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Im Zeitraffer: 20 Jahre IKT-Markt in Österreich

Im Zeitraffer: 20 Jahre IKT-Markt in Österreich Foto: Thinkstock

Die Themen der Branche und die Berichterstattung des Report in den vergangenen zwei Jahrzehnten Telekom- und IT-Markt.

1996: Folgen des Beitritts

In Österreich wird das zweite Jahr EU-Mitgliedschaft geschrieben und die liberale Wirtschaftspolitik rüttelt an heiligen Kühen – so auch am Post- und Telegraphen-Monopolisten, der aus der Bundesverwaltung gegliedert wird. Der Telekommunikationsmarkt wird dann zwei Jahre später vollständig liberalisiert. Die Folgen: unterhaltsamer Mitbewerb, sinkende Preise und eine auf Dauer konkurrenzfähige IKT-Landschaft. Haben wir uns dafür eigentlich genug bei Brüssel bedankt?

1997: Aufbäumen und Konkurrenz

Der Monopolist versucht es noch einmal mit allen Mitteln: Eine letzte Tarifreform vor der Marktöffnung beschert der Bevölkerung unglaubliche 64 unterschiedliche Gebührenstufen in der Inlandstelefonie. Derweil bringt sich nach max.mobil des Konsortiums Ö-Call – dem unter anderen Siemens, Bawag, Raiffeisen Landesbank Steiermark und die Generali angehören – ein zweiter alternativer Mobilfunker in Stellung: Connect Austria rund um den Baustoffkonzern RHI. Verbund, ÖBB und Citykom gründen tele.ring, das zunächst als Festnetz- und Internetanbieter auftritt.

1998: Bank WWW, guten Tag!

Geldgeschäfte via Datenhighway, die stecken noch in den Kinderschuhen. Doch auch 1998 weiß man: Kinder wachsen. Ein Prognose für das Jahr 2001 stellt der Branche bereits »9,5 Millionen Menschen in Europa, die Online-Banking nutzen« in Aussicht. Noch wird im Internet-Banking eine wichtige Vertriebsschiene der Zukunft gesehen. Dass es letztlich das Filialgeschäft auflösen wird, glaubt niemand.

1999: WAP und Content

Neben beginnenden Handy-Preisstützungen durch die Mobilfunker wird als entscheidende Brancheninnovation das »Wireless Application Protocol« geortet. »WAP begreift das Internet in all seiner Komplexität, filtert es und bricht es auf die harmlosen Displaymöglichkeiten heutiger Handsets herunter«, heißt es. Sogar Medien bemühen sich mit eigenen Angeboten um diese kundenbindende Mehrwert-Chance.

2000: Doomsday

Die Angst vor der Invasion durch den Y2K-Bug war groß. Computersysteme wurden weltweit nachgerüstet, um Datumsangaben auch nach dem 1. Jänner 2000 fehlerfrei zu verarbeiten. Passiert ist letztlich nichts. Dafür wachsen Call-Center wie die Schwammerln aus dem Boden. Und die Pager verschwinden doch wieder vom Massenmarkt. Aber deswegen wird keine Träne vergossen.

2001: Goldgräberstimmung adé

Nach dem Implodieren der Dot.com-Blase, 9/11, dem Libro-Desaster und anderen Katastrophen wie beispielsweise guten Beziehungen des Incumbents in Regulierungsfragen, ist die Stimmung unter alternativen Telekombetreibern wie UTA, CyberTron, Inode und Tele2 schon wieder im Keller. Sogar Nokia strauchelt an den Börsen – aber solche Tanker sind bekanntlich unsinkbar.

