Menu
A+ A A-

Branchencheck 2021: Wie es jetzt weitergeht

Branchencheck 2021: Wie es jetzt weitergeht

»Prognosen sind immer schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.« Das soll schon Mark Twain gesagt haben, oder Winston Churchill. So genau weiß man das nicht. Was man aber weiß: selten war die Aussage zutreffender als heute. Die Coronakrise erschwert Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung enorm. Gemeinsam mit Branchenradar.com wagt der Bau & Immobilien Report aber auch heuer einen Blick in die Zukunft. Wir haben neun Branchen und Warengruppen unter die Lupe genommen, die Umsatzentwicklung der letzten Jahre analysiert und uns angesehen, was 2021 und 2022 bringen könnte.

Das Setting: Neben den Umsatzzahlen 2017 bis 2022 finden Sie zu jeder Branche und Produktgruppe Einschätzungen zur zukünftigen Marktentwicklung von Marktforscher Andreas Kreutzer und in den meisten Fällen von zusätzlich einem anerkannten Branchenexperten. Am Ende finden Sie ein Ranking, welche Branche von heute aus betrachtet die beste Umsatzentwicklung in den nächsten beiden Jahren erwartet und wie die die Umsätze 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 aussehen.  

Akustikdecken

Andreas Kreutzer, Geschäftsführer Branchenradar.com

»Die zwischenzeitliche Schließung einiger Großbaustellen, insbesondere von Projekten des Nicht-Wohnbaus, traf im Jahr 2020 den Markt für Akustikdecken hart. Die Herstellererlöse sanken um nahezu fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 30 Millionen Euro. Die Kontraktion traf primär den Neubau, jedoch alle Produktgruppen. Im Vergleich zum Vorjahr reduzierte sich etwa der Umsatz mit Gips-/Faserplatten um zwei und mit Metalldecken um sieben Prozent. Doch bereits der Ausblick auf das heurige Jahr ist wieder erfreulich. Für 2021 erwartet Branchenradar.com Marktanalyse ein Umsatzwachstum von rund vier Prozent. Im kommenden Jahr setzt sich die Wachstumsdynamik vermutlich ungebremst fort.«

Michael Allesch, Direktor Marketing & Vertrieb Isover und Rigips

»Wir sehen den Bedarf bei Raumakustik stetig steigen. Die Gründe dafür sind die moderne Architektur, die in Richtung raumhoher Glasflächen und minimalistischer Innenraumgestaltung geht, der große Trend der Mehrfachnutzung von privaten Wohnräumen, Stichwort Homeoffice, der uns sicherlich auch in Post-Corona-Zeiten erhalten bleiben wird. Wesentliche Treiber sind auch die höheren Anforderungen an die Raumakustik in Hotels, Gastronomie, Bildungseinrichtungen etc. Wir begegnen diesen Trends mit unserem breiten Akustik-Sortiment wie z. B. mit der innovativen Rigiton Speed-Fase, die eine Zeitersparnis von 20 Prozent bringt.«


Wandspachtelmassen

Andreas Kreutzer

»Der Markt für Wandspachtelmassen wuchs 2020 robust. Laut aktuellem BRANCHENRADAR Wandspachtelmassen in Österreich 2021 erhöhten sich die Herstellererlöse um 3,2 Prozent gegenüber Vorjahr auf insgesamt 32,7 Millionen Euro. Das Wachstum war allerdings zur Gänze preisgetrieben. Die Nachfrage stagnierte mit 39,5 Millionen Tonnen auf Vorjahresniveau. Der Ausblick für die kommenden Jahre ist durchwachsen. Für 2021 wird nur ein schwaches Umsatzwachstum von rund einem Prozent gegenüber Vorjahr erwartet; im Wesentlichen, weil der Wohnbau keine Wachstumsbeiträge liefert. Erst 2022 zieht der Markt wieder kräftig an. Die Zuwächse kommen primär aus dem Nicht-Wohnbau.«

