Mittwoch, Juli 03, 2024

Die Arbeitsweisen auf der Baustelle haben sich geändert, ebenso Materialien und Maschinen. IT dominiert die Baustelle – von der Zeiterfassung via Handy über Maschinensoftware bis zur Ausstattung der Arbeiter mit Tablets und Smar tphones.

Von Karin Legat

Im Bauwesen arbeiten von Projekt zu Projekt oft wechselnde Planer, Zulieferer und Projektpartner zusammen. Damit entstehen komplexe Kommunikationsanforderungen. Früher hatten Bleistift und Papier das Sagen. Heute hat ein Rollenwechsel stattgefunden: IT ist die tragende Säule. Unter Polieren beträgt der Anteil der IT-Nutzer bereits über 60 Prozent - symptomatisch für modernes Baustellenmanagement. »Das Entscheidende am Bau ist die durchgängige Informationskette von der Planung bis zur Fertigstellung. Die Aufgaben Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung – AVA – bilden einen wesentlichen Bereich«, informiert Helmut Floegl, Leiter des Zentrums für Facility Management und Sicherheit an der Donau-Universität Krems. Die Entwicklung geht in Richtung digitales Gebäudemodell, damit alle Informationen in strukturierter Form vorliegen, Softwarelösungen dafür gibt es viele, ein Anbieter ist Bau-SU. »Wir bieten Software für den Verwaltungsbereich an. Unsere Kunden sind Trockenbauer, Baumeister, Dachdecker und Metallbauer«, berichtet Geschäftsführerin Roswitha Brandstetter. Aufbauend auf ERP-Software schöpfen die Kunden aus einem Bausteinkasten mit 50 Modulen.

IT am Bau

Baustellencontainer und Büro stehen IT-mäßig am gleichen Level. »Das geht heute gar nicht mehr anders«, zeigt Gregor Kremsmüller, Mitgeschäftsführer des Industrieanlagenbauers Kremsmüller, auf. Roswitha Brandstetter, die vor allem im Segment KMU arbeitet, sieht das etwas anders. »Nur vier unserer Kunden haben die Baustelle mit Tablets ausgestattet. Das sind absolute Vorreiter.« Oft werde den Mitarbeitern auf der Baustelle IT nicht zugetraut. Das Vorurteil: Der 50-jährige Polier hat zeit seines Lebens mit Zettel und Kugelschreiber gearbeitet, er ist für ein Tablet nicht bereit. »Bau-KMU kennen zwar die Vorteile von IT am Bau, aber es fehlt vielfach die Bereitschaft zur Umsetzung.« Eine Möglichkeit, KMU für IT am Bau zu gewinnen, bilden die BauAkademien. Brandstetter: »Diese werden von den KMU gut angenommen und sind auch geografisch gut erreichbar.« In der Großindustrie dagegen ist IT am Bau längst angekommen. Waagner-Biro setzt z.B. eine webbasierte Kollaborationsplattform ein, über die gemeinsam an Projekten gearbeitet wird. »Unsere Mitarbeiter sind flächendeckend mit Smartphones ausgestattet. Auf den Baustellen wird eine Baustellen-IT eingerichtet, die aus einer Firewall- und Security Appliance, einem Baustellenstorage, WLAN und Multifunktionsgerät besteht«, berichtet IT-Leiter Gerald Kloimstein. Daten werden laufend zwischen dem Storage im Headquarter und auf der Baustelle synchronisiert. Durch die Einführung eines Lieferantenportals soll die Zusammenarbeit mit den Lieferanten in Zukunft noch effizienter und enger gestaltet werden.

