Ende Juni hat die österreichische Bundesregierung die nationale Carbon-Management-Strategie als einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität in Österreich bis 2040 verabschiedet. Ende August wurde zudem der nationale Energie- und Klimaplan präsentiert, der den Einsatz der dauerhaften CO2-Speicherung in Sektoren vorsieht, in denen klimaschädliche Treibhausgasemissionen nicht anders vermieden werden können.
Für die österreichische Zement- und Betonbranche sind diese Schritte wichtige Meilensteine zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich. Immerhin ist die Zementproduktion für rund drei Prozent der heimischen CO2-Emissionen verantwortlich. Daher bleibt der Weg zur Klimaneutralität für die österreichischen Zementwerke seit Jahren Top-Priorität. Im Mai 2022 veröffentlichte die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie die Roadmap zur CO2-Neutralität bis 2050. Sei es die Reduktion des Klinkeranteils in Zement, die Entwicklung und Einführung neuer Zumahlstoffe, der Übergang zur erneuerbaren Energie bei der Versorgung unserer Werke oder die volle Ausschöpfung der Carbonatisierung von Betonbauwerken und Betonbruch – wir setzen alle Hebel in Bewegung, um den CO2-Ausstoß bei der Zementproduktion zu reduzieren. Alle diese Maßnahmen tragen bereits jetzt zu einer signifikanten Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei, denn Österreich bleibt nach wie vor Weltmeister, wenn es um den geringsten CO2-Fußabdruck je produzierter Tonne Zement geht.
Tempo ist gefragt
Um aber auch den letzten, entscheidenden Schritt in Richtung Klimaneutralität der Zementindustrie zu gehen, müssen jedoch die Voraussetzungen für die CO2-Abscheidung, -Verwertung und -Speicherung der unvermeidbaren, prozessbedingten CO2-Emissionern der Klinkerherstellung in Österreich zeitnah geschaffen werden. Wir sprechen von Pipelines von unseren Standorten zu den großen CO2-Speichern im Norden Europas. Diese gibt es aber heute nicht – und so rasch wird es auch nicht geben. Für die energieintensiven Branchen drängt aber die Zeit, da diese ab 2034 keine kostenlosen CO2-Zertifikate mehr bekommen. 700 Mio. Euro pro Jahr an Zusatzkosten würde die Wettbewerbsfähigkeit der Branche empfindlich treffen. Der heute noch verbotenen CO2-Speicherung kommt somit eine zentrale Rolle in der Umsetzung der Carbon-Management-Strategie zu. Auf diese Umsetzung ist gerade der Wirtschaftsstandort Österreich als ein EU-Binnenland besonders angewiesen.
Die heimische Zement- und Betonbranche ist einer der wichtigsten Partner der Bauwirtschaft, unser Baustoff wird zur Gänze regional produziert und ist von internationalen Lieferketten und Lieferengpässen unabhängig. Dazu spielt er eine tragende Rolle beim Ausbau einer nachhaltigen Bahn- und Verkehrsinfrastruktur sowie der Energie- und Wasserversorgung. Die Baustoffe Zement und Beton bleiben für den Wirtschaftsstandort Österreich daher unverzichtbar.
Gleichzeitig ist sich kaum eine andere Branche ihrer Aufgabe betreffend CO2-Reduktion so bewusst. Gewaltige Investitionen, die unsere Branche in die Senkung der CO2-Emissionen tätigt, müssen nun seitens der Politik entsprechend begleitet werden. Rasch ins Tun kommen, lautet hier die Devise, damit die Anstrengungen der Zementindustrie auf dem Weg in die Klimaneutralität entsprechend unterstützt werden. Dazu gehört es neben der CO2-Abscheidung, -Verwertung und -Speicherung vor allem ein kräftiger Ausbau der erneuerbaren Energiequellen. Beschleunigte Verfahren für den Bau der erneuerbaren Energieanlagen sind überfällig. Die Reduktion von Treibhausgasen wird allein in der Zementindustrie zu einer Verdreifachung des Strombedarfs führen.
Zement und Beton als Teil der Lösung
Der Binnenstandort darf für Österreich bei der grünen Transformation seiner Industrie nicht zum Nachteil werden. Wir von der Zement- und Betonbranche haben bisher gezeigt, dass wir unsere Aufgaben in puncto CO2-Reduktion und Klimaneutralität ernst nehmen. Egal, ob es um das platzsparende Bauen mit dem Baustoff Beton, die innovative Technik der thermischen Bauteilaktivierung, die das umweltschonende Heizen und Kühlen von Gebäuden geradezu revolutioniert hat, oder die vollständige Recyclingfähigkeit unseres Baustoffs geht: Wir bleiben ein verlässlicher Partner der Politik und Bauwirtschaft und sorgen mit unseren innovativen Lösungen dafür, das Bauen in der Zukunft nachhaltiger zu gestalten. Dies muss bei der grünen Transformation unserer Industrie entsprechend anerkannt werden.
Der Autor: Sebastian Spaun ist Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie und stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich. Bildquelle: Stefan Selig