Andreas Wolf, Geschäftsführer der Mapei Austria GmbH

»Wir gehen davon aus, dass sich die Umsätze in der Baubranche, vor allem im Bereich der Wandspachtelmassen, konstant entwickeln und somit weitere essenzielle Ausgaben in den Bereichen Forschung und Entwicklung ermöglichen. Aufgrund von Corona schaffen sich viele Privatpersonen ein größeres Eigenheim oder bauen die eigenen vier Wände um. In dieser Sparte sind alle Arten von Spachtelmassen gefragt und werden daher zukünftig weiter forciert. Die Arbeiten auf Großbaustellen konnten bisher trotz Corona-Pandemie ohne größere Einschränkungen fortgeführt werden, daher gehen wir auch in diesem Sektor von einer konstanten Nachfrage für 2021/22 aus.«


Photovoltaik

Cornelia Daniel, Geschäftsführerin Dachgold und Initiative »Tausendundein Dach«

»Ich bin optimistisch, dass sich mit der aws-Investitionsprämie der Markt heuer locker verdoppeln kann. Unternehmen können diese noch bis Ende Februar beantragen. Die Attraktivität von PV-Projekten für Investoren wird im weiteren Jahresverlauf mit dem dringend erwarteten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes bestimmt werden. Mit einem raschen Beschluss des Gesetzes wäre sogar eine Verdreifachung des Gesamtmarktes möglich. Prinzipiell stehen weltweit die Prognosen für das Wachstum im PV-Markt und damit bei Paneelen sehr gut. Photovoltaik produziert Strom für 5 bis 6 Cent pro kWh in Österreich. Unter diesem Wert verkaufen lediglich abgeschriebene Kraftwerke. Sobald diese aus dem Markt fallen, müssen sämtliche Erzeuger zu den Vollkosten ihrer Produktion verkaufen. Das wird unweigerlich eine Steigerung des Strompreises auf 7 Cent bringen. Mit jedem Cent Steigerung des Strompreises explodierte der PV-Markt weiter. Ein Anstieg war bereits vor dem Ausbruch von Corona zu sehen. Dieser wird definitiv wieder kommen, sobald die Krise überstanden ist.«

Andreas Kreutzer

»In Österreich scheint die Energiewende zumindest in der Gebäudetechnik auf Schiene. Denn auch 2020 wuchs etwa der Markt für Photovoltaik-Paneele robust. Trotz anhaltend sinkender Preise erhöhten sich die Herstellererlöse um dreizehn Prozent geg. VJ auf 121 Millionen Euro. Die Wachstumsbeiträge kamen vor allem von Installationen auf Gewerbebauten (insbesondere auf landwirtschaftlichen Gebäuden) und von PV-Kraftwerken. Gleichzeitig schrumpfte allerdings der Marktanteil der heimischen Anbieter. Asiatische Importe halten mittlerweile gut rund 70 Prozent des Marktes. Auch in den kommenden Jahren ist mit keiner Trendwende zu rechnen, zumal die öffentliche Hand gewaltige Fördersummen in den Markt pumpt. Im kommenden Jahr könnte das Marktvolumen auf über 170 Millionen Euro klettern.


Aufzüge

Andreas Kreutzer

»Der Markt für Aufzüge entwickelte sich in Österreich im Jahr 2020 seitwärts. Bei nahezu stabilen Preisen stagnierten die Herstellererlöse bei rund 120 Millionen Euro. Dabei stand ein Zuwachs im Wohnbau einem gleichgroßen Rückgang im Nicht-Wohnbau gegenüber, der im Wesentlichen aus den coronabedingten Bauverzögerungen resultierte. Der Stillstand ist jedoch voraussichtlich nur von kurzer Dauer. Bereits im heurigen Jahr erwartet Branchenradar.com Marktanalyse wieder eine deutliche Marktbelebung, die sich im kommenden Jahr ungebremst fortsetzt.«

Christoph Sengstschmid, General Manager Otis Austria

»Die Pandemie hat unsere Branche weiterhin fest im Griff, wenngleich wir im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren unsere Projekte und Tätigkeiten verhältnismäßig gut weiterführen können. Darüber hinaus ist die gesamte Aufzugsbranche im digitalen Wandel. Durch die Einbindung von Internet of Things-Komponenten und der Integration des Konzepts der prädiktiven Wartung im Servicegeschäft, wo Otis seit Jahren eine Vorreiterrolle einnimmt, hat sich hier viel getan. Wir haben in den vergangenen Jahren stark in unsere Produkte und die digitale Infrastruktur investiert und rechnen aus diesem Grund für 2021 und darüber hinaus mit einer positiven Entwicklung.«


