Menu
A+ A A-

Finanzmärkte – was ist los?

Nach dem Wahlsieg Trumps im zurückliegenden November machte sich großer Optimismus an den Finanzmärkten breit – man vertraute blind darauf, Trump und seine Vorhaben Deregulierung, Kredit-finanzierte Infrastrukturinvestitionen und massive Steuersenkungen werden es schon richten. Man klammerte sich dabei auch an das historische Vorbild, die Reagonomics (siehe z.B. hier, hier und hier!).

Zeitgleich mit der ersten und bisher einzigen „präsidialen“ Rede von Trump Anfang März bildete der S&P 500 sein jüngstes Allzeithoch aus. Seitdem konsolidiert der Index, er steht jetzt fast 3% tiefer. Der Bankenindex KBW schreibt mittlerweile zehn Tage in Folge Verluste, seit seinem zeitgleichen Hoch hat er über 11% verloren. Ein Bull-Run ohne Beteiligung der Banken ist immer eine brüchige Angelegenheit, allerdings hatten die Banken seit der Wahl Trumps in Vorfreude auf Zinsschritte der Fed und die Deregulierung des Finanzsystems in der Spitze auch um 32% zugelegt. Der S&P 500 ist im selben Zeitraum „nur“ um 12% gestiegen. Da ist die Versuchung für Gewinnmitnahmen eben auch größer – bei bisher recht guten Quartalsergebnissen der Banken.

 

Der Dow Jones Transport Index (DJT) konnte seit der Wahl von Trump um 15% zulegen, hat aber seit Anfang März 7,5% eingebüsst. Der Index notiert mittlerweile deutlich unter seiner EMA50, nachdem der Versuch vor zwei Tagen gescheitert ist, sie wieder zu überwinden – ein Hinweis auf weitere Verluste. Die relative Schwäche des DJT könnte ein Vorbote für weitere Schwäche im breiten Aktienmarkt sein.

 

Mit der bisher im Kongress gescheiterten Rückabwicklung von „Obamacare“ mehren sich Zweifel an der (zeitnahen) Umsetzung der Trumpschen Wahlversprechen. Das betrifft auch das Infrastrukturprogramm, das eventuell kleiner ausfällt. Das könnte den Druck auf Inflationsrate und damit auch auf die Fed abmildern, die Leitzinsen deutlich zu steigern. Möglicherweise gibt es in diesem Jahr nur insgesamt zwei Zinsschritte, bisher wurde von zumindest dreien ausgegangen.

 

Das schlägt sich in der Rendite der zehnjährigen TNotes nieder, die jetzt wieder auf gut 2,2% abgerutscht ist. Nach der Wahl Trumps ist sie von 1,8% aus mit zwei Aufwärtslücken per 14. November auf eben diesen Pegel gesprungen. Bankaktien profitierten auch von der Phantasie, dass das traditionelle Kreditschäft mit steigenden Zinsen wieder profitabler wird. Diese Aussicht trübt jetzt etwas ein – und belastet die Kurse von Banken.

 

Trump hatte bisher hinsichtlich seiner protektionistischen Attitüde Kreide gefressen und war seiner Linie treu geblieben, sich aus internationalen Angelegenheiten herauszuhalten. Das hat sich in den zurückliegenden Tagen geändert mit den Bombardierungen in Syrien und in Pakistan. Auch hinsichtlich Nord-Korea mimt er den starken Mann und droht mit Militäraktionen.

 

Hinzu kommt, dass die Fed mit der Veröffentlichung des jüngsten FOMC-Protokolls das Vorhaben offenbart, ihre Bilanz zu verkürzen. Indem sie in ihrem Bestand befindliche Anleihen verkauft, wird die Geldmenge in den Geldmärkten reduziert. Wenn sie auslaufende Anleihen nicht durch Zukäufe ersetzt, hat das indirekt denselben Effekt. Ihr Ziel könnte sein, innerhalb von fünf Jahren die Bilanz um 2,5 Bill. Dollar zu verkürzen. 500 Mrd. Dollar pro Jahr ergäbe geschätzt etwa ein Prozent jährliche Erhöhung der kurzfristigen Zinsen. Ob das tatsächlich vollumfänglich so kommt, ist allerdings sehr unwahrscheinlich.

