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Open-Source-Software und Recht

3Die Charakteristika von Open-Source-Software, Ursprünge und rechtliche Bedeutung: Ein Kommentar von Rechtsanwalt Tobias Tretzmüller zur Rechtssicht auf Compliance, Verstöße gegen Lizenzen und Urheberrechtsverletzungen.

Die erste grundlegende Definition von Open-Source-Software geht auf die Free Software Foundation Ende der 1990er Jahre zurück. Diese betont: »Free software is a matter of the users' freedom to run, copy, distribute, study, change and improve the software.« Open-Source-Software kann am besten dadurch beschrieben werden, dass man sie von ihrem »Spiegelbild«, der proprietären Software, unterscheidet.

Im Wesentlichen hat eine proprietäre Software folgende charakterisierende Eigenschaften:

- Der Quellcode ist privat und steht der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung.
- Die Weiterverbreitung der Software ist grundsätzlich verboten.
- Die Nutzung der Software kann inhaltlich, zeitlich, territorial und personell beschränkt werden.

Spiegelbildlich dazu weist Open-Source-Software folgende Eigenschaften auf:

- Der Quellcode steht der Öffentlichkeit unverschlüsselt zur Verfügung.
- Die Weiterverarbeitung und Verbreitung der Software ist zulässig (und gewünscht).
- Eine Beschränkung der Nutzung ist verboten.

Open-Source-Software bildet somit einen Gegenpol zur klassischen proprietären Software. Der Begriff der Open-Source-Software ist damit von jenem der Free Software strikt zu trennen.

Von der Entwicklung her unterscheiden sich der proprietäre und Open-Source-Ansatz dadurch, dass bei Open-Source-Software oft sehr viel mehr Entwickler beteiligt sind, diese jedoch in vielen Fällen keine organisatorische, wirtschaftliche oder persönliche Beziehung verbindet.
Die Anfänge der Open-Source-Bewegung liegen in den späten 1960er Jahren und sind untrennbar mit dem Betriebssystem Unix verknüpft. Dessen Nachfolger, das Betriebssystem Linux, ist heute allgegenwärtig. Betriebssysteme wie Android oder Chrome OS setzen auf Linux auf. Es wird von über 15.000 Programmierern und 1400 Unternehmen in einem kooperativen Modell weiterentwickelt.

Will man Gründer der Open-Source-Bewegung benennen, so sind der Finne Linus Torvalds und der Amerikaner Richard Stallman anzuführen. Stallman gründete im Jahr 1985 als Mitarbeiter des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston die Free Software Foundation mit dem Ziel, eine für jedermann frei zugängliche Alternative zum kommerziellen Betriebssystem Unix zu entwickeln. In diesem Zusammenhang formulierte er die Grundregeln der Philosophie von Open-Source-Software, aus denen sich die bekannteste Open-Source-Lizenz, die GPL, entwickelte.

Open-Source-Software und Recht
Mit zunehmender Popularität von Open-Source-Software treten auch damit verbundene rechtliche Fragestellungen in das Rampenlicht. Keinesfalls darf aus der Philosophie von Open Source gefolgert werden, dass die Lizenznehmer in der Einhaltung der Lizenzbedingungen willkürlich verfahren dürfen. Obwohl die Anzahl streitiger Verfahren zu Open-Source-Software noch überschaubar ist, haben die Gerichte bislang immer wieder entsprechende Lizenzverstöße anerkannt. Eine zusätzliche Schwierigkeit im Zusammenhang mit Open-Source-Lizenzen ergibt sich aus dem Umstand, dass diese aus dem nordamerikanischen Rechtsraum stammen und daher Probleme bei der Auslegung im Lichte der nationalen Rechtsordnung vorliegen.

Der Aspekt der Open Source Compliance wird in der Praxis auch im Rahmen von Due-Diligence-Prüfungen bei Unternehmenskäufern relevant. Open-Source-Verfehlungen können dabei den Kaufpreis erheblich negativ beeinflussen. Für den Wert des Unternehmens kann es einen erheblichen Unterschied machen, ob die dort verwendete Open-Source-Software rechtskonform eingesetzt wird oder ob diesbezügliche rechtliche Risiken bestehen. Auch kann ein Open-Source-Lizenzverstoß einen gewährleistungsrechtlich relevanten Rechtsmangel begründen.

Lange Zeit war der rechtliche Gehalt von Open-Source-Lizenzen fraglich. Wie können diese sehr amerikanischen Vertragsschablonen mit dem europäischen Rechtsverständnis in Einklang gebracht werden? Wegbereitend war eine Entscheidung aus dem Jahr 2004. In diesem Verfahren hatte der deutsche Programmierer Harald Welte gegen den Hardwareanbieter Sitecom Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Die Rechtssache landete vor dem Landesgericht München. Die Entscheidung des Gerichtes war bahnbrechend: Dieses bestätigte das Unterlassungsbegehren. Dies deshalb, weil ein Verstoß gegen Open-Source-Lizenzen eine Urheberrechtsverletzung begründet. Wird gegen die Open-Source-Lizenzen verstoßen, fallen die Nutzungsrechte automatisch ex nunc weg und der Lizenznehmer begeht eine Urheberrechtsverletzung, wenn er die Software entgegen den Lizenzbedingungen vertreibt. Damit wurde klargestellt, dass Open-Source-Lizenzen einen (beachtlichen) rechtlichen Gehalt haben. 

Diese Ansicht wurde in der Folge mehrfach durch Gerichte bestätigt. Beispielsweise hat das LG Bochum die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruches bei einer Verletzung von Open-Source-Lizenzen festgestellt. 

Open Source Compliance hat freilich nicht bloß ausschließlich deutsche Gerichte beschäftigt. In der Rechtssache Artifex Software gegen Hancom wurde beispielsweise im Jahr 2017 ein Unterlassungsvergleich vor dem US District Court N.D. of California geschlossen.
Dabei ist jedoch anzumerken, dass die allermeisten Rechtsstreitigkeiten rund um Open-Source-Lizenzen nicht vor Gerichten ausgestritten werden. Dies ist dadurch begründet, dass die Rechtsunsicherheiten nach wie vor hoch sind. Die weit überwiegende Zahl von Open-Source-Konflikten wird mit außergerichtlichen Unterlassungserklärungen beendet. Auch Massenabmahnwellen der OS-Entwickler wurden bislang nicht losgebrochen, sind aber in Anbetracht des doch weiten Einsatzes künftig nicht mehr per se ausgeschlossen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das größte rechtliche Verfolgungsrisiko nicht von den Rechtsinhabern ausgeht, sondern von den Vertragspartnern, die sich verpflichtet sehen, alle Open-Source-Bedingungen einzuhalten.n

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