2002: Speed up the country              

Die leitungsgebundene Breitbandmasse in Österreich hat bereits eine Zahl von 250.000 Haushalten erreicht, noch tümpeln viele aber in schlammigen ISDN-Gewässern. Würden Sie, wenn Sie ein Glas Milch trinken wollen, eine ganze Kuh kaufen? Ein Vorläufer der Idee des Cloud Computing ist »Application Service Providing«, kurz ASP. Die Idee mit dem Glas Milch ist gut – nur groß Unternehmen ansprechen, das tut sie noch nicht

2003: Ein Netzwerk, eine Leitung
Hutchison Drei Austria geht an den Start. Die Nachwehen der UMTS-Lizenzversteigerung der Jahrtausendwende spürt die Branche immer noch und der technische Wandel zu All-IP beginnt langsam aber sicher auch an der Sprachtelefonie zu knabbern. Aber eines nach dem anderen: Zuerst heißt es erst einmal Voice-over-IP. Die führt aber zu Rieseneinsparungen bereits bei den Unternehmenskunden. Gelder fließen wiederum bei der Neuausschreibung des Behördenfunknetzes Adonis – später einer der größten aufgedeckten Korruptionsfälle Österreichs.

2004: Reise ins Wohnzimmer

Multimedia heißt das Zauberwort. Alles wird kleiner, schneller, bunter. Die IKT-Industrie hat das Wohnzimmer als Einnahmequelle entdeckt. Eigentlich ist das Gebiet rund um Yucca-Palme, Esstisch und Couch schon erforscht, doch sind die gängigen Home-Entertainment-Center-Lösungen lange Zeit nicht einmal von Raketentechnikern programmierbar. Mit dem Kauf der UTA durch Tele2 entsteht der größte alternative Telekomanbieter Österreichs. Erstmals werden in einzelnen Monaten mehr Sprachminuten über Mobilfunk abgewickelt als über das Festnetz.

2005: E-Government-Hype

Die modernen Bürgerportale in Österreich sorgen seit längerem für Spitzenplätze in den E-Government-Rankings in Europa. Die Telcos haben den mobilen Internetzugang als die lang gesuchte Killerapplikation gefunden. Und heimische Apple-Partner hoffen auf einen einsetzende Hype um den Musicplayer iPod, um ihre Apfelkisten an den Mann und die Frau zu bringen. T-Mobile nennt mobile Internetnutzung auch  »web’n’walk« – und kauft tele.ring ein.

2006: Weniger Anbieter, mehr Markt

Mit dem Kauf des Businessproviders eTel durch die TA werden die Liberalisierungsbestrebungen wieder auf den Kopf gestellt. eTel war zuvor selbst jahrelang auf Einkaufstour im Providermarkt. Auf dem IT-Sektor öffnen sich die Hardwareanbieter den KMU und bieten Output-Management, Virtualisierungs- und Storage-Lösungen für die Kleinen an – wenn es sein muss, auch als Service.

2007: Ausgelagert, aber differenziert

Informations- und Kommunikationstechnologie wächst auf allen Ebenen weiter zusammen. Nach dem Outsourcing der IT beginnen Unternehmen zunehmend auch einzelne Geschäftsprozesse wie etwa Lohnverrechnung und Buchhaltung an Professionisten auszulagern. Die Digitalisierung hat schon damals zugeschlagen, also sind diese Partner erst recht wieder die IT-Dienstleister.

2008: Kannibalisierung und neuer Player

Die Festnetzbranche leidet unter Umsatzeinbrüchen, weltweit werden gut ein Drittel der Neuanschlüsse im Mobilfunk generiert. Festnetz zu betreiben, reicht nicht mehr, also hofft man: IPTV wird neue Umsätze liefern. Das Monopol auf Zukunftsvisionen im Handset-Bereich hat ab sofort Apple. Das iPhone erobert den österreichischen Markt und belustigt mit seinem Touchscreen-Konzept anfangs noch die Konkurrenz – der schnell das Lachen vergeht.

