sie das denn nicht früher gesagt?« oder »Warum haben Sie mich denn nicht gefragt?«

Oberste Maxime ist es, den Kunden vor einem Fehlkauf zu schützen. Je weniger Berührungspunkte dieser bisher mit dem Thema und der Branche hatte, desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen. Arbeitet(e) ein Kunde hingegen schon sehr lange mit einem Mitbewerber des Lieferanten zusammen, sind zwingend die Wechselgründe herauszuarbeiten. War der Mitbewerber wirklich objektiv gesehen (nicht mehr) der ideale Anbieter oder hat der Kunde utopische Vorstellungen, die sein bisheriger Lieferant nicht erfüllen kann/will? Aber auch Kund*innen sollten mehr hinter- und nachfragen, um konkrete Antworten zu bekommen. Antwortet beispielsweise ein Dienstleister auf die Frage »Wie rechnet ihr denn ab?« mit »Offen und transparent«, dann ist der Kunde gut beraten, genauer nachzufragen. Bleibt der Anbieter nebulös mit seiner Antwort und erwidert »Nach Aufwand«, sollte jeder Kunde gewarnt sein, warum nicht wirklich offen und transparent mit Zahlen umgegangen wird. Die Antwort einer Agentur, die Webseiten erstellt, könnte beispielsweise lauten: »Wir rechnen im 15-Minuten-Takt ab. Wenn wir 18 Minuten für dich arbeiten oder mit dir sprechen, berechnen wir 30 Minuten. Und wenn wir vier Minuten arbeiten oder mit dir sprechen, dann 15 Minuten.« Weil aber viele Anbieter hier den offenen Dialog scheuen, kommt es später oft zu unnötigen Auseinandersetzungen und Enttäuschungen.

Lieferantenerziehung
Statt die mehrseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Worten wie »Bitte bestätigen Sie hier noch mal kurz, dass Sie die AGBs erhalten haben« zum Vertragsbestandteil zu machen, sollten Anbieter, die es ehrlich mit ihren Kund*innen meinen, lieber sagen: »Wir haben hier zwölf Seiten AGB. Ich möchte kurz auf die drei wichtigsten Dinge zu sprechen kommen, damit Sie wissen, woran Sie mit uns sind.«

Auch wenn beide Seiten den Vertrag unterschreiben und damit Rechte und Pflichten eingehen, befinden sich Kund*innen meist in der Konsumentenhaltung. Selbst wenn sie nicht zufrieden sind, schweigen sie häufig – oft mit der Erwartung, dass der Anbieter für die Geschäftsbeziehung verantwortlich ist. Statt beherzt zum Telefon zu greifen und ihren Unmut auszusprechen, ergreifen Kund*innen eher unterschwellige Maßnahmen zur »Lieferantenerziehung«: Sie sind schwieriger zu erreichen. Rechnungen werden später gezahlt. Es wird mehr reklamiert. Das Bestellvolumen wird reduziert. Sarkasmus übernimmt in Gesprächen die Oberhand.

Problematisch ist, dass viele Unternehmen diese Signale nicht wahrnehmen oder nicht darauf reagieren. Der naive Satz auf so mancher Rechnung »Wenn Sie zufrieden waren, dann erzählen Sie es bitte weiter. Wenn Sie nicht zufrieden sind, dann sagen Sie es bitte mir«, bleibt oft ein frommer Wunsch. Denn viele Kund*innen resignieren einfach.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich so manche Anbieter persönlich angegriffen fühlen, wenn Kund*innen auf Umstände hinweisen, die ihnen nicht gefallen. Darum sollten Lieferanten, denen die Zusammenarbeit wichtig ist, regelmäßig von sich aus das Gespräch suchen. Also nicht nur dann, wenn es darum geht, diesen (wieder) etwas zu verkaufen, sondern auch mal zwischendurch, um zu prüfen, ob beide Seiten noch an einem Strang ziehen und noch ein gegenseitiges Interesse an einer Zusammenarbeit besteht.

 

Hintergrund: Wichtige Fragen

Um künftig weniger unzufriedene Kund*innen zu haben, sollten Anbieter die Erwartungshaltungen vor Vertragsabschluss klären und von sich aus offener mit Informationen umgehen. Folgende Fragen können helfen, entscheidende Motive des Kunden zu erfahren:

- Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Anbietern unserer Branche gemacht?
- Was haben Sie denn genau mit der angefragten Sache vor?
- Wie sind Sie zu der Erkenntnis gekommen, dass Sie Variante A brauchen und nicht Variante B?

 

Der Autor

Oliver_Schumacher_c_MM-PR.jpg

Oliver Schumacher, Verkaufstrainer seit 2009 und Netzwerk-Profi, setzt auf sympathische, fundierte Art neue Akzente im Bereich Wissenstransfer, Lernkultur und persönliche Positionierung. Unter dem Motto »Sei echt« zeigt er auf, wie jede*r zur Nr. 1 werden kann – ob Selbständige, Führungskräfte oder Mitarbeiter*in. Wachstumstreiber sind für ihn vor allem Neugier und Mut, Disziplin und (Selbst-)Vertrauen. www.oliver-schumacher.de 

 

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