Estriche

Andreas Kreutzer

»Im Jahr 2020 kam das Wachstum am österreichischen Markt für Estriche ins Stocken. Grund dafür waren nicht zuletzt Bauverzögerungen im Nicht-Wohnbau. Infolge sanken die Herstellererlöse moderat um 0,6 Prozent geg. VJ auf 80,4 Millionen Euro. Vom Rückgang betroffen waren allerdings ausschließlich ortsgemischte Estriche. Der Umsatz mit werksgemischten Estrichmassen und Trockenestrichen stieg auch letztes Jahr konstant um rund zwei Prozent gegenüber Vorjahr. Obgleich die Pandemie wohl erst Ende des Jahres in den Griff zu bekommen ist, erwartet Branchenradar.com Marktanalyse doch bereits 2021 den Turnaround mit einem Umsatzplus von rund drei Prozent gegenüber Vorjahr.«


Terassenbeläge

Andreas Kreutzer

»Bei Terrassenbelägen kam es im Jahr 2020 zu einer Verschiebung der Tektonik des Marktes. Zwar stagnierte der Gesamtmarkt bei rund 25 Millionen Euro, die Kundensegmente entwickelten sich jedoch signfikant diametral. Substanzielle Zuwächse im Konsumentengeschäft standen ebenso gewaltigen Rückgängen bei gewerblichen Kunden gegenüber. Nach der Neuvermessung der Anbietermarktanteile blieb kein Stein auf dem anderen. Infolge von Vorziehinvestitionen im Konsumentengeschäft und einer anhaltend herausfordernden Lage im Gastgewerbe rechnet Branchenradar.com Marktanalyse im heurigen Jahr mit einem moderat sinkenden Markt und stellt einen Aufschwung erst 2022 in Aussicht.«

Christian Loidl, Geschäftsführer Serafin Campestrini

»Der Holz im Gartenbereich ist in den vergangen mittlerweile schon 10 Jahren sukzessive gewachsen. Der Trend hin zum Garten als das verlängerte Wohnzimmer ist im abgelaufenen »Corona Jahr 2020« noch zusätzlich verstärkt worden. Holz hat sich dabei als nachhaltiger sympathischer Werkstoff Nummer 1 im Terrassen- und Sichtschutzbereich weiter durchgesetzt. Durch Systemlösungen inkl. Unterkonstruktion und intelligenten Befestigungssystemen ist auch das Vertrauen der Konsumenten in Sachen Haltbarkeit von Holz im Außenbereich weiter gestiegen. Für 2021 und mittelfristig sehen wir keinen Abbruch in der Investitionsbereitschaft in Richtung Outdoor / Terrasse /Garten. Holz als intelligenter nachhaltiger Werkstoff wird dabei auch weiter sehr gut reüssieren.«


Transportbeton

Andreas Kreutzer

»Die durch Corona bedingten Verzögerungen auf einigen Großbaustellen brachen im vergangenen Jahr den Wachstumstrend der letzten Jahre. Bei leicht steigendem Durchschnittspreis sank der Herstellerumsatz mit Transportbeton (ohne temporäre stationäre Anlagen) um knapp zwei Prozent geg. VJ auf 715 Millionen Euro. Die Kontraktion zog sich weitgehend gleichförmig durch alle Festigkeitsklassen. Der Ausblick auf das laufende und kommende Jahr ist aber erfreulich. Für 2021 rechnet Branchenradar.com Marktanalyse mit einem Umsatzplus von rund drei und nächstes Jahr sogar mit etwa fünf Prozent.«

Gerald Gruber, Geschäftsführer Perlmooser Beton

»Für 2021 sehen wir am Transportbeton Markt in Bezug auf Mengen und Nachfrage eine ähnliche Entwicklung wie im Jahr davor. Trotz Covid-19 ist bis auf einen kurzfristigen Einbruch im März 2020 die Nachfrage auf einem hohen Niveau geblieben. Größere Infrastrukturprojekte (z.B. U-Bahn in Wien, Stadien- und Hochhausprojekte in Linz) unterstützen im heurigen Jahr diesen positiven Trend weiter. Die Entwicklung im privaten Sektor bleibt abzuwarten – hier wird sich die anhaltende Pandemie nach allgemeiner Einschätzung doch verstärkt auswirken und ein Rückgang der Nachfrage gilt als wahrscheinlich. Spannend werden die kommenden Jahre im Hinblick auf die Anforderungen zu CO2-reduziertem Bauen und wie die Politik hier Förderungen in Aussicht stellt. In jedem Fall aber werden neben den Qualitätsanforderungen auch vorerst die Kosten eine entscheidende Rolle für die entsprechende Marktreaktion/Akzeptanz spielen.«


