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»Wie halten Sie es mit den Investitionen?«

»Wie halten Sie es mit den Investitionen?«

Die Sorge in der österreichischen Bauwirtschaft ist groß. Wie viel Geld fließt in den nächsten Monaten in die Verkehrsinfrastruktur, wie viele Wohnungen werden errichtet und saniert und wie viele Geschäftsflächen neu und umgebaut? Der Bau & Immobilien Report hat die Antworten. Wir haben 25 der größten öffentlichen und privaten Auftraggeber die Gretchenfrage gestellt und geben hier einen Einblick in ihr aktuelles und zukünftiges Investitionsverhalten.

Es ist die große Unbekannte im Spiel. Zwar bemühen sich führende Köpfe der österreichischen Bauwirtschaft redlich, Optimismus und Zuversicht auszustrahlen, das ungewisse Investitionsverhalten der Auftraggeber treibt aber nicht wenigen Branchenvertretern den Angstschweiß auf die Stirn. Noch laufen die Baustellen auf Hochtouren, ist von einem Einbruch nichts zu spüren. Die Projekte sind am Laufen, Aufträge werden abgearbeitet. Schon am ersten Höhepunkt der Coronakrise, im März und April, gab es viele mahnende Stimmen, dass der Bauwirtschaft das dicke Ende erst bevorsteht.

Ende 2020 und vor allem 2021 werde sich zeigen, wie hart es die Branche tatsächlich trifft, ob neue Aufträge nachkommen oder die Auftraggeber erst mal auf die Bremse steigen. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat der Bau & Immobilien Report bei 25 der größten öffentlichen und privaten Auftraggeber des Landes nachgefragt und die Gretchenfrage gestellt, wie sie es mit den Investitionen in Zeiten von Corona halten.

Es wird investiert

Das Ergebnis ist ziemlich eindeutig und vielversprechend. Von einem Investitionsstopp kann keine Rede sein. Kaum ein großer Auftraggeber plant, heuer oder im nächsten Jahr die Bauinvestitionen deutlich zu kürzen. Im Gegenteil, nicht wenige geben 2020 und 2021 sogar deutlich mehr aus als in den Jahren davor. Dazu zählt etwa Austrian Power Grid, Betreiber des überregionalen österreichischen Stromnetzes. Nach 250 Millionen im Jahr 2019 fließen heuer stolze 350 Millionen  Euro in den Aus- und Umbau der Netzinfrastruktur, 2021 werden es sogar 360 Millionen sein.

Die CA Immo hat konzernweit ihre Investitionen von 300 Millionen Euro im Jahr 2019 auf heuer 322,7 Millionen Euro und 420 Millionen Euro im nächsten Jahr gesteigert. Auch die Bauinvestitionen der Bundesländer können sich sehen lassen. Salzburg gibt heuer 72 Millionen Euro aus, 2019 waren es noch 68 Millionen Euro. Tirol hat die Bauinvestitionen von 98,3 Millionen auf 118,1 Millionen Euro erhöht und Vorarlberg von 76,3 Millionen Euro auf 87,1 Millionen Euro. Das Burgenland hat eben eine große Investitionsoffensive angekündigt (siehe Kasten Seite 18) und auch die Unternehmen und Institutionen der Bundeshauptstadt greifen tief in die Tasche.

Die für Straßenbau und Straßenverwaltung zuständige MA28 gibt heuer 20 % mehr für Bau und Erhalt der Wiener Straßen aus. Die Wiener Linien haben 2019 185 Millionen investiert, 2021 werden es 324,9 Millionen Euro sein. Und bei Wiener Wohnen wird das Sanierungsbudget von 80,9 Millionen Euro im Jahr 2019 auf voraussichtlich 93,6 Millionen Euro im nächsten Jahr steigen. Auch Unternehmen, die keine konkreten Zahlen nennen wollen, wie etwa die UBM, Spar oder Signa, planen keine Investitionskürzungen.

Bei der Signa »laufen aktuelle Bauvorhaben auf Hochtouren und sind ebenso wie die großen Stadtentwicklungsprojekte kaum von Corona beeinflusst«. Bei UBM hat man durch Corona zwar einen Strategiewechsel vollzogen und setzt in Zukunft ganz auf die Asset-Klassen Wohnen und Büro, dafür wurde aber die Pipeline gleich einmal auf zwei Milliarden erhöht. Auch der Verbund hält an seinem Investitionsplan für die Jahre 2020 bis 2022 in Höhe von rund 2,1 Milliarden Euro fest.

Gemeinden vor großen Herausforderungen

Selbst bei den großen Sorgenkindern der Branche, den kleinen Städten und Gemeinden, gibt es leichten Anlass zur Hoffnung. Bad Ischl hat 2020 die Bauinvestition auf 7 Millionen Euro mehr als verdoppelt und legt im nächsten Jahr noch einmal 1,4 Millionen Euro oben drauf. Hallein hatte 2019 einige außerordentliche Aufwendungen, die Bauinvestitionen 2020 und 2021 werden aber auf jedem Fall über den Jahren 2017 und 2018 liegen. Auch der Kremser Bürgermeister  Reinhard Resch ist guter Dinge, den bis 2023 laufenden Investitionsplan halten zu können. Allerdings hoffen gerade die Gemeinden auf weitere Unterstützung durch die Politik.

»Die Bundesregierung muss die Ausfälle der Einnahmen nicht nur abfedern, sondern gänzlich ausgleichen. Die Gemeinden investieren hauptsächlich in die regionale Wirtschaft«, sagt der Halleiner Bürgermeister Alexander Stangassinger. »Sollten, wie vom Bund und den Ländern angeregt, mehr Investitionen getätigt werden, so müsste es eben zum vollen Ausgleich der entgangenen Mittel noch zusätzliche Mittel für Investitionen in die Infrastruktur geben!“

Volatile Preise

Interessant ist auch, wie die Auftraggeber die aktuelle und zukünftige Preisentwicklung einschätzen. Während einige wenige wie die Asfinag bei aktuellen Ausschreibungen »einen zunehmenden Wettbewerb mit leicht sinkenden Preisen« sehen, sprechen andere wie etwa Austrian Power Grid vor allem bei Spezialaufträgen wie dem Leitungsbau oder dem Bau von Umspannwerken von »gleichbleibenden bis eher steigenden Preisen«, weil die vorhandenen Kapazitäten dafür mittelfristig schon jetzt weitgehend ausgelastet sind. Der Großteil der befragten Auftraggeber kann aber noch keine Preisänderungen feststellen.

Investitionsoffensive im Burgenland

Schon im Mai hat das Burgenland eine große Investitionsoffensive angekündigt, die ein Turbo für die Bauwirtschaft sein soll. Knapp 190 Millionen Euro fließen 2020 in Infrastrukturmaßnahmen, das ist ein Plus von fast 30 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. »Gerade in dieser Phase war es uns wichtig, Geld in die Hand zu nehmen, um uns aus der Krise rauszuinvestieren«, sagt Infrastrukturlandesrat Heinrich Dorner. Das Geld fließt vor allem in Straßenbau-Infrastrukturprojekte und Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. 21,3 Millionen entfallen auf Landstraßen und ländliche Struktur, 125 auf Bundesstraßen und 42,2 auf Wasser- und Umweltwirtschaft.

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