Friday, November 07, 2025

Mehrwert für Manager

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Was unterscheidet erfolgreiche Gründer*innen von anderen? Welche Fehler passieren in der Frühphase am häufigsten, und wie lassen sie sich vermeiden? Und wie findet man auch die passenden Nachfolger – welche Kriterien sind dabei entscheidend?

Fotos: Milena Krobath, Video: Gerhard Popp

Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten fünf Jahren in Pension. Auch viele Unternehmer*innen stehen vor der Frage der geeigneten Nachfolge. „Funktioniert die rechtzeitige Übergabe nicht, droht eine Vernichtung an Werten und Arbeitsplätzen“, warnt Herausgeber Alfons Flatscher, Report Verlag. Neben den rechtlichen und finanziellen Regelungen spielt aber vor allem die Kultur, das Zwischenmenschliche, eine entscheidende Rolle. Es gilt, oft verschiedene Erwartungen und Werte abzustimmen und diese transparent zu kommunizieren – in der Gründungsphase von Unternehmen ebenso wie bei einer Übergabe. Das betrifft auch die Risikobereitschaft. Eine Übergabe sollte auch den Mitarbeitenden gegenüber richtig kommuniziert werden, um Vertrauen zu schaffen.

Die Enquete „Gründung und Nachfolge“ am 21. Oktober des Report Verlag, die gemeinsam mit der Österreichischen Notariatskammer veranstaltet wurde, bot einen praxisnahen Austausch und Informationen für Gründer*innen, Unternehmer*innen und Nachfolge- sowie Übergabe-Interessierte. Das Programm: informelle Workshops im Palais Eschenbach, eine Keynote von „Parallel Entrepreneur“ Peter Lieber und Podiumsrunden zur Diskussion neuer Perspektiven für den Start, die Übergabe oder die Weiterentwicklung von Unternehmen.

Die Diskutant*innen:

Michaela Sattler, öffentliche Notarin, Österreichische Notariatskammer

Andreas Kraus, Initiator von Austrias Young & Wild, Geschäftsführer Andreas Beratung GmbH

Markus Artner-Fuhrmann, Förderberater Austria Wirtschaftsservice

Peter Lieber, LieberLieber Software, SparxSystems Europe, lieberbio und kredenz.me

Ulrich Voit, öffentlicher Notar, Sprecher Österreichische Notariatskammer

Alexandra Reichel, Valetum

Albert Achammer, Vorstandsvorsitzender ATP architekten ingenieure

Christoph Achammer, Vorsitzender des Aufsichtsrats ATP architekten ingenieure

Angelika Thonauer, Geschäftsführerin Lighthouse Werbeagentur

Sebastian Hilscher, CEO overtec GmbH

 

Fotos (Link) der Veranstaltung (Milena Krobath)

Kurzvideo (Link) von Gerhard Popp

 

Michaela Sattler, öffentliche Notarin

„Im gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens gibt es ähnliche Möglichkeiten für Finanzierungen – in einer Gründungsphase ebenso wie nach vielen Jahren Bestand. Praktisch macht aber der Zeitpunkt, in dem der Geldbedarf besteht, einen erheblichen Unterschied. Eine Finanzierung zu bekommen ist meist gerade am Anfang schwierig, wenn es außer der Geschäftsidee noch keine Sicherheiten gibt. Aber auch die Unternehmensnachfolge kostet Geld – beispielsweise innerhalb einer Eigentümerfamilie, wenn ein Ausgleich mit mehreren Kindern oder Erben hergestellt werden soll. Neben den klassischen Finanzierungsinstrumenten wie etwa Bankdarlehen gibt es auch Modelle, wo sich der Investor direkt am Unternehmen beteiligt. Ein Business Angel kann neben Kapital etwa auch Know-how oder ein Business-Netzwerk zur Verfügung stellen.