Einfach besser

Die Vorteile der IT-mäßigen Erfassung auf der Baustelle sind kein Geheimnis. Gregor Kremsmüller spricht v.a. die Effizienz in der Abwicklung an. »Es wäre heute undenkbar, wenn ein Mitarbeiter auf der Baustelle per Mail nicht erreichbar ist. Gehen wir einen Schritt weiter: Er muss Zugriff auf das Firmennetz haben, denn der Techniker im Büro arbeitet in einen Projektordner hinein. Der Techniker auf der Baustelle benötigt die Aktualisierungen – ohne professionelle IT herrscht Chaos.« Gerhard Schaupp, IT-Leiter bei Habau, unterstreicht die Zeitersparnis, die eine professionelle Infrastruktur bringt. »Die geprüften Informationen sind griffbereit, wenn sie gebraucht werden. Das bedeutet einen stressmindernden Faktor. Die Ablagenstruktur ist klar, die richtigen Leute sind informiert, IT mindert Fehler und wirkt optimierend auf die Kosten.« Gerald Kloimstein spricht den schnellen Zugriff auf synchronisierte Daten an. »Die Baustelle kann in die laufenden logistischen und kostenrechnerischen Prozesse im Headquarter eingebunden werden.« Bei allen Vorteilen weist Gerhard Schaupp allerdings darauf hin, dass die Abläufe nicht zu kompliziert werden dürfen. »Die Vorteile müssen in Relation zum Aufwand stehen.« Bedenken hinsichtlich Schulungsaufwand rückt Gregor Kremsmüller beiseite. »Wir haben vor kurzem unsere IT-Jahresbesprechung gehabt. Massiver Schulungsaufwand war kein Thema.« Vielmehr ist Mobility ein Thema. Die Mitarbeiter wollen mehr Tablets.«

IT-Boom

»IT am Bau wird bei uns etwa seit der Jahrtausendwende forciert«, berichtet Gregor Kremsmüller. »Damals gab es einen Technologiesprung, der neue technologisch anspruchsvollere Leistungen für Kunden brachte, z.B. in der Mess- und Regeltechnik sowie im Mobilfunkbau.« Durch diese Leistungen hat die gesamte IT einen Sprung erlebt. Für Gerhard Schaupp hängt der IT-Einsatz sehr stark vom Bauvorhaben ab. IT sei z.B. ideal für Vermessungsarbeiten. Nach Eingabe der Koordinaten tragen die Geländeregulierungsmaschinen automatisch Material ab bzw. hinterfüllen. »Das spart Zeit und reduziert Fehler.« Eine weitere Technologie auf der Baustelle ist die GPS-Ortung von Geräten. Das hängt laut Brandstetter mit der Material- und Gerätewirtschaft zusammen. Habau arbeitet intern mit einem Informationssystem, über das alle Baustellen und alle notwendigen Daten erfasst sind. Der Baustellenleiter kann damit auf einen Blick das Organisatorische abwickeln, vom Vertrag über die Rechnungslegung bis zum Controlling. »Alle Abteilungen werden in diese Informationsplattform einbezogen«, berichtet Schaupp und betont, dass ohne mobile Kommunikation am Bau heute nichts mehr funktionieren würde. Die IT-Lösungen werden dabei von der Stange bezogen oder firmenspezifisch erstellt.

Bauzukunft

Kremsmüller stimmt die verwendeten Anwendungen, z.B. für die technische Planung, stets projektspezifisch auf den Kunden ab. »Da gehören dann auch Fragen dazu, welche Art von Internetleitung es braucht, ob Daten synchronisiert werden und ob es Projektordner gibt, auf die auch der Kunde Zugriff haben muss.« Für Gerhard Schaupp bietet die Cloud eine Lösung. »Der Trend geht in diese Richtung, v.a. wenn externe Partner beteiligt sind. Auf der Projektplattform arbeiten alle Beteiligten zusammen und können orts- und zeitunabhängig darauf zugreifen.« Auch Porr setzt auf die papierlose Baustelle, »wobei es in erster Linie um Bestellformulare, Lieferscheine und Rechnungen geht. Erst in einem weiteren Schritt wird es möglich sein, auch Polierpläne durch Tablets zu ersetzen«, betont IT-Leiter Harald Kriesche. Um dem Trend zur Cloud, zu Mobility und zu standardisierten Softwarepaketen folgen zu können, müssten zunächst die Datenstrukturen und Geschäftsprozesse etabliert werden, bevor man mit den mobilen Geräten möglichst einfach von der Baustelle und von den unterschiedlichsten Projektpartnern unternehmensübergreifend zusammenarbeiten kann. Hier warnt Helmut Floegl vor einer eventuell nicht beherrschbaren Datenflut und falschen Erwartungen. »Bei IT am Bau glauben viele, sie funktioniert wie ein Smartphone. Ein Knopf wird gedrückt und alles läuft. So ist es aber nicht. Smartphones sind ein Massenprodukt, jedes Gebäude ist jedoch ein Prototyp, dessen IT nie Serienreife erreichen kann.« Daher sein Prinzip: »KISS – Keep It Small and Simple.«

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