Sonnenwinde können die Versorgungssicherheit massiv beeinträchtigen. Vor allem wenn aus dem Sonnenwind ein Sonnensturm wird. Damit die sichere Stromversorgung auch in einer derartigen Ausnahmesituation garantiert werden kann, ist es für Übertragungsnetzbetreiber wie die Austrian Power Grid (APG) wichtig, den Einfluss dieser Sonnenwinde auf die Stromnetze zu kennen.
Dennis Albert und Philipp Schachinger, beide Doktoranden am Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz, haben diese Auswirkungen im Rahmen ihrer Dissertationen genauer unter die Lupe genommen und eine Software entwickelt, mit der eine Prognose möglich wird. „Jeder Stromnetzbetreiber kann mit dieser Software analysieren, welche Auswirkungen ein starker Sonnenwind oder ein Sonnensturm auf sein Netz hätte. Die Arbeit unserer Doktoranden trägt also direkt zum Schutz unseres sensiblen Stromnetzes bei“, erklärt Herwig Renner, stellvertretender Leiter des Instituts für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz.
Jetzt wurde die Software nicht nur den Partnern des Projekts, Austrian Power Grid (APG) und Siemens Energy Austria, sondern auch allen anderen Übertragungsnetzbetreibern als Open Source Lösung nach einer dreijährigen Entwicklungszeit zur Verfügung gestellt. Christoph Schuh, Unternehmenssprecher der APG: „Die Software hilft uns die sichere Stromversorgung zu gewährleisten: denn nur, wenn wir die Auswirkungen von Sonnenwinden kennen, können wir das sensible Netz durch entsprechende Maßnahmen schützen. Auch wenn ein Sonnensturm zum Glück sehr selten vorkommt, ist es wichtig sich damit auseinanderzusetzen. Wir sind jetzt dabei unsere vorhandene Netzinfrastruktur in der Software zu hinterlegen, um dann gezielte Berechnungen anstellen können. Wir sind überzeugt, dass die Software uns hilft, im Fall der Fälle rascher und besser zu reagieren.“
Energie der Sonne sprüht Teilchen ins Weltall
Grundsätzlich sendet die Sonne ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Diesen stetigen Teilchenstrom bezeichnet man als Sonnenwind. Seltener kommt es zu sogenannten Sonneneruptionen die dann als Sonnensturm auf der Erde wahrnehmbar sind. „Die Auswirkungen eines Sonnensturmes reichen von gestörten GPS- und Flugfunkverbindungen, starken Spannungsschwankungen im Stromnetz bis dahin, dass Trafos in Umspannwerken deutlich heißer werden können, als üblich, was im Extremfall sogar zu einem Trafobrand führen kann“, erklärt APG-Sprecher Schuh.
Die Sonnenaktivität bewegt sich wellenförmig. Aktuell nimmt sie wieder zu und nähert sich einem üblichen Maximum. Der Zyklus ändert sich in etwa alle zehn Jahre. Vom 28. August bis 4.September 1859 wurde der letzte sehr große Sonnensturm registriert. Er führte dazu, dass selbst in Rom, Havanna und auf Hawaii Polarlichter beobachtet werden konnten. In den höheren Breiten Nordeuropas und Nordamerikas wurden in Telegrafenleitungen so hohe Spannungen induziert, dass Papierstreifen in den Empfängern durch Funkenschlag in Brand gesetzt wurden. Die Funktion des kurz zuvor installierten weltweiten Telegrafennetzes war massiv beeinträchtigt. Auch in Mitteleuropa wurden solche Phänomene beobachtet, allerdings in schwächerer Form.
Durch die Zusammenarbeit zwischen APG und ZAMG können Sonnenstürme bis zu 24 Stunden abgeschätzt und mittels 30-Minutenprognose vorausgesagt werden. APG ist Mitglied des FFG geförderten Projektes SWAP, das unter der Leitung der ZAMG eine übergreifende Plattform erarbeitet. Weitere Projektpartner sind unter andere das Bundesministerium für Landesverteidigung und die TU Graz.
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