Bei der Besicherung von Finanzierungen gibt es keine einfache Formel, die man auf alle Unternehmen anwenden kann. Jedes Geschäftsmodell, jede Persönlichkeit bringt andere Voraussetzungen mit. Natürlich kennen wir die klassischen Instrumente, wie Hypotheken, Garantien, Kreditversicherungen, Bürgschaften. Aber das Entscheidende ist, für wen die Absicherung gedacht ist: für den Gläubiger, den Schuldner oder vielleicht für die Hinterbliebenen.

Unternehmer*innen sollten sich bewusst machen, dass mehr Sicherheit oft weniger Beweglichkeit bedeutet. Wer alles absichert, verliert unter Umständen an Flexibilität. Auf der anderen Seite kann zu viel Risiko gefährlich sein, wenn es keine Rückfalloption gibt. Es ist also immer ein Balanceakt zwischen unternehmerischer Freiheit und finanzieller Stabilität. In meiner Praxis sehe ich oft, dass Unternehmer*innen erst dann über Geldbedarf und mögliche Sicherheiten nachdenken, wenn ein Problem auftritt. Dabei ist bei Finanzierungen gerade die vorausschauende Planung entscheidend, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben. Auch die Kommunikation mit der Bank spielt eine große Rolle. Manchmal ist es leichter, mit einer kleineren, regionalen Bank zu arbeiten, die das Geschäftsmodell versteht, als mit einem Großinstitut. Wir Notar*innen können mit der entsprechenden Vertragsgestaltung viel beitragen – indem wir für klare Regelungen sorgen, faire Bedingungen schaffen und alle Seiten rechtlich absichern.“


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Andreas Kraus, Initiator von Austrias Young & Wild, Geschäftsführer Andreas Beratung GmbH

"Wenn wir über Hürden bei Finanzierungen sprechen, dann ist für mich das größte Problem das Verhältnis zwischen Banken und Unternehmern. Ich habe oft das Gefühl, dass viele Banken vergessen, dass es sich dabei um ein Geschäft für beide Seiten handelt. Ein Unternehmer, der einen Kredit beantragt, ist kein Bittsteller, sondern ein Partner. Leider spüre ich davon in der Praxis zu wenig. Ich habe selbst erlebt, dass man auch bei geförderten Krediten trotz langjähriger Gewinne und stabiler Prozesse persönlich haften muss. Das ist kein System, das Unternehmertum fördert. Ich würde mir wünschen, dass Kreditentscheidungen stärker auf das Geschäftsmodell und die Menschen dahinter abgestimmt werden und nicht nur auf Kennzahlen. Denn am Ende sind es immer Menschen, die Erfolg oder Misserfolg gestalten.

Es heißt, die Grundlage für eine erfolgreiche Unternehmensübernahme ist entweder Geld oder Charme. Ich habe aktuell drei Gespräche für die Nachfolgesuche von Unternehmern, die in die Pension gehen wollen. Da kann es mitunter besser sein, die Ablöse nicht sofort und auf einmal fließen zu lassen, sondern ein Ausscheiden mittelfristig festzulegen. Zum Beispiel ist eine Bezahlkomponente über einen längeren Zeitraum steuerschonender, vielleicht auch verknüpft mit einer Anstellung neben der Pension. Mit einer guten Vision und Systemen wie Earn-out ist dann eine Übernahme mit weniger Eigenkapital zu schaffen.“

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Markus Artner-Fuhrmann, Förderberater Austria Wirtschaftsservice