 

Freie Liquidität ist der Treibsatz für Aktienkurse, die Aussicht auf eine Reduktion der Geldmenge ist da kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass die Fed in ihrem jüngsten FOMC-Protokoll von einer Überbewertung bei Aktien gesprochen hat. Hierfür hat sie in Zusammenarbeit mit anderen großen Zentralbanken selbst gesorgt, mit ultra-billigem Geld wurde der Wert des globalen Aktienmarkts in den zurückliegenden acht Jahren um 21 Bill. Dollar aufgepumpt. Das KGV im S&P 500 liegt nach Shiller-CAPE mittlerweile bei 28,60 (siehe auch hier!).

 

Schlechtere Aussichten auf schnelle und umfassende Umsetzung der Trumponomics, Abwendung des Politik-Fokus von inner-amerikanischen Wirtschaftsangelegenheiten, Aussicht auf Bilanzverkürzung der Fed und verstärkte geopolitische Risiken – das ist die mentale Begleitmusik der gegenwärtigen Konsolidierung bei Aktien und gibt Anlass für Gewinnmitnahmen.

 

Der S&P 500 hat am 27. März und am 11. April seine EMA50 intraday unterboten, jedoch jeweils oberhalb davon geschlossen. Am zurückliegenden Donnerstag, dem dritten Test der EMA50, schloss der Index darunter. Das ist für den mittelfristigen Ausblick zunächst ungünstig. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass sich dies zu einem Fehlsignal mausert, wenn es zügig zu einer dynamischen Gegenbewegung kommt. Hinzu kommt, dass der Index jetzt auch wieder unter der Oberseite seines seit 2009 bestehenden Aufwärtskanals geschlossen hat (siehe Chart – Chartquelle).

 

Die aktuelle Chartformation im S&P 500 entspricht der eines sich öffnenden Abwärtskeils. Die sich daraus ergebende Implikation ist eher bullisch, allerdings weist die Öffnung auf zunehmende Unsicherheit hin.

 

 

Entfaltet sich die beschriebene Formation „regelgerecht“, wäre demnach mit einem maximalen Abwärtspotenzial auf deren untere Begrenzungslinie (aktuell 2285) zu rechnen.

 

Angesichts der weiterhin hohen (guten) Stimmungswerte bei Firmen und Verbrauchern und der weiterhin jedenfalls nicht pessimistischen Einstellung der Investoren besteht die Gefahr, dass auch kleine Kursrücksetzer recht bald immer wieder gekauft werden. Damit kann es dann geschehen, dass nach einer solchen Akkumulationsphase nicht mehr genügend „Treibstoff“ auf der Seitenlinie steht, um den S&P 500 anschließend dynamisch über die Obergrenze der Formation und dann vor allem über das zuletzt gebildete Allzeithoch bei knapp 2400 hinaus zu treiben. Dann besteht die Gefahr, dass die mit der Trump-Wahl eingeleitete spekulative Übertreibung bei Aktien an ihrer Schnäppchenjäger-Mentalität verendet oder zumindest ernsthaft ins Stocken gerät. Spätestens dann müsste die Trump-Administration wieder zu ihrem Fokus auf die Binnenwirtschaft zurückkehren und ihre Vorhaben angeschoben bekommen.

 

Wenn die Fed-Politik allerdings dazu führt, dass die Kreditkosten für die Käufe von Autos und Häusern deutlich ansteigen, dann könnte die Konjunkturmotor in den USA ernsthaft ins Stottern geraten. Die US-Autoverkäufe zeigen gegenwärtig Schwäche – gegenüber der Spitze nach 2008 im Dezember 2016 sind sie per März um zehn Prozent zurück gegangen. „Plateau“ ist eine optimistische Beschreibung des jüngsten Verlaufs. In diesem Zusammenhang sind auch die Hauspreise von grosser Bedeutung – hier ging es seit April 2012 im größeren Bild nur aufwärts – um insgesamt gut 39% nach Hauspreisindex CSXR. Vermutlich würden sich entsprechende Bremsspuren frühzeitig in den Vertrauens- und Sentiment-Indices der Verbraucher niederschlagen – gegenwärtig stehen diese so hoch wie seit 16, bzw seit zehn Jahren nicht.

