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„Nicht einzusehen, warum funktionstüchtiges IT-Equipment auf der Müllhalde landet“ Featured

Günter Neubauer ist Gründer und Geschäftsführer des eigentümergeführten IT-Distributors Omega. Günter Neubauer ist Gründer und Geschäftsführer des eigentümergeführten IT-Distributors Omega.

Corona-Krise, Engpässe am Markt und Erwartungen für nachhaltiges Wirtschaften. Im Gespräch mit dem Report: Günter Neubauer, Gründer und Geschäftsführer des eigentümergeführten IT-Distributors Omega.

Der Großhändler Omega ist mit dreihundert Millionen Euro Umsatz der einzige österreichische IT-Distributor dieser Stärke. Mit der Distribution von Hard- und Software von Herstellern wie Dell, Samsung, LG, NEC, Kyocera und vielen mehr, beliefert die Mannschaft von Günter Neubauer den Fachhandel, Computershops und Systemhäuser in Österreich und Deutschland. Und natürlich hat die Corona-Krise auch massive Auswirkungen auf den IT-Großhandel.

Report: Durch die aktuelle Krise ist zwar der Handel eingeschränkt, doch IT-Ausrüstung wie etwa Notebooks, Monitore, Headsets und Drucker wird massiv nachgefragt. Kommen Distributoren hier mit dem Ausliefern nach? Wie ist die Lage derzeit, Mitte April?

Günter Neubauer: Wir sehen, dass nach einem ersten Run, speziell im Notebook-Bereich die Lieferfähigkeit wiederhergestellt ist. Mit ein Grund dafür ist, dass große Projekte nach hinten verschoben wurden und deshalb Geräte besser verfügbar wurden. Lieferengpässe bestehen vor allem bei Webcams und Headsets. Allein in den vergangenen drei Wochen haben wir 10.000 Headsets verkauft. Im Druckbereich wird im Homeoffice zwar mehr gedruckt, was jedoch mengenmäßig fehlt, ist der Office-Bereich – hier verzeichnen wir einen Rückgang von rund einem Drittel.

Report: Über das traditionelle Geschäft mit Hardware hinaus setzen Sie auch auf „Managed Services“ – in welchen Bereichen?

Neubauer: Wir haben mit unserer Eigenentwicklung „JustPrint“ bereits vor einigen Jahren begonnen, Dienstleistungen zunächst im Druckersegment anzubieten. Heute servicieren wir mit „JustManage“ sämtliche Geräte am Arbeitsplatz in Unternehmen: Notebooks, PCs, Tablet, Handy oder Druck. Dieser Service beginnt hier bei der Einsatzplanung eines Rollouts, geht über die Finanzierung – über unsere Tochter Omega TechRent –, bis hier zu vorausplanenden Wartungen und Reparaturen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.

Im Druckbereich, dem umsatzstärksten Segment bei Omega, decken wir damit auch die Lieferkette mit Verbrauchsmaterialien ab. Am Ende der Laufzeit übernehmen wir auch den Abbau von Geräten und ihre Wiederverwertung – decken also den kompletten Lebenszyklus ab. Diese Services werden über ein Lizenzprogramm auch unseren Partnern, den Händlern, zu Verfügung gestellt.

Report: Beliefern Sie auch direkt Unternehmenskunden?

Neubauer: Im Managed-Service-Bereich tun wir das tatsächlich, aber nur bei Großkunden. Wir tun dies allerdings ausschließlich im Enterprise-Segment – und dort wiederum stark im öffentlichen Bereich. Zwei Drittel unseres Umsatzes aber werden über unsere Partner generiert.

Report: Warum sollte ein Unternehmenskunde Services bei Ihnen beziehen – und nicht bei seinem IT-Dienstleister?

Neubauer: Es gibt mittlerweile so viele Themen in der IT, dass es schwierig geworden ist, überall am aktuellsten Wissensstand zu bleiben. Als Cloud-Service-Anbieter ist uns ein größeres Bild der installierten Technik möglich: Ist ein Serviceeinsatz nötig? Muss eine Maschine ersetzt werden oder sind Verbrauchsmaterialen zu liefern? Dahinter steckt eine Komplexität, für die auch nicht jeder Händler Ressourcen hat.

Zudem können wir unsere, gemeinsam mit Kunden wie Gemeinden, Kommunen bzw. Bundesländern oder Ministerien entwickelten Tools zu einem vergleichsweisen guten Preis zu Verfügung stellen. Bei einem Druckermanagement wie wir es beispielsweise für mehr als 10.000 Drucker für einen großen Kunden umsetzen, ist die Verrechnung einzelner Kostenstellen direkt im SAP möglich. Natürlich bieten auch die Druckerhersteller entsprechende Werkzeuge. In der Praxis stellt sich aber oft heraus, dass starre Schnittstellen zu einem Warenwirtschaftssystem dann doch nicht ausreichend sind. Wir können hier als Partner vor Ort auf Kundenwünsche eingehen.

Omega hat im öffentlichen Bereich mittlerweile mehr als 50.000 Units unter Vertrag. Damit traue ich mir zu sagen, dass wir speziell im Managed-Print-Service unangefochtener Marktführer in Österreich sind. Eine unserer Kernkompetenzen ist die komplette Logistik. Wir liefern im Normalfall täglich 1.000 Pakete und rund 50 Paletten aus.

Report: Die Volumina im Druckerbereich gehen von Jahr zu Jahr zurück. Auch den Herstellern ist bewusst: Wachsen wird dieses Segment wohl nicht mehr.