„Wenn Unternehmer*innen und Unternehmer neue Projekte oder Wachstumsinitiativen planen, sollten sie so früh wie möglich den Kontakt zu Förderstellen suchen. Wir beim AWS sehen uns als Partner, nicht als Prüfer. Unsere Aufgabe ist es, Ideen zu ermöglichen – aber auch realistisch einzuschätzen. Anders als die Risikobetrachtung bei Banken gestattet uns der Fördergeber, nicht nur in die Vergangenheit von Unternehmen zu blicken, sondern auch stark eine in die Zukunft gerichtete Perspektive einzubeziehen. Bei klassischen Geschäftsmodellen etwa im Gewerbe oder im Handel unterstützt das AWS mit Bürgschaften und zinsgünstigen Krediten. Im Technologiebereich der MINT-Fächer oder auch bei Gründungen mit einem hohen sozialen Mehrwert gibt es auch die Möglichkeit von nichtrückzahlbaren Zuschüssen, um eine Entwicklungsphase zu überbrücken, bis es zu einem marktfähigen Produkt kommt – das dann wieder für reguläre Finanzierungen infrage kommt. Essenziell für eine Finanzierungsentscheidung aber ist immer das Prüfen und Abwägen der Chancen und Risiken am Markt.

Wenn ein Unternehmen Potenzial zeigt und das Team überzeugt, finden wir oft Wege, eine Finanzierung zu ermöglichen. Und gerade im Bereich der Nachfolge sehen wir einen großen Handlungsbedarf. Jede erfolgreiche Übergabe ist ein Stück Standortpolitik. Sie erhält Wissen, Arbeitsplätze und Familienwerte. Ich kann nur sagen: Wer sich rechtzeitig informiert, erhöht seine Chancen dramatisch. Es lohnt sich, den ersten Schritt zu machen.“


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Peter Lieber, LieberLieber Software, SparxSystems Europe, lieberbio und kredenz.me

„Ohne die Unterstützung des Austria Wirtschaftsservice und der Außenwirtschaftsorganisation hätte ich den Schritt in die USA niemals gewagt. Ich erinnere mich gut, wie wir damals mit unseren Plänen zwischen Los Angeles, Chicago, Montreal und schließlich Houston pendelten. Ohne diese Förderinstrumente hätten wir heute keine Projekte für das Jet Propulsion Laboratory der NASA, für die NATO, für Energieversorger und Betreiber von kritischen Infrastrukturen. Österreich macht in dieser Hinsicht wirklich einen guten Job – die Außenwirtschaftsstellen sind für mich eine der hilfreichsten Institutionen überhaupt. Ich rate jedem, der ins Ausland expandieren will, sich an die Wirtschaftskammer zu wenden und dort Unterstützung zu holen. Diese Beratung hat uns Türen geöffnet, die wir alleine nie gefunden hätten. Aber auch auf der Finanzierungsseite habe ich viel gelernt. Unsere erste Finanzierung lief noch über die Hausbank, heute weiß ich: Man darf nie nur auf eine Bank setzen. Ein Managementwechsel kann alles verändern, und plötzlich hat man keine Ansprechpartner mehr. Diversität in der Bankenlandschaft ist genauso wichtig wie im Unternehmen selbst. Manche Großbanken verhalten sich, wenig partnerschaftlich – umso wichtiger ist es, Alternativen zu haben.

Ich bin Unternehmer, seit ich 17 bin, und mehrfacher Gründer, aber auch dreimal gescheitert. Und das gehört einfach dazu. Wer nie hinfällt, lernt auch nicht aufzustehen. Mein Ziel ist nicht, Firmen aufzubauen, um sie zu verkaufen, sondern Unternehmen zu schaffen, die eigenständig leben können. Meine Unternehmen sollen auch ohne mich laufen können – so wie Kinder, die man erzieht, um selbstständig zu werden. Aber ich habe gelernt, dass Partnerschaften oft schwieriger sind als Märkte. Zwei Freunde gründen gemeinsam, teilen alles 50:50, und scheitern, wenn das Leben dazwischenfunkt. Eine Unternehmensgründung ist nicht nur ein Moment, es ist ein Lebenszyklus.“


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Ulrich Voit, öffentlicher Notar, Sprecher Österreichische Notariatskammer

