Monday, October 13, 2025

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Seit 1. Jänner 2025 gilt in der Europäischen Union ein neues Regelwerk für Banken: Basel IV. Kredite könnten besonders für wirtschaftlich starke Unternehmen teurer werden. Muss das wirklich sein?

Bild: iStock

Sie gelten als das Rückgrat der österreichischen Industrie: Mittelständische Betriebe, oft im Familieneigentum, mit solider Eigenkapitaldecke, guter Profitabilität und Umsatzgrößen zwischen 300 und 3.000 Millionen Euro. Benötigen sie Fremdkapital, wenden sie sich an ihre Banken. Diese honorieren gute wirtschaftliche Performance mit günstigen Konditionen. Änderungen in der Bankenregulierung könnten jedoch besonders für diesen Unternehmenstyp die Kreditkosten verteuern.

Hintergrund ist die Finalisierung der Baseler Bankenreformen (Basel IV), die Finanzinstitute robuster machen soll. Kapitalpuffer der Banken spielen eine große Rolle, um Finanzmarkt-Schocks zu überstehen. Die letzte Aktualisierung dieser Regeln ist seit Jahresbeginn in der EU in Kraft. Bislang wurde den Banken in der Bewertung ihrer eigenen Kreditrisiken viel Spielraum gelassen. Zwar gab das Gesetz im „Standardansatz“ vor, wie viel Eigenkapital bei welchen Kreditengagements zu hinterlegen ist, Banken konnten von diesen Werten aber abweichen, wenn sie eigene Risikobewertungsmodelle einsetzen (Internal Rating Based Approach, IRB-A). Die meisten Banken, die in der österreichischen Unternehmensfinanzierung aktiv sind, bedienen sich eigener Modelle. Darin beurteilen sie selbst, wie riskant ein Kredit für sie ist. Geringe Risken bedeuten weniger Eigenkapital, weniger Kosten für die Bank, und potenziell günstigere Zinsen.

Der Regulator limitiert mit Basel IV nun das Ausmaß, in dem Finanzinstitute diese Risiken „kleinrechnen“ können: Der sogenannte „Output Floor“ schreibt vor, dass Banken auch bei Nutzung interner Methoden mindestens 72,5 Prozent der Kapitalanforderungen gemäß Standardansatz einhalten – dieser Wert wird bis 2032 schrittweise erreicht. Unternehmenskredite könnten dadurch verteuert werden.

Ohne Rating drohen höhere Finanzierungskosten
Betroffen sind Firmen ohne externes Rating. Im Standardansatz erhalten sie pauschal ein Risikogewicht von 100 Prozent – unabhängig von ihrer tatsächlichen Bonität. Ein Risikogewicht beschreibt, wie viel Eigenkapital eine Bank für einen Kredit hinterlegen muss: Je höher, desto größer die Belastung für die Bank, und desto höher potenziell die Finanzierungskosten für das Unternehmen.

Wie wirkt sich das auf Unternehmen aus? Ein externes Rating bewertet die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Unternehmens. Wer eine solche Einstufung vorweisen kann, wird regulatorisch bessergestellt. So sinkt beispielsweise das Risikogewicht für bonitätsbewertete Unternehmen der Stufe BBB+ bis BBB- (S&P) im Standardansatz von 100 auf 75 Prozent. Über den „Output Floor“ ist das auch für Banken mit eigenen Modellen relevant. Unternehmen, die auf externe Ratings verzichten, obwohl sie wirtschaftlich stark sind, finanzieren künftig also teurer.

Der Gesetzgeber bezweckt damit, mehr Unternehmen zu externen Ratings zu motivieren. Das soll ein Baustein zur Intensivierung des europäischen Kapitalmarkts sein, so die Argumentation.

Das klingt grundsätzlich nachvollziehbar – erst mit externem Rating können Unternehmen beispielsweise Anleihen optimal als Finanzierungsquelle nützen. Praktisch funktioniert das besonders für das mittelständische Segment jedoch schlecht. Die relevanten Rating-Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch messen der Unternehmensgröße eine wichtige Rolle bei.

Aus Risikosicht ist das nachvollziehbar. Große Konzerne gehen seltener pleite als Kleinunternehmen. Wer zweistellige Milliardenumsätze macht, erwirtschaftet diese in diversifizierten Produkten und Märkten und hat damit ein robusteres Geschäftsmodell als ein Nischen-Player. Die von den Agenturen verlangten Größenordnungen kann jedoch ein typischer heimischer Mittelständler kaum erreichen. Dieser Unternehmenstyp hat hier einen strukturellen Nachteil und wird sich schwerer tun, bei den führenden Agenturen externe Bonitätsbewertungen im Investment Grade zu erzielen – die nicht zu vernachlässigenden Gebühren von Ratings sind hier noch gar nicht berücksichtigt.

Robuste Banken sind viel wert
Sollte man Basel IV lieber zurückdrehen, und – wie zum Beispiel derzeit der US-amerikanische Regulator – abwarten? Stabile Banken sind ein hohes wirtschaftliches Gut. Dass es im Zuge der Kursverwerfungen an den Börsen rund um die US-Zollpolitik keine unmittelbaren Probleme bei Finanzinstituten gab, ist wichtig. Eine taumelnde Bank ist das letzte, was die europäische Wirtschaft braucht. Allerdings wirken die Finanzinstitute hier prozyklisch: Steigen die Risiken, werden die Kreditauflagen strenger und der Risikoappetit geringer. Das spüren viele Unternehmen bereits jetzt unmittelbar, was wiederum Investitionsvorhaben bremsen kann und die Konjunktur negativ beeinflusst.

Dennoch könnte man einen Weg finden, der robusten mittelständischen Unternehmen die Kredite nicht verteuert. Bereits heute können Unternehmen die nationalen Zentralbanken um Risikoeinstufungen bitten. Würde man diese Bewertungen als externe Ratings qualifizieren, wäre das eine pragmatische und kostengünstige Alternative zur derzeitigen Regelung.

In der Präambel zur Kapitaladäquanzverordnung zeigt der Regulator diesen Weg als mögliche Alternative zu Ratingagenturen bereits auf. Hier könnte man schneller Fakten schaffen und höhere Finanzierungkosten für bonitätsstarke mittelständische Unternehmen vermeiden.


Über die Autorin

Eva_Maltschnig_SLGcUwe_Nölke_kl.jpg

Eva Maltschnig ist Managerin im Corporate Finance Team von SLG (Schwabe, Ley & Greiner). Sie berät Unternehmen und öffentliche Einrichtungen zu Vertragsanalyse, Treasury-Prozessen und Finanzmanagement. Ihr Studium der Sozioökonomie absolvierte sie an der WU Wien. (Foto: Uwe Nölke)

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