Neubauer: Für uns ist dieser Bereich schlicht und ergreifend ein Verdrängungsmarkt. Erfolgreich können wir hier sein, indem wir unseren Kunden entsprechenden Mehrwert bieten. Das lässt sich auch in Zahlen festmachen: Für eine große Organisation haben wir Monitoring und einer Ausarbeitung und Umsetzung einer optimalen Druckstrategie nachweislich Millionen eingespart. Es waren Maßnahmen wie das Vermeiden von Farbdruck dort wo es möglich war, das Berücksichtigen von Duplexdruck, vor allem aber passend dimensionierte Geräte an den unterschiedlichen Plätzen zu haben. Am Ende des Tages konnte die Druckqualität gesteigert und trotzdem die Gerätelandschaft von 14.000 auf 8.000 Stück konsolidiert werden.
Und kein Unternehmen muss heutzutage Toner im eigenen Lager auf Vorrat halten. Wir liefern automatisch direkt an den Arbeitsplatz, bevor der alte Toner komplett leer ist.

Report: Wird B2B das letzte Marktsegment sein, das von Amazon & Co. abgelöst wird?  Firmenkunden brauchen ihren Servicepartner wohl weiterhin vor Ort und greifbar.

Neubauer: Die Aufgabenstellungen sind meist viel zu komplex, um sie über ein Online-Tool abzuwickeln. Wenn eine Organisation mehrere tausend Printer im Einsatz hat, muss man bei Projekten sehr genau prüfen und hinterfragen – etwa, welche Geräte im Einsatz ist und wo Veränderungen sinnvoll sind. Hier wird es auch in Zukunft stark auf den persönlichen Kontakt ankommen.

Report: Wo sehen Sie Wachstum in den nächsten Jahren?

Neubauer: Ein Bereich ist sicherlich Displays – vom Desktop-Monitor bis zur Ausstattung von Konferenzräumen und Großbildschirme für den öffentlichen Raum: Anzeigesysteme, Werbeflächen, Lösungen für den Handel oder LED-Walls. Jedes Hotel hat heute ein Display im Eingangsbereich hängen, um seine Gäste zu begrüßen. Wir statten bereits Bahnhöfe, Flughäfen, Stadien und Skigebiete aus. In Auslagen werden mehr und mehr Displays eingesetzt – auch wenn Österreich in diesem Bereich fast noch ein Entwicklungsland ist. Aber das wird kommen: Bewegtbilder werden Plakate ersetzen.

Report: Erwarten Sie eine stärkere Regulierung des Handels betreffend Auflagen für Recycling- und Reparatur-Fähigkeit von Geräten?

Neubauer: Wir beschäftigen uns seit Jahren mit Nachhaltigkeitsthemen. Unser Betriebsobjekt in Wien, das wir vor acht Jahren bezogen haben, ist im Passiv-Haus mit Erdwärmeversorgung, Photovoltaik am Dach und relativ geringen Energiekosten von monatlich rund 2.500 Euro. Da sind die Energiekosten für ein Rechenzentrum, Heizung, Beleuchtung und Kühlung bereits inbegriffen. Omega arbeitet grundsätzlich mit Herstellern zusammen, die selbst nachhaltige Produkte und Prozesse liefern. HP – unser größter Hersteller im Programm – ist speziell im Bereich der Drucker, der eigentlich kein besonders umweltfreundliches Produkt ist, besonders nachhaltig aufgestellt. Eine Tonerkartusche wird nachweislich zu 95 % wiederaufbereitet, vorausgesetzt diese wir dem Recycling-Kreislauf zugeführt. Das wiederum ist unser Job.

Ein weiterer Partner ist das Unternehmen Circular Computing, das Notebooks nach dem Leasing-Ende von typischerweise zwei bis drei Jahren zurücknimmt. Die Geräte werden komplett zerlegt, mit neuen Akkus versehen, getestet und neu lackiert. Angeboten werden dann wieder drei Jahre Garantie und natürlich sind diese Geräte preislich interessant und etwa für den öffentlichen Bereich, Schulen beispielsweise, geeignet.

Report: Wie offen sind Organisationen für wiederaufbereitete Hardware?

Neubauer: Anfangs war das schon mühsam und unser Bestreben war zunächst eher Hobby als Geschäft. Wir haben aber fest daran geglaubt und mittlerweile funktioniert es ganz gut. Unternehmen können in Ausschreibungen zwar nicht Geräte verlangen, die „remanufactured“ sind – es sind aber sehr wohl Konditionen möglich, wie mit dem angeschafften Equipment nach Ende einer Vertragslaufzeit umzugehen ist. Das schafft einen Zweitmarkt, der zunehmend auch für den nicht-öffentlichen Bereich relevant wird.

In einem aktuellen Projekt nehmen wir einem großen Unternehmen im Rahmen einer Arbeitsplatzmodernisierung gebrauchte Bildschirme ab und übergeben sie einem weiteren auf „Refurbishment“ spezialisierten Unternehmen. Es ist nicht einzusehen, warum 24 Zoll große, funktionstüchtige Monitore auf der Müllhalde landen sollten.


Zum Unternehmen
Der österreichische IT-Distributor Omega HandelsgmbH wurde 1991 von Josef Kitzler, Günter Neubauer und Engelbert Ruckendorfer gegründet. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte der Großhändler mit einem Service- und Logistikzentrum in Wien einen Umsatz von 301 Millionen Euro und beschäftigt 85 Mitarbeiter. Rund 10 % des Umsatzes wurden im Vorjahr in Deutschland erzielt.
www.omegacom.at

Last modified onDonnerstag, 16 April 2020 13:02

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