„Das zentrale Anliegen unserer Arbeit als Notarinnen und Notare ist, die Menschen wirklich zu verstehen. Wir müssen nicht nur rechtlich beraten, sondern auch zwischen den Zeilen lesen können. Ob Gründung, Verlassenschaft oder Unternehmensnachfolge – wir sind in allen Fällen darauf angewiesen, zu wissen, was die Beteiligten wirklich wollen. Unsere Aufgabe ist es, die Emotionen und die Werte dahinter zu erkennen, nicht nur die Fakten. Gerade bei Nachfolgen geht es nicht bloß um Verträge und Steuern, sondern um Beziehungen, um Vertrauen, um Loslassen. Es ist ein Irrtum zu glauben, das könne man nur über Formulare regeln. Wir begleiten viele Familienunternehmen über Jahrzehnte hinweg und sehen, wie wichtig das rechtzeitig gewählte Gespräch ist.

Die Digitalisierung hilft uns dabei, schneller zu werden – vieles ist heute mit ID Austria und Online-Beglaubigung möglich, egal ob man in Wien, New York oder Singapur sitzt. Aber das ersetzt nicht das Zuhören. Eine gelungene Nachfolge lebt davon, dass Werte und Visionen geteilt werden. Ich sage oft: Der Idealfall ist, wenn man als Eltern weiß, dass die Kinder manches besser können. Das ist Loslassen auf die richtige Art. Wer früh beginnt, seine Kinder in Verantwortung zu führen und ihnen Freiraum lässt, hat später weniger Konflikte. Man kann das nicht erzwingen, man kann es nur vorbereiten. Wir Notare verstehen uns als Vermittler zwischen Generationen – nicht nur als Juristen. Und wenn wir es schaffen, das Vertrauen zu wahren und dabei Modernität zuzulassen, dann haben wir unseren Auftrag erfüllt.“


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Alexandra Reichel, Valetum

„Ein Unternehmensübergang funktioniert nur dann, wenn Übergeber und Übernehmer dieselben Grundwerte teilen. Das ist der entscheidende Punkt. Natürlich spielt Geld eine Rolle, aber die Kultur und das Menschenbild sind viel wichtiger. Ich habe viele Fälle erlebt, in denen es nicht funktioniert hat, weil beide Seiten völlig unterschiedliche Vorstellungen über Führung, Risiko oder die richtige Kommunikation dazu hatten. In Familienbetrieben ist das besonders sensibel. Hier geht es um Vertrauen, Loyalität und Tradition. Wenn diese Basis fehlt, kann der schönste Vertrag nichts retten. Deswegen muss man rechtzeitig anfangen, über Erwartungen innerhalb der Familie, mit Mitarbeitenden und anderen Beteiligten zu sprechen. Eine Nachfolge ist kein rein rechtlicher Vorgang, sondern ein sozialer Prozess.

Ich rate jedem, sobald der Deal für die Nachfolge fixiert ist, gemeinsam eine klare Kommunikation zu führen, besonders gegenüber der Belegschaft. Die Mitarbeiter müssen wissen, dass das Unternehmen weiterlebt, dass Stabilität da ist. Das schafft Vertrauen und verhindert, dass gute Leute abspringen. Genauso wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen, um die eigene Rolle zu definieren. Wer übergibt, muss loslassen können, wer übernimmt, muss Verantwortung wirklich annehmen wollen. Ich persönlich halte es auch für sinnvoll, dass potenzielle Nachfolger vorher außerhalb des Familienunternehmens Erfahrungen sammeln. Das schafft Distanz, Reife und Glaubwürdigkeit. Und nicht zuletzt sollte man die Familie als Ganzes mitnehme. Es gilt, Erwartungen klären und finanzielle Fragen offenlegen. Nur wer Transparenz schafft, vermeidet Konflikte. Nachfolge ist eine Frage der Haltung, nicht nur finanzieller Themen.“


