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Gemeinsam besser ans Ziel
Wenn sich prominente Verfechter*innen für mehr Kooperation am Bau zusammenschließen und gemeinsam einen Verein gründen, hat das eine starke Signalwirkung für die Branche. Mit KOO.BAU soll eine neue Kultur der Zusammenarbeit etabliert werden. Der Bau & Immobilien Report hat acht der 15 Gründungsmitglieder an einem Tisch versammelt, um der Frage nachzugehen, wie dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden soll.

Bild: Acht Gründungsmitglieder von KOO.BAU im Gespräch mit Chefredakteur Bernd Affenzeller über den aktuellen Status quo und ihre Vision für eine bessere Bauzukunft.
Die Gesprächsrunde:
Karina Breitwieser: 42 Consulting, TU Wien
Eveline Gasser: CEO Eveline Gasser Holding AG
Christian Haidegger: Geschäftsführer vorsprung.bau GmbH
Wolfgang Kradischnig: CEO Delta Gruppe
Leonidas G. Schafferer: Geschäftsführer raum.schafferer KG
Thomas Sommerauer: Studiengangsleiter Bachelorstudium Bauingenieurwesen – Baumanagement FH Campus Wien
Stefan Ufertinger: Gründer und Geschäftsführer Site Communications
Wolfgang Wiesner: Bauwirtschaftsleiter bei Porr, Mediator, Sachverständiger
Herr Kradischnig, lassen Sie mich mit Ihnen beginnen. Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit den Themen Projektkultur und kooperative Projektabwicklung. Was war die Idee und der Grundgedanke hinter der Gründung der KOO.BAU?
Wolfgang Kradischnig: Kooperation ist notwendig, um die Bauwirtschaft zukunftsfit zu machen. Die Frage, die sich viele stellen, ist, wie diese Kooperation im Detail aussehen soll. Deshalb ist unsere Gruppe so wichtig, weil sie aus Expertinnen und Experten besteht, die aus verschiedensten Blickwinkeln auf Kooperation schauen.
Wir sind überzeugt, es braucht einen Systemwandel in der Branche. Wir wissen, dass Kooperation nichts Eindimensionales ist. Kooperation braucht eine ganzheitliche Sicht auf die Dinge, eine Berücksichtigung der Einzigartigkeit der Menschen. Wir sind überzeugt, dass wir als Gruppe eine deutlich größere Schlagkraft haben werden als als Einzelkämpfer.
Herr Haidegger, wie Wolfgang Kradischnig sagte, ist der Kooperationsgedanke nicht neu. Aber welche Rolle spielt er in der Praxis tatsächlich?
Christian Haidegger: Es gibt durchaus gut eingespielte Kooperationen und Partnerschaften zwischen Unternehmen in Projekten. Andererseits gibt es auf der Projektebene immer wieder neu zusammengewürfelte Teams. Es gibt viele Versuche, über Vertragsmodelle, Methoden und Techniken damit zu arbeiten, die aber nicht immer automatisch funktionieren. Genau an diesem Punkt setzen wir an: Neben den ganzen Methodiken und Modellen braucht es auch den Menschen. Menschen, die wirklich daran interessiert sind zu kooperieren und sich auf diese Kooperationen einlassen. Dann wird sichtbar, dass Kooperation kein Selbstzweck ist, sondern dazu dient, erstens als Branche profitabler zu werden und zweitens die Branche auch wieder attraktiver zu machen. Denn ich glaube, es ist einfach nicht lustig, in Konflikten zu arbeiten und gegeneinander zu kämpfen.
Herr Wiesner, wer ist beim Thema in die Pflicht zu nehmen? Ist es der Generalunternehmer oder doch der Auftraggeber?
Wolfgang Wiesner: Wir haben uns sehr genau angesehen, wie die Ziele am besten erreicht werden können, und dabei festgestellt, dass der Auftraggeber die Spielregeln am besten gestalten kann. Er setzt das Projekt auf und kann die Rahmenbedingungen maßgeblich beeinflussen.
Sind die Auftraggeber bereit, diese Verantwortung auch wahrzunehmen?
Wiesner: Es gibt durchaus Personen, die Interesse haben und bereit sind zuzuhören. Das ist auch unsere Zielgruppe. Diejenigen, die ganz zufrieden sind, wie es aktuell läuft, werden wir hoffentlich mit unseren Erfolgen überzeugen.
Bild: Acht Gründungsmitglieder von KOO.BAU (v. l. n. r.): Leonidas G. Schafferer, Thomas Sommerauer, Stefan Ufertinger, Eveline Gasser, Wolfgang Wiesner, Christian Haidegger, Karina Breitwieser und Wolfgang Kradischnig.
Derzeit sind es noch nicht allzu viele Projekte, die kooperativ abgewickelt werden. Das ist auch eine Frage der Unternehmenskultur. Herr Schafferer, kann man als Organisation, als Unternehmen oder auch als Person Kooperation lernen?
