Wie organisiert man komplexe Unternehmensstrukturen mit verschiedenen Standorten, damit für die Kund*innen das Richtige rauskommt? Dabei hilft das Overall-Plant-Concept, kurz OPC. Nachdem im ersten Teil der Serie „Unternehmen strukturiert weiterentwickeln" (Link) die Rahmenbedingungen für ein OPC beschrieben wurden, schauen wir im zweiten Teil auf die einzelnen Inhalte und Schritte in Richtung Umsetzung am jeweiligen Standort.
Los geht es Schritt für Schritt. Die nachfolgenden Punkte sollten in Präsentationsform oder druckfähigem Format schriftlich zusammengefasst werden und bilden zusammen das OPC.
Schritt 1: Der Zeithorizont
Um einen Standort strukturiert entwickeln zu können, muss allen Beteiligten klar sein, um welchen Zeithorizont es geht. Dieser Zeithorizont sollte nicht zu kurzfristig aber auch nicht zu langfristig sein. Ist er zu langfristig, können sich viele Menschen nicht vorstellen, was in so langer Zeit passieren wird. Ist dieser dagegen zu kurz, besteht die Gefahr, dass sich nicht viel oder gar nichts verändert. Es braucht Gedanken außerhalb der Komfortzone, um auf neue, innovative Ideen zu kommen. In der Praxis haben sich Zeiträume von drei bis fünf Jahren als beste Lösung herauskristallisiert.
Schritt 2: Die Rolle des Standorts
Als nächstes wird festgehalten, wer die Kunden und Lieferanten des Standorts sind. Das können neben externen auch interne Kunden und Lieferanten sein. Allen Beteiligten muss klar sein, für wen Produkte und Dienstleistungen an dem jeweiligen Standort vorgesehen sind und was die Bedürfnisse dieser internen und externen Kunden sind.
Schritt 3: Produkt- und Dienstleistungsübersicht
Aus dem Verständnis von Schritt 2 erfolgt nun die Übersicht des für den Standort vorgesehenen Produkt- und Dienstleistungsspektrums. Es geht dabei um das jetzige und auch um das zukünftige Spektrum. Neben der Benennung des Produkts selbst sind auch quantitative Parameter wie Stückzahlentwicklung, Lieferzeiterwartungen sowie Durchlaufzeit zu benennen. Zur Aufzeichnung eigenen sich tabellarische Aufstellungen, die mit Piktogrammen der Produkte oder Dienstleistungen versehen werden.
Schritt 4: Monetäre Erwartungen
Jedes Unternehmen muss in Summe Profit erwirtschaften, um weiter innovativ zu sein. Aber nicht alle Produkte oder Dienstleistungen müssen in sich profitabel sein. Es gibt auch Produkte, die sogar defizitär sein können, wenn damit andere Produkte besser unterstützt werden. Denken Sie etwa an den Bereich Forschung und Entwicklung. In diesem Schritt 4 geht es daher um die Formulierung der Gewinnerwartungen auf Produkt- und Dienstleistungsebene und auch an den Standort als Ganzes.
Schritt 5: Erwartungen der Mitarbeitenden
Menschen sind einer der wertvollsten Schätze eines jeden Unternehmens. Sie halten den Laden nicht nur am Laufen, sondern treiben auch Verbesserungen voran. Aber nur Menschen, die einen angenehmen und gesunden Arbeitsplatz vorfinden, sind produktiv und kreativ. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel, bei dem es um den Kampf um die besten Talente geht, ist ein gutes Arbeitsumfeld mindestens so wichtig wie ein gutes Gehalt. Die Zeiten, als man Menschen für einen Job nur mit Gehalt und Dienstwagen locken konnte, sind vorbei. Daher muss in diesem Schritt auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden geschaut werden. Dabei geht es nicht nur um das Umfeld vor Ort sondern auch um Arbeitszeitmodelle, wie etwa Home Office-Regelungen oder Job-Sharing. Solche Erwartungen müssen später im Prozessdesign abgebildet werden.
Schritt 6: Ist-Zustand
Mit den Methoden der Visualisierung wird mit den betreffenden Personen gemeinsam ein Bild gezeichnet, wie die Landschaft des Standorts aktuell ist. Es geht darum zusammen eine völlig wertfreie Darstellung zu erlangen, welche essentiell ist, um später einen gemeinsamen, konsistenten Weg einzuschlagen. Methodisch ist hier alles erlaubt, was den betreffenden Personen gefällt: Wertstromanalyse, SwimLane, Layout, Prozesscharts und vieles mehr.