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Christoph Achammer, Vorsitzender des Aufsichtsrats ATP architekten ingenieure

„Ich habe meine berufliche Laufbahn weit weg von Österreich begonnen, im Nahen Osten und in den USA. Eigentlich wollte ich gar nicht zurückkommen. Dann kam eines Tages der Anruf meines Vaters: ‚Wir wollen in Wien ein Büro eröffnen, hättest du Lust einzusteigen?‘ Ich antwortete: ‚Ich komme, wenn du gehst.‘ Und er sagte: ‚Ich gehe, wenn du kommst.‘ So begann unsere Zusammenarbeit, die alles verändert hat. Die Übergabe war kein Masterplan, sondern ein Prozess, der organisch gewachsen ist. Mein Sohn hat denselben Weg eingeschlagen – er hat zuerst Erfahrung außerhalb gesammelt, dann in einem unserer Standorte in Deutschland ein eigenes Büro aufgebaut. Ich halte das für essenziell: Jeder muss sich seinen Platz selbst erarbeiten. Die Nachfolge darf kein Privileg sein, sondern eine Bewährungsprobe. Ich sehe das als Labor, in dem man lernt, Verantwortung zu tragen, Vertrauen aufzubauen und die Kultur des Unternehmens weiterzuentwickeln.

Bei ATP haben wir in den letzten Jahrzehnten gelernt, dass eine Nachfolge nicht einfach ein Austausch an der Spitze ist. Es geht darum, die Struktur mitzudenken. Ein Unternehmen mit über 1500 Mitarbeitern kann man nicht führen wie einen Handwerksbetrieb. Deshalb haben wir die Organisation breiter aufgestellt, Entscheidungsprozesse dezentralisiert und die Führungsverantwortung geteilt. Das war wichtig, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Nachfolge heißt nicht, das Alte zu kopieren, sondern den Mut zu haben, Neues zu gestalten. Man muss Veränderung zulassen, auch wenn das bedeutet, vertraute Wege zu verlassen. Wer das nicht tut, bleibt stehen.“


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Albert Achammer, Vorstandsvorsitzender ATP architekten ingenieure

„Die Zeit in Hamburg war für mich das wichtigste Kapitel meiner beruflichen Entwicklung. Ich hatte dort die Chance, mein eigenes Büro aufzubauen, völlig autark zu arbeiten und neue Ideen zu testen. Diese fünf Jahre waren ein Experimentierfeld, in dem ich lernen konnte, was funktioniert und was nicht. Natürlich war die Erwartungshaltung groß. Viele Mitarbeiter dachten, jetzt kommt der nächste starke Mann, der alles so weiterführt wie mein Vater. Aber das war nie mein Ziel. Ich wollte das Unternehmen nicht reproduzieren, sondern neu denken. ATP hat sich in Größe und Komplexität verändert, und das verlangt andere Strukturen. Wir haben den Vorstand erweitert, Hierarchien flacher gestaltet und eine Kultur geschaffen, die auf Teamarbeit basiert. Ich wollte ein Unternehmen, das unabhängig von einzelnen Personen funktioniert. Diese Veränderung war notwendig und sie war nicht immer einfach. Die Distanz zwischen Innsbruck und Hamburg hat geholfen, weil sie uns gezwungen hat, eigenständig zu agieren. Wir haben uns schrittweise angenähert, Vertrauen aufgebaut und auch Verantwortung geteilt.