Leonidas G. Schafferer: Wir sind überzeugt, dass man das kann. Es ist unser Ziel, gemeinsam mit den unterschiedlichsten Stakeholdern diese gemeinsame Kultur zu entwickeln. Aktuell erlebe ich oft, dass die ganze Kultur eines Projekts an einer einzelnen Person hängt. Da ist es noch ein weiter Weg, bis alle Beteiligten wirklich an einem Strang ziehen. Dafür braucht es eine Haltungsänderung, denn aktuell ist das Gegenüber meist noch der Gegner. Wir wollen aber auch mehr Freude in das Projekt bringen, denn auch das verbessert die Erfolgsaussichten.
Herr Ufertinger, wie wichtig ist der persönliche Zugang, die innere Einstellung zum Thema Kooperation?
Stefan Ufertinger: Ich würde sagen, dass das die Essenz überhaupt ist. Wenn ich nicht mit anderen Menschen zusammenarbeiten möchte, wenn ich nicht in einen respektvollen Umgang eintreten möchte, wenn ich nicht vertrauensvoll mit anderen Menschen zusammenarbeiten will, dann wird Kooperation schwierig. Man kann versuchen, Kooperation über ein Vertragsmodell vorzuschreiben, aber da bin ich skeptisch. Aber wir sind alle in der Lage, uns zu verändern. Wenn es gelingt, aufzuzeigen, dass es Sinn macht, dass es einen Mehrwert liefert, dass wir gemeinsam in eine bessere Zukunft gehen können, dann glaube ich, sind die Menschen auch bereit, diesen Weg mit uns zu gehen.
Frau Gasser, wie wichtig und wie schwierig ist es, vor allem in der Baubranche, neue, unkonventionelle Wege zu gehen?
Eveline Gasser: Ich finde es extrem wichtig. Ich bin über 30 Jahre als Frau in dieser Branche tätig und merke das vielleicht noch extremer als ein Mann, der sich in dieser Männerdomäne bewegt. Es ist sehr wichtig, unkonventionelle Wege zu begehen und diese auch mutig zu beschreiten. Ich glaube, die Zeit ist jetzt wirklich reif, dass man mit einer Kopf-Herz-Verbindung auf Menschen zugeht. Es fehlt nicht der große Wurf, sondern die Verbindung zum Herzen.
Wenn es darum geht, geht es natürlich auch um den Nachwuchs. Welche Rolle spielt denn der Kooperationsgedanke in der Lehre und in der Forschung?
Thomas Sommerauer: Eine ganz große. Bei uns an der Fachhochschule wird das von den Studierenden auch eingefordert. Das ist heute anders als früher. Lehrinhalte werden nicht mehr einfach hingenommen, sondern hinterfragt. Die jungen Leute setzen sich sehr kritisch damit auseinander, was und wie wir bauen. Diese abgedroschenen Vokabeln wie »Nachhaltigkeit«, die in unserer Generation oft als Feigenblatt herumgeistern, sind bei den jungen Leuten wirklich in der DNA. Sie wollen im wahrsten Sinne des Wortes etwas Nachhaltiges schaffen.
Die zweite Frage, mit der sie zu uns kommen: »Wie können wir vernünftig zusammenarbeiten?« Das ist das, was von uns in der Lehre gefordert und verlangt wird. Das ist gut so aus meiner Sicht.
Frau Breitwieser, deckt sich das auch mit Ihrer Erfahrung an der TU Wien?
Karina Breitwieser: Absolut. Auch bei uns geht es um dieses Zusammenführen unterschiedlicher Ansätze, um eine Gesamtbetrachtung. Die Studierenden erkennen, dass nur die Zusammenführung aller Beteiligten zum Ziel führt. Die jungen Menschen wollen etwas Gutes und Vernünftiges tun und ich bin überzeugt, dass wir als Baubranche genau das bieten können.
Kooperation braucht einen Kulturwandel und Kulturwandel braucht einen langen Atem. Deshalb wollen wir nicht nur einfach irgendeine neue Methode anbieten, sondern eine Community, eine Bewegung gründen.
Diese Bewegung soll auf drei Säulen ruhen. Wie sehen diese Säulen aus?
Breitwieser: Die drei Säulen sind eine Wissensdatenbank, ein Marktplatz für Leistungen und – ganz zentral – der Austausch. Wir wollen intensiv in Gruppen arbeiten, Themen weiterentwickeln und aktive Forschung betreiben. Die Wissensdatenbank stellt sämtliche Informationen zu Literatur, Forschung und Projekten strukturiert zur Verfügung und am Marktplatz können Unternehmen ihre Dienstleistung rund um Kooperation anbieten.
Was sind die ersten konkreten Ziele, die der Verein erreichen soll?
Kradischnig: Der erste Schritt ist, sichtbar zu werden. Ich glaube schon, dass es etwas Besonderes ist, dass sich engagierte Personen, die bekannt sind, den Kooperationsgedanken zu leben, zu so einer Plattform zusammenschließen und eine Gesinnungsgemeinschaft bilden. Das ist ein klares Signal an die Branche: Kooperation und Partnerschaftlichkeit stehen auf der Agenda ganz oben.