Heizkessel

Andreas Kreutzer

»Der gesetzlich normierte Fahrplan zum Ausstieg aus Ölheizungen und das im Raum stehende Ablaufdatum für Gasgeräte befeuerten den Markt für Heizkessel (bis 35kW) im vergangenen Jahr signifikant. Laut aktuellem BRANCHENRADAR Heizkessel in Österreich 2021 erhöhten sich die Herstellererlöse um acht Prozent gegenüber Vorjahr auf rund 279 Millionen Euro. Entgegen den politischen Erwartungen zogen die Umsätze jedoch nicht nur bei Biomassekesseln an. Vielmehr investierten die Haushalte in die Modernisierung aller Heizkesseltypen, selbst in Ölheizkessel. Befeuert von substanziellen Förderungen zur Umsetzung der Energiewende ist auch weiterhin mit einem dynamischen Markt zu rechnen. 

Christian Hofer, Geschäftsführer von Hoval in Österreich:

»Wir schätzen den Ölheizungsmarkt in Österreich derzeit auf rund 3.200 Kessel und erwarten für die nächsten Jahre eine deutliche Reduktion um jeweils ein Drittel in Richtung Null – abhängig von der Geschwindigkeit in der Gesetzgebung. Für Neubauten gilt bereits seit 2019 ein Ölheizungsverbot, im Sanierungsmarkt sind Ölheizungen derzeit noch erlaubt. Den Gasheizungsmarkt schätzen wir aktuell auf 48.000 Stück. Wir rechnen für die nächsten Jahre mit einem moderaten Rückgang von etwa 5 % bis 10 %. Für die Entwicklung ist entscheidend, wie schnell Grünes Gas zur Verfügung stehen wird. Den Markt für feste Biomasse schätzen wir aktuell auf etwa 13.000 Kessel jährlich; hier sehen wir ein Wachstum von 5 % bis 10 %, wobei der Markt für Pellets- stärker als jener für Hackgut- und Scheitholzkessel wachsen wird«


Wärmepumpen

Andreas Kreutzer

»Am Weg zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors kam Österreich im vergangenen Jahr ein gutes Stück voran, stiegen doch im Jahr 2020 die Herstellerumsätze mit Wärmepumpen kräftig um rund acht Prozent geg. VJ auf insgesamt 177 Millionen Euro. Angeschoben wurde der Markt primär von Heizungswärmepumpen, die etwa 94 Prozent der Erlöse lieferten. Auch im laufenden und kommenden Jahr erwartet Branchenradar.com Marktanalyse ein robustes Umsatzwachstum mit jährlichen Zuwächsen um rund sieben Prozent geg. VJ.«

Karl Ochsner, geschäftsführender Gesellschafter OCHSNER Wärmepumpen GmbH

»Covid19 hat den Trend zu Investitionen ins Eigenheim verstärkt. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, wenn der Kampf gegen den Klimawandel wieder in den Vordergrund rückt. 2020 war erneut das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Energiewende benötigt die Wärmewende und diese ist nur mit der Wärmepumpe machbar. Ochsner erwartet in den nächsten Jahren jeweils ein zweistelliges Umsatzwachstum. Auch Großwärmepumpen spielen mit Temperaturen bis 130 °C eine wichtige Rolle in der umweltfreundlichen Beheizung und Kühlung von großvolumigen Gebäuden und in der Prozessindustrie. Zusätzlichen Rückenwind geben uns Förderprogramme.«


Nimmt man die erwartete Umsatzentwicklung der nächsten beiden Jahre her, haben vor allen die Hersteller von Photovoltaik-Paneelen, Heizkesseln und Wärmepumpen Grind zur Freude. Mit Umsatzrückgängen muss aber keine Produktgruppe rechnen. 

Auch verglichen mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 werden 2022 alle Produktgruppen einen höheren Umsatz erreichen, wenn auch in den meisten Fällen nur im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. 

back to top