Die ersten Jahre war ich sehr auf Wachstum und Projekte fokussiert. Heute weiß ich: Nachhaltige Entwicklung braucht Kommunikation und Bewusstsein. Nachfolge ist kein Moment, sondern ein Prozess. Sie ist ein stetiges Austarieren von Nähe und Distanz, Verantwortung und Vertrauen. Am Ende zählt, dass man das Unternehmen in eine Zukunft führt, die zur eigenen Generation passt.“


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Angelika Thonauer, Geschäftsführerin Lighthouse Werbeagentur

„Ich habe 1988 gemeinsam mit meinem Vater ein Unternehmen für Kabelbearbeitungsmaschinen gegründet. Es war ein klassischer Familienbetrieb, der mit Leidenschaft gewachsen ist. Wir haben in fünf Länder expandiert, in Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Rumänien und darüber hinaus. Später habe ich parallel meine Werbeagentur aufgebaut, auch weil ich das Gefühl hatte, der Betrieb braucht frische Impulse von außen. Als ich an der Seite meines Vaters, der damals 80 Jahre alt war, noch einmal eingestiegen bin, stand das Unternehmen vor einer entscheidenden Phase. Wir haben dann die Digitalisierung mit einer sechssprachigen Website forciert, mit einem digitaler Produktkatalog, Social-Media- und Online-Kampagnen. Innerhalb von eineinhalb Jahren haben wir den Umsatz um 70 Prozent gesteigert – und plötzlich klopfte ein internationaler Konzern an, der kaufen wollte. Nach einem Jahr Verhandlung und wurde schließlich verkauft, aber nur unter einer Bedingung: dass unsere Vision weiterlebt. Ich bin zwei Jahre im Aufsichtsrat geblieben, um diese Integration zu begleiten. Mein Ziel war, die Unternehmenskultur zu bewahren und den Mitarbeiter*innen eine Zukunft zu sichern. Denn bei einer Übergabe geht es nie nur um den Preis, sondern um Menschen, um Verantwortung und Kommunikation. Man muss alle Zielgruppen abholen: Familie, Mitarbeitende, Kunden und Käufer. Marketing spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie Vertrauen schafft und Stabilität zeigt. Ohne Kommunikation gibt es keine erfolgreiche Übergabe. Ich bin stolz, dass die Vision, mit der wir begonnen haben, weiterlebt. Das ist der schönste Lohn für jahrzehntelange Arbeit – wenn man sieht, dass der Geist des Unternehmens bleibt.“


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Sebastian Hilscher, CEO overtec GmbH

„Ich bin nicht geplant in die Firma meines Vaters eingestiegen, sondern durch ein Ereignis, das alles verändert hat: seinen Schlaganfall. Plötzlich war ich gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Eigentlich wollte ich ins Marketing, aber auf einmal stand ich in der Baubranche und musste Entscheidungen treffen. Mein Vater war der klassische Unternehmer: Er machte alles selbst, von der Akquise bis zur Produktion. Ich wollte etwas anderes: ein Unternehmen, das unabhängig von Einzelpersonen funktioniert. Mein Ziel war, ein Uhrwerk zu schaffen, das läuft, auch wenn ich einmal nicht da bin. Der Übergang war emotional, aber wir haben viel miteinander gesprochen. Am Ende haben wir alles niedergeschrieben – Verträge, Vereinbarungen und unsere Erwartungen. Genau das war entscheidend, um Missverständnisse gerade auch mit meinen Geschwistern zu vermeiden. Mein Vater hat mir große Freiheit gelassen und das war ein Geschenk. Nur so konnte ich das Unternehmen nach meinen Vorstellungen weiterentwickeln. Heute produzieren wir Baukomponenten, die international Handgriffe und Arbeitszeit sparen – ein echter Beitrag gegen den Fachkräftemangel. Wir exportieren nach Deutschland und in die Schweiz, haben automatisiert, digitalisiert und Prozesse optimiert. All das wäre ohne diesen Bruch nie passiert.

Eine Nachfolge muss nicht perfekt sein, aber sie muss ehrlich sein. Man muss reden, zuhören und loslassen können. Mein Vater hat das geschafft und ich hoffe, dass ich eines Tages dieselbe Größe habe. Denn am Ende geht es nicht darum, ein Unternehmen zu besitzen, sondern es auch nachhaltig weitergeben zu können.“

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