Im Blick nach vorne verstehen wir Bewegung als Bewältigung der geforderten Veränderungen. Wir werden durch die uns umgebenden Herausforderungen bewegt, sehen uns mit Unsicherheit konfrontiert und es gilt, schnell wechselnde Trends und Marktbewegungen zu antizipieren. Warum Bewegung auch Veränderung bedeutet, haben wir Franz-Peter Walder, seit rund 30 Jahren Juror und Mitbegründer des Staatspreis Unternehmensqualität, Unternehmensberater sowie Eigentümer und Geschäftsführer der CONENGA Group, gefragt.
„Veränderung ist ein Phänomen, dem Menschen widersprüchlich begegnen."
Wenn man mit Schauspielerinnen oder Theatermachern spricht, wird klar dargelegt: die Zuseher lieben Veränderung. Sie schätzen es, wenn die Heldin einer Geschichte mit dramatischen Veränderungen konfrontiert wird und man mitfiebern kann – das Spannende daran: man ist Beobachter der Veränderung.
Meist anders die Situation bei Veränderung, die man selbst umsetzen sollte. Menschen lieben das nicht. Das bringt sie aus ihrer Komfortzone und stört die Sehnsucht nach Stabilität und Planbarkeit. Interessant ist ebenso, dass wir die Veränderung als Prozess derzeit in vielen Bereichen exponentiell beschleunigen. Viele der aktuell bestehenden Herausforderungen sind nicht neu, das Tempo der Veränderung ist aber schneller geworden.
Auch nimmt die Widersprüchlichkeit in den Herausforderungen zu – wir sollten preiswert leisten und liefern, um Inflation zu senken, gleichzeitig Löhne und Gehälter deutlich steigern und unseren ökologischen Footprint reduzieren. Bei genauem Hinsehen lassen sich einige Punkte verbinden, andere werden im Widerspruch bleiben und dies bei global rauem Wettbewerb.
Ein Satz aus einem kürzlich gelesenen Beitrag passt hier sehr gut: „There are no solutions, just trade offs" – konkret: im Management der Widersprüche geht es vielfach um eine gute Variante des Abtauschs. Die Suche nach einer perfekten Lösung scheitert, es gilt, das für Menschen Mögliche zu finden.
Der Excellence-Ansatz forciert schon seit langem die die Fähigkeit einer Organisation, sich zu verändern, Transformation machbar zu bewältigen. Das EFQM Modell, auch Grundlage für den Staatspreis Unternehmensqualität, ist mittlerweile das global anerkannteste Modell das Organisationen bei Reflexion, Veränderung und Performance-Verbesserung nützt.
Das wertschätzende Menschenbild fordert die aktive Involvierung der Mitarbeitenden. Das Bewusstsein, dass es nicht um die perfekte Lösung geht, aber um Kreativität und Leidenschaft aller ist essenziell. In der Bewertung stellen Assessor*innen immer die Frage nach Flexibilität und Lernfähigkeit, nach Trends und Veränderungen und der Fähigkeit, Verbesserungen mutig und aktiv zu gestalten.
Der konsequent umgesetzte Excellence Zugang verbindet damit grundsätzlich die Beweglichkeit der Organisationen mit dem Anspruch, eine menschengerechte Organisation zu sein. Auch an dieser Stelle sei die Bewegung des Excellence-Ansatzes nochmals sichtbar gemacht. Von dem ursprünglichen Bewertungsrahmen für Awards, um die Wirtschaft zu stärken hin zum Rahmen für Entwicklung, Benchmarking, Lernen und Verbessern.
Fit für die Zukunft … wie geht sich das aus?
Wir Menschen nehmen Zukunft pragmatisch als Extrapolation der Gegenwart, verbunden mit der Vorstellung künftiger Gegenwarten wahr. Aktuell hören, lesen und sehen wir täglich, dass wir uns mit den letzten 100 Jahren Industrialisierung und Wohlstandsökonomie selbst unseren ökologischen Lebensraum massiv beschädigen, die Verantwortung für die Wertschöpfungskette nicht wahrnehmen und ohne radikale Veränderungen möglicherweise keine attraktive Zukunft haben werden. Fit für die Zukunft sein zu wollen, stellt sich wohl als immer weniger erfüllbarer Anspruch dar.
Kurzfristig können wir diese Problematik auf globaler MAKRO-Ebene nur bedingt spüren oder fühlen und sehen im globalen Wirtschaften sehr unterschiedliche Herangehensweisen zur Bewältigung dieses „one-planet-problems". Die berichtete Wirklichkeit reicht von dem konsequenten Arbeiten der EU und in der EU an der Taxonomie und der CSRD bis zu Presseberichten, dass der Gouverneur von Florida sowie Ex-Vizepräsident der USA Mike Pence und ein Dutzend weitere US-Bundesstaats-Gouverneure ESG verbieten wollen, da Vermögensverwalter in den USA sich darauf konzentrieren sollten, maximale Renditen zu erzielen, statt einer woken Ideologie nachzulaufen.
Vielschichtige Widersprüchlichkeiten charakterisieren die Grundlagen für Entscheidungen. Man hat das Gefühl, dass nur mehr wenig verlässlich ist und gelernte Spielregeln Geltung verlieren. Es stellt sich die Frage, ob wir in eine Zukunft vertrauen, ob wir uns selbst noch die erforderlichen Veränderungen zutrauen und ob wir daran glauben, dass wir zumindest auf MIKRO-Ebene noch gestalten können. Hier bin ich als naturwissenschaftlich-rational geprägter Mensch sehr nachdenklich. Mir ist bewusst, dass ich vieles nicht verstehe, viele Wechselwirkungen nicht kenne und zu vielen Phänomenen auch durch die Wissenschaft nur Annahmen getroffen werden.
Ich erachte es daher als grundsätzlich günstig, den Glauben an die Veränderungsfähigkeit, Kreativität und Gestaltungskraft der Menschen nie aufzugeben. Starke Führung motiviert und spätestens, wenn Krisen spürbar sind, erfolgt Bewegung. Die Energie der Krise gilt es auch zu schätzen. Gleichzeitig empfinde ich dieses Vertrauen in die Zukunft als „riskante Vorleistung", sehe aber wenig Alternativen für einen besseren Trade-off.
Die Zukunftsfähigkeit ist damit zuallererst eine mentale Herausforderung. Großartige Leistungen aus der Vergangenheit sagen nicht alles zur Zukunftsfähigkeit. Die Kernfragen in der Bewertung der Zukunftsfähigkeit exzellenter Unternehmen liegen wohl darin, welche mentale Stärke, wie viel Richtungsklarheit und welche Kompetenz die jeweilige Organisation verfügt.
Die Zukunft ist noch nicht geschrieben, Sie ist was wir daraus machen!
HIER geht es zu Teil 2 „Bewegung bedeutet Veränderung"
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