Logo

Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel erklärt im Interview mit Report(+)PLUS, warum die Pleite eines großen Bauunternehmens weitreichende Folgen sowohl für die Branche als auch die Auftraggeber hätte, ruft alle Player zu einer vernünftigen Preispolitik auf und fordert von der Politik eine gesicherte  Wohnbaufinanzierung. 

(+) plus: Wie ist das abgelaufene Jahr aus Sicht der Bauwirtschaft zu beurteilen?
Hans-Werner Frömmel: 2012 ist nicht so schlecht gelaufen wie befürchtet, aber auch nicht so gut, wie man anhand der letzten Zahlen der Statistik Austria glauben könnte. Demnach verzeichnete der Bauproduktionswert in den Monaten Jänner bis September 2012 ein Plus von 6,6 %. Das wird über das Gesamtjahr aber leider nicht zu halten sein.
(+) plus: Wo werden sich die Zahlen Ihrer Meinung nach einpendeln?
Frömmel: Ich rechne im Gesamtjahr mit einem Plus von 3 bis 4 %. Man darf aber nicht vergessen, dass es auch Bereiche gibt, die sich weit schlechter darstellen. Die angespannte Finanzsituation von Ländern und Gemeinden hat ein deutliches Minus im Tiefbau zur Folge. Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Positiv ausgewirkt haben sich die privaten Investitionen im allgemeinen Hochbau. Dadurch hat sich das Jahr 2012 zum Positiven gewendet.

(+) plus: Ein Sorgenkind bleibt der Bereich der thermischen Sanierung. 2012 wurde der mit 100 Millionen Euro gefüllte Fördertopf nicht zur Gänze ausgeschöpft. 
Frömmel: In der thermischen Sanierung hinken wir derzeit unseren Zielen tatsächlich hinterher. Das wird sich aber in den nächsten Jahren wieder ausgleichen. Als der Sanierscheck erstmalig aufgelegt wurde, war die Aktion auf ein Jahr begrenzt. Da ist natürlich ein gewisser Zeitdruck entstanden. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, weil die Förderaktion bis 2015 fixiert ist. Wir haben aber natürlich mit einer geringeren Dotierung zu kämpfen, weil die Länderbeiträge fehlen. Zudem sind die Anforderungen und auch die bürokratischen Hürden gestiegen. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Nachfrage sinkt.

(+) plus: Auch wenn sich die Rahmenbedingungen für die thermische Sanierung geändert haben, sehen Sie noch die grundsätzliche Investitionsbereitschaft der Bevölkerung?
Frömmel: Die Bereitschaft, in die thermische Sanierung zu investieren, ist nach wie vor vorhanden. Wir müssen in den nächsten Jahren alles daran setzen, die Sanierungsrate zu erhöhen. Schon alleine deshalb, um die Klimaziele zu erreichen. Gelingt das nicht, werden Strafzahlungen fällig. Da ist es doch sinnvoller, wenn das Geld in den Bau und die Sanierung von Immobilien fließt.

(+) plus: Was kann, was soll die Politik machen, um den Konjunkturmotor Bau anzukurbeln?
Frömmel: Die Politik muss für leistbaren Wohnraum sorgen. Dafür braucht es eine gesicherte Wohnbauförderungspolitik. Das Ziel muss eine bedarfsgerechte Förderung von Wohnbau sein. Dafür gibt es auch prominente politische Rückendeckung. Neben Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hat auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner seine Unterstützung zugesagt. Mitterlehner etwa fordert, dass der Wohnungsbau durch positive Anreize auf allen Ebenen forciert werden soll. Er sagt auch weiters, dass, wenn die Mittel der Wohnbauförderung zweckgebunden und nachhaltige eingesetzt würden, wir in Zukunft mehr leistbaren Wohnraum schaffen und gleichzeitig Impulse für Wachstum und Arbeitsplätze setzen können. Damit spricht er uns aus der Seele. Jetzt hoffen wir, dass sich dieser Meinung noch viele andere Regierungsmitglieder anschließen werden.