 

In der Eurozone gibt aus konjunktureller Sicht keine Rechtfertigung für die Geldflut, die die EZB immer noch praktiziert. Sie bezieht ihre (interne) Rechtfertigung aus den Unsicherheiten hinsichtlich Präsidentschaftswahl in Frankreich, sowie aus den Brexit-Verhandlungen und dann sind da ja auch noch die Bundestagswahlen im September. Und wenn alles nichts hilft, dann wird dem EZB-Chef Draghi schon etwas anderes einfallen – vielleicht die Banken- und Schuldenkrise in Italien. Das Bankensystem der Eurozone ist hoffnungslos überdimensioniert, dementsprechend unterkapitalisiert und unprofitabel – das ist der wahre Grund. Die EZB verletzt damit ihr Mandat – aber das ist nichts Neues.

 

Aktienrückkäufe der Unternehmen werden die Kurse weiterhin unterstützen, auch die QE-Programme in Europa und in Japan wirken entsprechend. Hinzu kommt die nun angelaufene Saison der Quartalsberichte. Erwartet wird eine Steigerung der Gewinne im S&P 500 um zehn Prozent im Jahresvergleich. Bei Energiefirmen sollen es sogar bis zu 600% sein – die Ölpreise hatten im ersten Quartal 2016 ein mehrjähriges Tief erreicht und sind seitdem deutlich angestiegen.

 

Alles in allem sollte man über die kommenden Monate eher mit einer Seitwärtsbewegung bei Aktienkursen rechnen. Ob das Teil einer Topp-Formation ist oder ob es zu einer nochmaligen Beschleunigung des spekulativen Exzesses kommt, ist per heute schwer zu sagen. Gerne werden Vergleiche gezogen zur zweiten Phase der Reagonomics ab 1985/1986. Der Dow Jones Index hat sich bis 1990 in etwa verdoppelt, der bekannte Crash im Oktober 1987 war da nur ein kurzes Intermezzo. Vergleiche hinken manchmal oder oft – insbesondere dann, wenn keiner mehr dran glaubt. Aber so weit ist es noch nicht. Trump hat mehrfach gesagt, die Aktienkurse seine für ihn eine Art Stimmungsbarometer für seine Politik. Also, so die Hoffnung mancher Akteure, wird er bald entsprechend aktiv werden.

 

Entscheidend ist die Entwicklung der Inflation in der nächsten Zeit. Sie ist ohnehin neben „Trump“ ein Schlüssel bei der Kursentwicklung. Hier gibt es aktuell sowohl im PPI als auch im CPI in den USA Dynamikverlust. Der CPI ist im März zwar um 2,4% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Allerdings hatte der Index vor einem Jahr noch im Bereich mehrjähriger Tiefs notiert. Sollte die Inflation in der nächsten Zeit weitere Schwäche zeigen, würde damit ein Baustein in dem seit Anfang Februar 2016 los getretenen Bullenschub infrage gestellt.

 

Gold profitiert von der gegenwärtigen Gemengelage. Der Preis des Edelmetalls ist über den Pegelbereich bei 1250 Dollar ausgebrochen und strebt der Marke von rund 1305 zu (Chartquelle). Die Entwicklung unterstreicht damit zunächst einmal, dass die Konsolidierung bei Aktien einen „ernsteren“ Hintergrund hat als lediglich irgendwelche isolierten charttechnischen Faktoren.

 

 

[Unter Verwendung von Material aus "Fed Bombshell Minutes Indicate Balance Sheet Reductions, Suggest Markets are Overvalued"]

 

Die Rally an den Aktienmärkten ist ins Stocken gekommen. Im S&P 500 ist die EMA50 im Test. Die Hinwendung Trumps zu außenpolitischen Themen trägt zur Irritation bei, geopolitische Risiken kommen stärker in den Fokus. Zweifel an der Umsetzung der Trumponomics verstärken sich. Das ist zunächst nur mentale Begleitmusik zu seit Anfang März andauernden Konsolidierung der Aktienkurse. Bei der Frage, wie es weiter geht, spielt die Inflationsentwicklung eine wichtige Rolle sowie der Kurs bei der Umsetzung der Trumpschen Wahlversprechen.

Mit Schwung kontinuierlich verbessern.
Arbeit – ist das ein Ort oder nicht?

By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://archiv.report.at/