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SOB und Kelly im Vergleich
Eine Masterarbeit am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz hat die beiden gängigsten Bohrverfahren zur Herstellung von Bohrpfählen, das Kellybohrverfahren und das Endlosschneckenbohrverfahren (SOB), bezüglich wertschöpfender und nicht wertschöpfender Tätigkeiten sowie Verschwendung analysiert und miteinander verglichen. Teil 5 der Serie Aktuelle Forschungsarbeiten zu Lean Baumanagement.

Bild: Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts in Österreich wurden Ortbetonpfähle bei geringeren Bohrtiefen mittels Kellybohrverfahren hergestellt. Seit der Jahrtausendwende kommt auch verstärkt das Endlosschneckenbohrverfahren zum Einsatz.
Stabförmige Tragglieder werden seit Beginn der Urbanisierung zur Verbesserung der Tragfähigkeit des Untergrundes eingesetzt. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden unterschiedliche Pfahltragsysteme entwickelt. In Österreich kristallisierte sich aufgrund der anstehenden heterogenen Bodenbeschaffenheit heraus, dass es unter den vorhandenen Randbedingungen am wirtschaftlichsten ist, Großbohrpfähle in Ortbetonbauweise als Gründungssystem einzusetzen. Anfänglich wurden Ortbetonpfähle mittels Seilbagger und Seilgreifer und bei geringeren Bohrtiefen mittels Kellybohrverfahren hergestellt.
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Gerätetechnik der Drehbohrgeräte derart weiterentwickelt, dass einerseits die technische Leistungsfähigkeit verbessert und andererseits die Wirtschaftlichkeit gegenüber dem Seilgreiferverfahren wesentlich gesteigert werden konnte. Mit modernen Drehbohrgeräten können verrohrte Bohrungen mit einem Durchmesser von 400–2.000 mm und einer Bohrtiefe von über fünfzig Metern hergestellt werden. Aufgrund der zunehmenden technischen Leistungsfähigkeit der Bohrpfahlgeräte konnte das Endlosschneckenbohrverfahren (SOB), welches bei geringeren Bohrdurchmessern und Bohrtiefen bereits erfolgreich eingesetzt wurde, auch für die Bohrpfahlherstellung von Durchmessern bis 120 cm und Bohrtiefen von über dreißig Metern adaptiert werden. Damit konnte die Wirtschaftlichkeit der Herstellung eines Ortbetonpfahles wesentlich gesteigert werden.
Im innerstädtischen, dicht verbauten Stadtgebiet wird der Einsatz von leistungsstarken Drehbohrgeräten aufgrund beschränkter Zufahrtsmöglichkeiten zunehmend beeinträchtigt. Erfahrungsgemäß beträgt die reine Bohrtätigkeit nur vierzig bis sechzig Prozent der Gesamtherstellungsdauer für Bohrpfähle. Damit steht für eine allfällige Prozessoptimierung, welche weitgehend von der Gerätegröße unabhängig ist, noch beachtliche vierzig bis sechzig Prozent der Gesamtherstellungszeit zur Verfügung.
Die Forschungsfrage
Anhand ausgewählter Baustellen in Wien wurde die Gewichtung der baugrund- und gerätegrößenunabhängigen Prozessanteile bei den beiden gängigen Bohrverfahren in Großbohrtechnik untersucht. Mithilfe der Lean-Methode einer Multi-Moment-Aufnahme wurde der Status quo des Herstellungsprozesses von Großbohrpfählen mit den zwei in Österreich gängigsten Bohrverfahren bezüglich wertschöpfender, nicht wertschöpfender Tätigkeiten und Verschwendung analysiert und miteinander verglichen. Anschließend wurde das Potential bei beiden Bohrverfahren erhoben, wie Adaptierungen im Baubetrieb sich auf die Prozessanteile der einzelnen Tätigkeiten auswirken. Um einen nachhaltigen, kontinuierlichen Verbesserungsprozess bei der Bohrpfahlherstellung einleiten zu können, ist es wesentlich, statistisch belastbare Vergleichsdaten zu sammeln und zu dokumentieren.
Das Ergebnis
Anhand der analysierten Projekte wurde nachgewiesen, dass der Herstellprozess der mit dem Schneckenortbetonverfahren hergestellten Bohrpfähle wesentlich wertschöpfender als konventionell hergestellte Pfähle ist. Es zeigte sich weiters, dass bei beiden Bohrverfahren ein sehr großes Potenzial und eine große Chance zur Wertschöpfungssteigerung vorhanden und von der Gerätegröße unabhängig ist.
Gerade in der heutigen Zeit, wo das Thema nachhaltiges Bauen immer mehr in den Fokus rückt, kann durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess Verschwendung vermieden und die Wertschöpfung gesteigert werden. Damit kann ein wesentlicher Beitrag für die Nachhaltigkeit geleistet werden. Da bis dato bei der Bohrpfahlherstellung der Fokus am Leistungsgerät lag, wurden viele Nebenprozesse noch nicht im Detail analysiert. Anhand der ausgewählten Baustellen zeigte sich aber, dass auf der einen Seite Verbesserungspotenzial beim sogenannten Leistungsgerät besteht und auf der anderen Seite noch wesentlich größeres Entwicklungspotenzial bei den Hilfsgeräten und den notwendigen Nebentätigkeiten liegt. Aus diesem Grund ist es ganz wesentlich, dass einerseits Verschwendung sichtbar gemacht und andererseits messbar und somit vergleichbar wird.
Faktor Mensch
Der wesentliche Schlüssel zum Erfolg ist sicherlich der Mensch, der lernen muss, dass am Ende des Tages ein wertschöpfender Prozess nicht nur für den Kunden wichtig ist, sondern auch seine eigene Zukunft in dem Unternehmen sichert. Diese Denkweise und Einstellung zur Arbeit kann durch die Lean-Prinzipien gefördert und auch vermittelt werden.
Eine weitere interessante Erkenntnis bei allen Beteiligten war weiters, dass jahrzehntelang eingefahrene Handlungsmuster relativ einfach und ohne viel Widerstand der Betroffenen durch eine gewisse Vogelperspektive und einen geänderten Blickwinkel sichtbar und anschließend verändert werden konnten. Lean Management bietet dazu nicht nur sehr gute Werkzeuge und Methoden, um strukturiert Veränderungsprozesse einleiten und auch nachhaltig Spezialtiefbauprozesse kontinuierlich verbessern zu können, unabhängig vom Verfahren oder der Gerätegröße, sondern bietet auch die Möglichkeit eines Neuanfanges.
Im Sinne der Lean-Prinzipien muss der Kundenwert somit zu jedem Projektzeitpunkt gerade im Spezialtiefbau im Mittelpunkt stehen, da jedes Bauwerk ein solides Fundament benötigt und dieser Kundenwert auf jeden Fall erfüllt werden muss.
Tipp
Masterarbeit »Wertsteigerung und Potenziale bei der Herstellung von Bohrpfählen analysiert anhand von Lean-Methoden an ausgewählten Spezialtiefbau-Baustellen«, Markus Weiss, Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft TU Graz, betreut von Prof. Gottfried Mauerhofer.
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