Dienstag, März 19, 2024

Methusalem aus Omaha

Warren Buffet ist 90, sein Vize Charlie Munger 97. Beide leiten den Industriegiganten Berkshire Hathaway seit mehr als fünf Jahrzehnten und beweisen: Erfolg hält jung.

Im diesjährigen Brief Warren Buffets an die Aktionäre seiner Holding Berkshire Hathaway wird die Investment-Legende ein wenig sentimental und erzählt davon, wie er Anfang der Achtzigerjahre den Nebraska Furniture Mart von den Gründern gekauft hatte, aber darauf bestand, dass die Familie Blumkin weiterhin das Geschäft leitete. Auf ihr Know-how wollte er nicht verzichten.
In Jahrzehnten denken 
Rose Blumkin war 1915 als russische Immigrantin nach Nebraska gekommen, hielt sich mit diversen Jobs über Wasser, bis sie 1936 rund 2.500 US-Dollar erspart hatte und damit ein Möbelgeschäft gründete. Es legte mitten in der Depression und dann während des Zweiten Weltkrieges einen zähen Start hin. Nach zehn Jahren im Geschäft betrug das Barvermögen gerade einmal 50 US-Dollar, der Firmenwert lag bei 72.264 US-Dollar. In dem Jahr kehrte der Sohn, der bei der Landung in der Normandie gekämpft hatte, aus dem Krieg zurück und stieg mit ins Geschäft ein – und Mutter und Sohn schafften ein kleines Handelswunder. Die drei größten Möbeleinkaufszentren der USA gehen auf sie zurück. Rose Blumkin war bis zu ihrem 103. Lebensjahr täglich im Geschäft, ehe sie »unverständlich früh in Pension ging«, schreibt Buffet in seinem Aktionärsbrief und fügt hinzu: »Aus meiner und Charlies Sicht.«

Berkshire Hathaway denkt in Jahrzehnten und hat mit den hektischen Deals an der Wall Street nichts zu tun. Das ganze System Buffets baut auf Langfristigkeit auf. »Warren wollte immer Entscheidungen, die langfristig Erfolg maximieren«, schreibt sein Vize Charlie Munger. »Dazu braucht er Manager, die lange genug dabei sind, um die Konsequenzen ihres Tuns noch zu erleben… Vergleichen Sie das mit den typischen Großkonzernen mit ihrer massiven Bürokratie, deren Chefs im Alter von 59 bestellt werden und dann gezwungen werden, mit einem festgelegten Alter in Pension zu gehen.« Nicht so im Reich Warren Buffets. Wenig Fluktuation und Chefs, die ewig an der Spitze ihrer dezentral geführten Einheiten bleiben. Für Langfristigkeit verzichtet Buffet sogar auf Dividendenzahlungen: Der Stromkonzern BHE ist seit 21 Jahren in seinem Besitz und hat noch nie für eine Gewinnausschüttung gesorgt. »Die Stromnetze unseres Landes müssen massiv umgebaut werden und die Kosten dafür sind atemberaubend. Die Gewinne von BHE werden über Jahrzehnte hinaus reinvestiert werden müssen«, schreibt Buffet im Aktionärsbrief. »Wir nehmen diese Herausforderung an und glauben, dass diese zusätzlichen Investitionen sich schlussendlich lohnen werden.«

In ein paar Jahrzehnten kommen dann die Ausschüttungen, so wie bei der Eisenbahngesellschaft BNSF, die Buffet 2010 gekauft hat: »Die Geschichte der amerikanischen Eisenbahnen ist faszinierend. Nach rund 150 Jahren frentetischen Bauens, Schiebereien, Pleiten, Reorganisationen und Fusionen, ist die Industrie endlich vor ein paar Jahrzehnten reif geworden«, erklärt Buffet – und wer einen entsprechend langen Atem hat, genießt die Früchte des langen Aufbaus. Seit 2010 hat die Bahngesellschaft BNSF 41,8 Milliarden US-Dollar Dividende an Berkshire-Hathaway ausbezahlt.

Warren Buffet hat wegen seiner erstaunlichen Fähigkeit, Entwicklungen vorherzusehen, den Spitznamen Orakel von Omaha bekommen. Jetzt ist er der Methusalem aus Omaha – für die nächsten 879 Jahre
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