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Eine Branche atmet auf
Mit seiner Entscheidung vom 30. Juli hat der Oberste Gerichtshof für Klarheit bei Indexklauseln und für leichte Entwarnung für die Immobilienbranche gesorgt. Die OGH-Entscheidung ist eine Klarstellung mit Signalwirkung – aber kein Freifahrtschein.

Die Indexierung von Mietverträgen stellt für Projektentwickler, Vermieter und Bestandshalter ein zentrales Instrument zur Wertsicherung dar. Umso größer war die Verunsicherung, als der Oberste Gerichtshof (OGH) im Jahr 2023 in mehreren Verbandsklageverfahren die Wirksamkeit solcher Klauseln in Frage stellte – konkret dann, wenn diese eine Mietzinsanpassung innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsbeginn nicht ausdrücklich ausschlossen. Die zentrale Befürchtung: Eine zu früh greifende Wertsicherung könnte gegen das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) verstoßen. Die fatale Folge wäre, dass die gesamte Indexklausel nichtig würde und eine langfristige Inflationsanpassung entfiele.
Nun hat der OGH in einer aktuellen Entscheidung (2 Ob 226/23v) erstmals in einem Individualverfahren umfassend Stellung genommen und dabei eine wichtige Klarstellung getroffen.
Paradigmenwechsel
In seinem wegweisenden Urteil führt der OGH aus, dass § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG – die sogenannte Zwei-Monats-Sperrfrist – nicht auf Mietverträge anzuwenden ist. Diese Bestimmung soll Verbraucher vor überraschenden Preiserhöhungen bei kurzfristig zu erfüllenden Verträgen schützen, nicht jedoch bei Dauerschuldverhältnissen wie Mietverhältnissen. Das bedeutet konkret: Indexklauseln in Mietverträgen, die keine ausdrückliche Sperrfrist enthalten, sind grundsätzlich zulässig – sofern sie klar formuliert und sachlich gestaltet sind. Für die Immobilienbranche bedeutet dies eine deutliche Erhöhung der Planungssicherheit.
Praxisrelevante Ergänzungen zur Vertragsauslegung
Der OGH betont in seiner Entscheidung auch die Bedeutung des Parteiwillens und der praktischen Handhabung des Vertrages:
- Stillschweigende Zustimmung: Wird eine indexierte Miete über längere Zeit widerspruchslos bezahlt, kann dies als stillschweigende Zustimmung zur vereinbarten Indexbasis gewertet werden (§ 863 ABGB).
- Indexbasis: Die Verwendung des zuletzt veröffentlichten Indexwertes vor Vertragsabschluss ist nach Ansicht des Gerichts üblich und rechtlich unbedenklich.
- Auslegungsgrundsätze: Im Verfahren zwischen Mieter und Vermieter sind Mietverträge nicht ausschließlich nach dem »kundenfeindlichsten Verständnis auszulegen – ein wichtiges Signal.
Kein Freifahrtschein
Für Bauträger, Investoren und Bestandshalter stellt die OGH-Entscheidung eine willkommene Bestätigung dar: Indexklauseln bleiben zulässig – vorausgesetzt, sie sind transparent und korrekt formuliert. Dennoch sollten bestehende Standardvertragsmuster kritisch überprüft werden, da die Grenzen zwischen rechtlich tragfähiger Klausel und intransparenter Vertragsgestaltung weiterhin fließend bleiben.
Ausblick
Wer heute vermietet, projektiert oder in Bestandsimmobilien investiert, sollte bei der Vertragsgestaltung mit Indexklauseln umsichtig, aber nicht übervorsichtig vorgehen. Der OGH hat den Spielraum für sachlich formulierte Wertsicherungsklauseln wieder deutlich erweitert.
Hintergrund: Dos & Don’ts bei Indexklauseln in Mietverträgen
Empfohlene Vorgangsweisen:
Klare Formulierung: Indexklauseln sollten eindeutig und nachvollziehbar formuliert werden. Sie sollen auf einen konkreten Index (z. B. VPI 2020) verweisen und den Anpassungsmechanismus präzise definieren.
Zweiseitig: Die Indexklausel muss Veränderungen nach beiden Seiten, also Mieterhöhung, aber auch Mietreduktion, zulassen.
Indexbasis: Die zuletzt veröffentlichte Indexzahl vor Vertragsunterzeichnung ist eine zulässige Basis – dies entspricht der etablierten Praxis und wurde vom OGH ausdrücklich bestätigt.
Dokumentation der Vertragspraxis: Wird eine indexierte Mieterhöhung längere Zeit vorbehaltlos bezahlt, stärkt dies die Wirksamkeit der Regelung erheblich.
Konkludentes Verhalten beachten: Berücksichtigen Sie § 863 ABGB – die Zustimmung zur Indexierung kann sich auch aus schlüssigem Verhalten ergeben, etwa durch stillschweigende Akzeptanz.
Zu vermeidende Fallstricke:
Unpräzise Klauseln: Vermeiden Sie pauschale oder unpräzise Formulierungen. Aussagen wie »laut aktuellem Index« ohne weitere Definition sind rechtlich riskant und angreifbar.
Veraltete Vertragsmuster: Verlassen Sie sich nicht auf alte Standardklauseln. Gerade bei langjährig verwendeten Vertragsmustern lohnt sich eine rechtliche Überprüfung auf Aktualität und Rechtskonformität.
Unterschätzung von Verbandsklagen: Obwohl die aktuelle Entscheidung in einem Individualverfahren erging, bleiben Standardmietverträge weiterhin potenzielle Zielscheibe von Konsumentenschutzverbänden.
Der Autor
Christian Nordberg ist seit 2000 Rechtsanwalt und Gründungspartner von Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH und schwerpunktmäßig im Bereich Gesellschaftsrecht / Mergers & Acquisitions sowie in allen Aspekten des Immobilienrechtes tätig. www.hbn-legal.at
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