2009: Weltmarkt mobiles Arbeiten

Der wohl größte Coup eines österreichischen IKT-Anbieters gelingt Kapsch: Mit dem Kauf von Unternehmensteilen des insolventen Netzausrüsters Nortel katapultiert sich das Traditionsunternehmen zum Weltmarktführer in der Zugfunktechnologie GSM-R. Ob im Zug, im Kaffeehaus oder zu Hause: Mobiles Arbeiten ist aus den Unternehmensorganisationen nicht mehr wegzudenken.

2010: In Vielfalt geeint

»Unified Communication« liefert in Unternehmen, wovon die alten PTA-Generäle bereits geträumt haben: Die Verschmelzung von unterschiedlichen Kanälen zu einer einfacheren Kommunikation der kurzen Wege. Unterm Strich spart das Zeit, Kosten und Nerven. Derweil unterliegt der Fachhandel in Österreich starkem Konkurrenzdruck. Die Elektrohandelskette Cosmos meldet Konkurs an.

2011: Geschwindigkeit nimmt zu, Cloud zieht auf

Aus dem Internet wird Web 2.0, aus UMTS wird LTE, der Breibandbedarf wächst unaufhörlich und die Grenzen zwischen Arbeitswelt und Privatbereich verschmelzen immer mehr. Der Hype um IT-Services aus der Wolke hat begonnen und wird Branche und Medien ein halbes Jahrzehnt fest im Griff haben. Immerhin: Services werden nach Bedarf abgerechnet und müssen nicht mehr als Soft- und Hardware installiert werden. Die Milch! Die Kuh!

2012: Stein der Weisen

»Im heutigen Datenuniversum entsteht unglaublich viel Müll, es gibt aber auch viele Schätze«, sind die Experten und Berater beim Thema Big Data einer Meinung. Nun gilt es, »Trash« in »Treasure« zu verwandeln. Eine weitere Prognose: Der Trend »Bring Your Own Device« wird sich wohl überall durchsetzen. Oder tippen Sie noch auf Arbeitsgeräten, die ihrem Unternehmen gehören? Jedenfalls bekommt die Telekom mit América Móvil einen neuen Großaktionär, Hutchison übernimmt Orange, und Samsung löst Nokia nach 14 Jahren Marktführerschaft als größter Handyhersteller ab.

2013: Mensch, Maschine und NSA

Automatisierung und die Vernetzung von Dingen, Fahrzeugen und Geräten lassen die Kassen der Technologieanbieter klingeln und eröffnet völlig neue Flexibilität in der Produktion und Steuerung. Mit Industrie 4.0 wird erstmals eine industrielle Revolution ausgerufen, noch bevor sie stattgefunden hat. Dadurch erhalten die Telekomanbieter wieder eine Perspektive für Umsatzmöglichkeiten. Hohe Datenumsätze in der Überwachung und Spionage verzeichnen zudem die US-Geheimdienste, enthüllt Edward Snowden und entfacht eine Debatte zu Privacy und Bürgerrechten.

2014: Alles bewegt sich

Der Computerhändler DiTech übernimmt sich bei seiner Expansion und muss Insolvenz anmelden. Die IT der Zukunft ist hybrid, mobil und agil – alle Schlagworte der vergangenen Jahre kulminieren in einem Trend, der alles und nichts beschreibt: Transformation. Jedenfalls sind davon alle betroffen: Märkte, Unternehmen, User. Hie und da entsteht bereits auch neues Geschäft daraus.

2015: Jahr der Emanzipation

Max Schrems wird zum Liebling der europäischen Datenschützer. Der Salzburger Jurist forciert das Kippen des Safe-Habour-Abkommens durch den europäischen Gerichtshof. Einen würdevollen Ersatz für einen nach europäischem Rechtsverständnis sicheren Umgang von US-Unternehmen mit personenbezogenen Daten gibt es zwar noch nicht. Einen Auftrieb für »unsere« Rechenzentrumsdienstleister in Europa liefert die Causa allemal. Schauplatzwechsel: Die smarten Virtual-Reality-Brillen werden Filme und Gaming noch nachhaltig verändern. Es bleibt spannend.

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