Schritt 7: Ziel-Zustand
Abgeleitet von den Erkenntnissen aller zuvor unternommenen Schritte geht es nun ans Eingemachte: Das Design des künftigen Zustands. Auch das erfolgt visuell mit allen verantwortlichen und beteiligten Personen mittels der in Schritt 6 gewählten Methoden. Die Darstellung des Ziel-Zustands bildet zusammen mit dem Ist-Zustand die Eckpfeiler für die konkrete Umsetzung des OPCs.
Schritt 8: Weitere Kernthemen für den Standort
Dieser Punkt ist eine Ergänzung zu Schritt 7 und hat strategische Ursachen. Es gibt Fälle, bei denen man bestimmte Ideen oder Technologien pilothaft für das ganze Unternehmen an einem Standort testen möchte. Gerade in Zeiten der Digitalisierung kommt es immer wieder zu neuen Ideen, die, bevor diese flächendeckend zum Einsatz kommen, im Kleinen getestet werden sollen. Diese strategischen Ideen werden hier beschrieben und dann in der Umsetzung am betreffenden Standort integriert.
Schritt 9: Implementierungsplan
Aus den Schritten 6 bis 8 wird ein Implementierungsplan entwickelt, der grob die Meilensteine für den in Punkt 1 festgelegten Zeitraum enthält. Dabei geht es nicht darum im Detail genau festzulegen, wer was wann macht, sondern welche Zwischenzielzustände wann erreicht werden sollen. Die genaue Ableitung von Maßnahmen wird innerhalb der in der Umsetzung festzulegenden Projektteams durchgeführt.
An dieser Stelle ist besonders wichtig zu verstehen, dass ein Zielzustand nicht mit einem Satz Kennzahlen verwechselt werden darf. Zielzustände sind beispielsweise neue oder veränderte Kompetenzen, Organisationseinheiten, Investitionen oder Prozesse, die am jeweils geplanten Zeitpunkt in einer gewissen Ausprägung vorhanden sein sollen. Diese Zustände müssen sehr wohl durch Messgrößen in Form von Kennzahlen ergänzt werden. Damit kann man die Wirksamkeit der Verbesserungsaktivitäten messen und auch nachweisen. Aber alleine die Kennzahlen machen noch keinen Zielzustand.
Schritt 10: Investitionsplanung
Damit eine Umsetzung gelingt, braucht es Budget – sowohl in Form von Investitionen als auch hinsichtlich der Zeit der Mitarbeitenden. Dieses Budget ist essentiell, damit eine langfristige Weiterentwicklung möglich ist. Dabei ist es auch wichtig zu verstehen, dass nicht jede einzelne Umsetzung in sich sofort profitabel sein muss. Manche Schritte auf dem Weg der Veränderung wirken sich erst nach längerer Zeit aus, sichern damit Innovation und schließlich auch die Existenz eines Unternehmens.
Schritt 11: Unterschriften
Um das ganze Vorhaben auch offiziell verbindlich zu machen, unterzeichnen die wichtigsten Entscheider*innen das Dokument. Das sollte mindestens die lokal für den Standort verantwortliche Führungskraft (z.B. Werkleitung) und auch die darüber liegende Ebene (z.B. COO) sein.
Mithilfe des fertigen OPCs können die geplanten Veränderungen in den jeweiligen Standorten darstellt und erklärt werden. Die gemeinsamen Überlegungen im Vorfeld und die entstehende Verbindlichkeit helfen den Führungskräften entsprechend zu kommunizieren und man vermeidet unnötige Widersprüche durch unterschiedliche Interpretationen.
Im dritten und letzten Teil dieser Reihe schauen wir dann auf die eigentliche Umsetzung und was es dabei zu beachten gilt. Dabei werfen wir einen Blick auf Stolpersteine und Gefahren, denn nach der Planung landen derartige Überlegungen gerne in Schubladen bis irgendwann wieder die Frage nach der Ausrichtung des Standorts gestellt wird. Wie man die Veränderung mithilfe des OPCs im Alltagsalltag voran treibt erfahren Sie im nächsten Beitrag in der Dezemberausgabe des "Energie Report" sowie auf www.report.at.
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