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»Die Materialoptimierung wird immer Thema bleiben«

»Die Materialoptimierung wird immer Thema bleiben«

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Reinhold Lindner, Sprecher Bau!Massiv!, über das Potenzial der Materialforschung bei massiven Baustoffen, den holprigen Wissenstransfer und Fehler in der Ausbildung.

Report: Ziegel, Zement und Beton sind sehr traditionelle Produkte. In welchen Bereichen sehen Sie noch Entwicklungsmöglichkeiten? 

Reinhold Lindner: Da gibt es einiges. Nehmen wir nur das Beispiel Zement, da werden die Rezepturen laufend weiterentwickelt und optimiert. Damit wird weniger CO2 ausgestoßen und die Produktion generell wird umweltfreundlicher. Und eine Weiterentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit und Ökologie ist unumgänglich.

Report: Kommen wir zur Materialebene. Wo sehen Sie hier das größte Potenzial?

Lindner: Es ist unbestritten, dass bei allen unseren Baustoffen die Materialoptimierung kurz- und langfristig ein Thema bleiben wird. Dass hier noch vieles möglich ist, zeigen auch Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Beim Ziegel etwa hat man in den letzten Jahren deutliche Fortschritte bei den Dämmeigenschaften erzielt. Vor allem wird es um die Frage nach dem optimalen Wandaufbau gehen, inklusive Fragen wie Schallschutz oder Brandschutz. Gerade in Sachen Vorfertigung ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft, denn schnelles und sicheres Bauen wird in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen.  

Auch beim Beton gibt es immer neue Materialoptimierungen in Richtung Nachhaltigkeit, wie etwa Recyclingprodukte, was sich auch in der gerade neu überarbeiteten ÖNORM B 4710 widerspiegelt.   

Report: In welchen Bereichen sehen Sie die Unternehmen gut aufgestellt? Wo gibt es Aufholbedarf?

Lindner: Es gibt ein generelles Problem, das sich fast quer durch die Unternehmen zieht: Es fehlt das Geld. Nachdem selbst in der Hochkonjunktur die Preissituation sehr angespannt ist, sind die Forschungsbudgets sehr knapp bemessen. Wir haben einfach nicht die Budgets einer Pharma- oder Chemieindustrie.   

Report: Wenn das Geld knapp ist, sind Forschungskooperationen, der Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft umso wichtiger. Dem Vernehmen nach klappt das aber nicht immer gut. Woran liegt das?

Lindner: Das hängt davon ab, wen Sie fragen (lacht). Die Wirtschaft gibt der Wissenschaft die Schuld und umgekehrt. Aber Spaß beiseite, hier gäbe es auf jeden Fall noch einiges an Potenzial. Ich predige das auch seit vielen Jahren: Der Massivbau spielt in Forschung und Lehre leider nur eine untergeordnete Rolle, nicht nur an den Universitäten, sondern auch an den HTLs. Damit fehlt auch das einschlägige Wissen darüber, was massive Baustoffe zu leisten imstande sind. Das könnte man ändern, indem man in der Architektur- und Bauingenieurausbildung und der Bauforschung die massiven Baustoffe besser verankern würde. Langfristiges Ziel sollte dabei jedenfalls die umfassende Verankerung der massiven Baustoffe auf einer Fachhochschule bzw. einem Forschungsbereich einer Technischen Universität sein. 

Report: Inwieweit kann eine Interessenvertretung wie Bau!Massiv! hier als Brückenbauer fungieren?

Lindner: Wir versuchen laufend, Kooperation auf die Beine zu stellen. Aktuell arbeiten wir mit der TU Graz sehr eng bei den Themen Nachhaltigkeit und nachhaltige Gebäudebewertung zusammen.  Es ist auch sehr positiv, dass die TU Graz unter der Leitung von Alexander Passer eine eigene Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen ins Leben gerufen hat.

Report: Sie haben als Verband in den letzten Jahren auch immer wieder eigene Forschungsarbeiten in Auftrag gegeben. Welche zukünftigen Projekte sind geplant?

Lindner: Aktuell haben wir zwei Schwerpunkte. Zum einem ein Projekt zum Thema Biodiversität, das vor dem Abschluss steht. Zum anderen das Thema Normung in Verbindung mit Gebäudebewertung. Dabei geht es um die Frage, wie nachhaltiges Bauen in das Normungswesen einfließt.

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