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Fragen an die Politik: Alternative Vertragsmodelle & Baugenehmigungen

Foto: Peter Krammer, Vorstand Strabag Foto: Peter Krammer, Vorstand Strabag

In der Rubrik »Fragen an die Politik« haben Vertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft die Möglichkeit, konkrete Fragen an Spitzenpolitiker zu richten. In der aktuellen Ausgabe kommen die Fragen von Strabag-Vorstand Peter Krammer und dem CEO der Habau Group, Hubert Wetschnig. Gerichtet wurden sie an Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und den Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig.

Thema: Alternative Vertragsmodelle

Peter Krammer, Vorstand Strabag

»Alternative Vertragsmodelle, wo Auftraggeber- und Auftragnehmerseite schon in der Planungsphase kooperativ zusammenarbeiten, haben sich nicht nur bei komplexen Bauvorhaben, sondern auch in Krisen bewährt. Während wir auf der privaten Seite schon viele Projekte erfolgreich umsetzen konnten, herrscht auf öffentlicher Seite noch starke Zurückhaltung. Dabei sind aus unserer Sicht auch Partnering-Modelle mit dem Vergaberecht in Einklang zu bringen. Was fehlt aus Ihrer Sicht, damit Partnering-Modelle auch für die öffentliche Hand zu einer sinnvollen Alternative zu herkömmlichen Vertragsmodellen werden?«

Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

»Das öffentliche Beschaffungsvolumen beträgt in Österreich jährlich rund 60 Milliarden Euro. Da es sich um Steuergeld handelt, müssen zentrale Grundsätze wie Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, Transparenz sowie freier und lauterer Wettbewerb sichergestellt sein. Mehr als 99 % der heimischen Unternehmen sind Klein- und Mittelunternehmen. Gemeinsam sind sie der größte Arbeitgeber in Österreich. Die Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens soll daher so erfolgen, dass auch KMU am Vergabeverfahren teilnehmen können. Die Verfahren sollen KMU-freundlich sein.

Eine Art »Partnering-Modell« könnte etwa im Wege einer funktionalen Leistungsbeschreibung und im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung umgesetzt werden. Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung ist die Leistung als Aufgabenstellung durch Festlegung von Leistungs- oder Funktionsanforderungen zu beschreiben. Diese müssen so ausreichend präzisiert werden, dass sie den Bewerbern bzw. Bietern eine klare Vorstellung über den Auftragsgegenstand vermitteln und dem öffentlichen Auftraggeber die Vergabe des Auftrages ermöglichen.

Im Verhandlungsverfahren kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden. Über die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Mindestanforderungen darf jedoch nicht verhandelt werden. Die Entscheidung, ob und in welcher Form bei einer Auftragsvergabe ein solches »Partnering-Modell« angewandt wird, entscheidet im Einzelfall jedoch der jeweilige Auftraggeber.«

Thema: Baugenehmigungen

Hubert Wetschnig, CEO Habau Group

»In den Wochen des ersten Lockdown hatte die Bau- und Immobilienwirtschaft damit gekämpft, dass aufgrund der Homeoffice-Situation der Behörden die Baugenehmigungen nicht bzw. verzögert bearbeitet wurden. Wie wurde dieses Thema im zweiten Lockdown gelöst?«

Michael Ludwig, Bürgermeister Wien

»Der wichtigste Unterschied lag in der Formulierung des Lockdowns selbst: Während beim ersten Lockdown im März/April ein generelles Ausgangsverbot verfügt wurde, waren jetzt Ausnahmen für »unaufschiebbare behördliche Wege« vorgesehen. Damit konnten auch Nachbar/innen ohne Einschränkungen an Bauverhandlungen teilnehmen.

Für Baumeister/innen und Architekt/innen gehörte die Teilnahme an einer Bauverhandlung zur Berufsausübung, sodass diese Berufsgruppen immer teilnehmen konnten und können. Im Gegensatz zum ersten Lockdown mussten daher diesmal keine Bauverhandlungen abgesagt werden und es wurden auch neue Bauverhandlungen ausgeschrieben.

Entsprechend den Möglichkeiten der Bauordnung für Wien wurde die Anzahl der Teilnehmer/Innen auf die Größe der vorhandenen Räumlichkeiten bei der Baupolizei abgestimmt. Zuerst wurden schriftliche Einwendungen der Nachbar/innen zu einem Projekt eingeholt, so dass die Gesamtzahl der Teilnehmer/innen bekannt war. Mit der zunehmenden Zahl an elektronischen Einreichungen können die Pläne auch einfach digital versendet werden, um die Nachbar/innen ausreichend zu informieren, sonst können sie weiterhin Einsicht bei der Baupolizei nehmen.

Wenn sich die Zahl der Teilnehmer/innen an einer Bauverhandlung mit den notwendigen Abständen in den vorhandenen Räumen nicht ausging, wurden die Anrainer/innen gestaffelt geladen und die Bauverhandlung damit in mehrere Teile gegliedert. Die Teilnahmerechte wurden damit nicht geschmälert, aber das Verfahren auch nicht aufgehalten.

Homeoffice war und ist ein wichtiger Bestandteil der Präventionsstrategie der Baupolizei, um keine  Ansteckungsketten über ganze Dezernate oder gar Gebietsgruppen entstehen zu lassen. Die Mitarbeiter/Innen haben entsprechende digitale Zugänge zu den Bearbeitungsakten. Eine Verzögerung der Aktenbearbeitung tritt daher grundsätzlich nicht ein.

Es darf auch darauf hingewiesen werden, dass seitens der Stadt Wien ab 1.2.2021 die Möglichkeit einer rein digitalen Baueinreichung angeboten wird.«

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