Es gibt in der Baubranche zahlreiche Verbände und Zusammenschlüsse. Viele davon mit überschaubarer Lebensdauer und nur geringem Output. Wie soll sichergestellt werden, dass KOO.BAU kein ähnliches Schicksal erleidet?
Kradischnig: Wir alle, die wir hier sitzen, wissen, dass Kooperation einen langen Atem braucht. Es geht um Veränderungen, um innere Haltung und um Prozesse, die ständig optimiert werden müssen. Als Praktiker mit einem sehr bodenständigen Zugang sind wir der Garant, dass KOO.BAU kein Strohfeuer ist. Wir wissen, dass wir dicke Bretter bohren müssen. Aber die bohren wir seit Jahren an und jetzt machen wir es mit vereinten Kräften.
Wann soll es erste zählbare Erfolge geben?
Breitwieser: Thomas Sommerauer und ich arbeiten aktuell an einem Forschungsprojekt, bei dem es vor allem um das Projektmanagement geht. Wir erarbeiten die Grundlagen, um entsprechende Kurse anbieten zu können, um die nötigen Kompetenzen zu vermitteln. Denn Kooperation braucht Strukturen und Spielregeln und jemand, der sich darum kümmert.
Sommerauer: Unser Ziel ist es, Forschung mit forschungsbasierter Lehre zu verbinden. Wir haben einen klaren Plan, wie wir den Markt durchdringen und in die Breite kommen können. Und das gelingt über die Lehre. Denn dort liegt die Zukunft der Bauwirtschaft.
Wie groß ist die Gefahr, dass Kooperation zwar angekündigt und kommuniziert wird, dann aber nicht wirklich gelebt wird?
Schafferer: Wir wollen wirklich zum Kern des Themas vordringen und das identifizieren, was die Kooperation befördert. Wir wollen, dass die Menschen mit Freude an einem Projekt arbeiten, weil es sinnstiftend ist. Niemand streitet gern.
Haidegger: Es geht darum, dass der Mehrwert erkannt wird. Kooperation ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um die Branche produktiver und auch attraktiver zu machen. Kooperation hat einen Wert, den man auch in Euro messen kann, weil Abläufe effizienter und effektiver werden.
Was sind die konkreten Erwartungen an KOO.BAU?
Ufertinger: KOO.BAU soll mithelfen, dass die Branche von innen nach außen gesunden kann. Vom Einzelnen, vom Individuum zum großen Ganzen. Wenn jeder Einzelne seine Haltung verändert, dann spielt es auch keine Rolle, ob ein Projekt mit einem Allianzvertrag abgewickelt wird oder mit einem ÖNORM-Vertrag. Wenn die Haltung stimmt, muss man sich um die Kooperation keine Sorgen mehr machen. Als Einzelkämpfer steht man da auf verlorenem Posten. Deshalb war ich auch von Anfang an Feuer und Flamme für die Idee, KOO.BAU zu gründen.
Gasser: KOO.BAU hat sich für mich angefühlt, als würde ich nach Hause kommen. Vieles von dem, was wir hier besprechen, ist so basic, dass ich mich frage, warum wir darüber immer noch reden müssen. Aber solange es nicht normal ist, braucht es Initiativen wie die unsere.
Wiesner: Wir haben schon sehr viele gute Argumente für KOO.BAU gehört. Ich erwarte mir zusätzlich auch viel Input aus dieser heterogenen Runde für meine Tätigkeiten in anderen Initiativen. Damit können wir mit unseren Ideen auch unterschiedliche Stakeholder erreichen.
Schafferer: Es geht auch um die Persönlichkeitsentfaltung aller in der Baubranche Beteiligten. Ich habe das selbst erlebt, in Unternehmen, in denen ich mich gar nicht entfalten und entwickeln konnte, genauso wie in Unternehmen, in denen das sehr wohl der Fall war. Dann war ich mit viel mehr Freude bei der Arbeit, erfolgreicher und mit viel besseren Ergebnissen für das Unternehmen. Wir wollen Leute beflügeln, sich selber zu leben und ihre Individualität zu erkennen. Dass sie sich untereinander wertschätzen und gemeinsam Projekte abwickeln und sich so für die Herausforderungen der Zukunft wappnen.
KOO.BAU - der Verein
Der Verein KOO.BAU KOOperation & Kollaboration am Bau versteht sich als Community, die Expert*innen aus allen Bereichen der Bauwelt verbindet – mit einer Vision: mehr Miteinander in Bauprojekten, in Organisationen und über Projektgrenzen hinweg. KOO.BAU steht für eine neue Kultur der Zusammenarbeit in der Baubranche mit Fokus auf den Menschen, begleitet durch digitale Plattformen, praktische Werkzeuge und echte Begegnungen. Denn nur wenn Struktur, Technologie und Mensch zusammenwirken, entsteht echte Transformation. www.koo-bau.com
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