(+) plus: Wie realistisch ist es, dass Sie auch Finanzministerin Fekter zu Ihren Unterstützern zählen können?
Frömmel: Die Finanzministerin gibt mir in allen Punkten Recht. Sie sagt aber auch, dass sie keine Zweckbindung von oben verordnen wird. Das sei Sache der Länder. Ich werde aber so lange bittstellen gehen, bis wir eine ähnliche Regelung wie die Zweckbindung finden. Wichtig ist die Finanzierungssicherheit für leistbaren Wohnraum. Wie wir das nennen, ist zweitrangig.

(+) plus: Fragt man die Landespolitiker nach ihrem Umgang mit den Wohnbaufördergeldern, hört man von allen Seiten, dass sogar mehr Geld für den Wohnbau ausgegeben wird, als vom Bund zur Verfügung gestellt wird.
Frömmel: Ich will niemanden zu nahe treten, aber das stimmt in den meisten Fällen einfach nicht. Das kann auch gar nicht stimmen, weil in vielen Bundesländern die Wohnbaudarlehen verkauft wurden und es deshalb keine Rückflüsse mehr gibt. 

(+) plus: Welche Auswirkungen haben die Turbulenzen bei einem Branchenriesen wie Alpine auf das Baugewerbe?
Frömmel: Wenn ein großer Player in Schwierigkeiten gerät, ist das für die ganze Branche unangenehm. Ich gehe aber davon aus, dass Alpine die Situation meistern wird. Natürlich wird es Abschläge geben, etwa die Schließung von Auslandstöchtern und den Verkauf von profitablen Sparten, aber der Unternehmenskern wird erhalten bleiben. Eine echte Insolvenz hätte auch ­enorme Auswirkungen im Auftraggeberbereich, was die Übergabe von Projekten und Baustellen anbelangt. Das wäre eine enorme logistische Herausforderung. Das wünsche ich weder der Alpine noch den Auftraggebern. Deshalb hoffe ich im Sinne der gesamten Baufamilie, dass die Sanierung klappt. Das bedeutet aber auch, dass sich das Unternehmen mit ihrer Preispolitik wieder in Regionen bewegen muss, die die Realität abbilden.

(+) plus: Ist es ein Problem, dass die großen Unternehmen der Bauindustrie verstärkt im Gewerbebereich mitmischen wollen?
Frömmel: Es ist nicht ideal, aber gewerberechtlich nun einmal zulässig. Im Gegenzug will ich aber auch keine Klagen hören, wenn große Gewerbebetriebe an Ausschreibungen teilnehmen, die vermeintlich der Industrie vorbehalten sind. Es gibt in den letzten Jahren viele positive Beispiele dafür, dass Gewerbebetriebe auch Großprojekte stemmen können.
Es muss natürlich klar sein, dass zu fairen und betriebswirtschaftlich vernünftigen Preisen angeboten werden soll. Denn der Preisdruck ist auch ohne Bauindustrie schon groß genug. Es gibt immer noch viele Scheinfirmen und ausländische Unternehmen, die für ein ungesundes Preisniveau sorgen. Dem sollte die Gewerbeordnung einen Riegel vorschieben. Ich unterstütze natürlich die Forderung der Wirtschaftskammer nach einer »GmbH light«, aber nur dort, wo das auch berechtigt ist. Die Bauwirtschaft hat ganz andere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Da brauchen wir eine »GmbH heavy«.

(+) plus: Was erwarten Sie vom Jahr 2013?
Frömmel: 2013 ist ein Wahljahr, da will die Politik den Wählern und damit auch der Wirtschaft nicht weh tun. Deshalb erwarte ich von politischer Seite keine Erschwernisse oder Einsparungen. Es wird aber auch so schwer genug. Ich hoffe, dass 2013 endlich der Förderscheck zur altersgerechten Wohnraumsanierung kommt und ich werde weiter für den Handwerkerbonus und fiskalische Anreize kämpfen, um Privatkapital für die Bauwirtschaft zu mobilisieren.

© Content: Report Media | Design 2021 GavickPro. All rights reserved.