Psychosoziale Probleme nehmen in Europa an Bedeutung zu und stellen sowohl für Unternehmen als auch für die Volkswirtschaften ein wachsendes Problem dar.

Im Artikel Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Ländervergleich im Februar 2013 wurde bereits auf die von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durchgeführte europaweite Unternehmensumfrage zum Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter eingegangen. Im Fokus der Umfrage standen neue und aufkommende Risiken sowie deren Management. Psychosoziale Risiken wie arbeitsbedingter Stress, Gewalt oder Belästigung bilden einen besonderen Schwerpunkt der Studie. Die länderübergreifenden Ergebnisse sollen Bewusstsein für die Thematik schaffen und politischen Entscheidungsträgern bei der Gestaltung und Umsetzung neuer politischer Strategien behilflich sein.

Die Arbeitswelt befindet sich in einer ständigen Entwicklung, Arbeitsplätze und -praktiken als auch Produktionsprozesse wandeln sich unaufhörlich. Es bedarf einer kontinuierlichen Beschäftigung mit Sicherheits- und Gesundheitsschutzfragen, um ein hohes Maß an Sicherheit beständig gewährleisten zu können. Ein ausgereiftes Management oder formelle Verfahren scheinen jedoch nur in wenigen Ländern fest etabliert zu sein, so die Autoren.

Quality Austria greift diese Studie wieder auf und geht in diesem Beitrag insbesondere auf die Aspekte der psychosozialen Risiken ein und arbeitet einige Querverbindungen zu den Managementsystemen ISO 9001 und OHSAS 18001 heraus.

Psychosoziale Risiken vor allem durch Zeitdruck, Umgang mit schwierigen Kunden und interne Kommunikation

Die Arbeitswelt ist keineswegs statisch und so bringen tiefgreifende Veränderungen oft neue psychosoziale Risiken mit sich. Solche Risiken sind geneigt, das Stressniveau zu erhöhen und die psychische sowie physische Gesundheit der Arbeitnehmer zu gefährden. Die ESENER Umfrage hat die Faktoren, die zu psychosozialen Risiken beitragen, identifiziert, den Umgang insbesondere mit arbeitsbedingtem Stress, Gewalt und Mobbing untersucht, sowie Anreize und Hemmnisse mit der Beschäftigung derselben herausgefunden.

Mehr als die Hälfte (52%) der befragten Manager sehen im Faktor „Zeitdruck“ das Hauptproblem für psychosoziale Probleme. Vor allem in größeren Betrieben sowie in der Immobilienbranche (61%) liegen die Werte über dem Durchschnitt. Generell kann man sagen, dass dieser Faktor besonders im skandinavischen Raum als problematisch wahrgenommen wird, wobei Schweden den negativen Spitzenwert von 80% erreicht. In Italien (31%), Ungarn (37%) und Lettland (41%) wird Zeitdruck seltener als Problem betrachtet. Jeder zweite befragte Manager sieht in dem „Umgang mit schwierigen Kunden.“ ein großes Risikopotenzial, gefolgt von „Schlechte Kommunikation zwischen Management und Beschäftigten“ mit knapp unter 30%.

Sicher ist, dass die Anforderungen und die Komplexität zugenommen haben. Diese Feststellung hat die Quality Austria auch beim 19. qualityaustria Forum diskutiert. Umso wichtiger wird es, dass Klarheit über die Unternehmensstrategie besteht, die Zuständigkeiten festgelegt, die Kompetenzen der Mitarbeiter gefördert und der internen Kommunikation entsprechende Bedeutung eingeräumt werden. Das Problem der schlechten Kommunikation zum Beispiel kann jeder selbst steuern.

Die ISO 9001 fordert im Kapitel 5.5.3 „Die oberste Leitung muss sicherstellen, dass geeignete Prozesse der Kommunikation innerhalb der Organisation eingeführt werden und dass eine Kommunikation über die Wirksamkeit des Qualitätsmanagements stattfindet.“ Eine ähnliche Formulierung findet sich auch im Kapitel 4.4.3.1 der OHSAS 18001. Es stellen sich damit ganz einfache Fragen? Wie wird der Kommunikationsfluss gefördert? Welche Kommunikationsziele werden definiert? Welche Informationen sind relevant? Welche Kommunikationswege sind geeignet und werden eingehalten? Es ist aber auch eine tägliche Erfahrung, dass „gesagt“ noch lange nicht „verstanden“ bedeutet. Wie stelle ich also auch die Wirksamkeit sicher? Durch das miteinander reden werden auch psychosoziale Risken früher erkannt.

Die nächste spannende Frage sei, warum sind bestimmte Kunden schwierig? Aus der Qualitätsmanagement-Perspektive stellen sich folgende Fragen: Wurden die Kundenerwartungen nicht abgeklärt? Ist die Produktspezifikation unklar? Worin bestehen die Ursachen für mögliche Missverständnisse oder gar Reklamationen? Wie geht man mit Reklamationen um? Wie sind die sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Verantwortlichen hier ausgeprägt? Wie werden die Verantwortlichen im Reklamationsmanagement geschult? Womöglich nimmt der Zeitdruck auch ab, wenn mehr Klarheit im täglichen Tun herrscht.

Motive für die Beschäftigung mit psychosozialen Risiken sind vielschichtig

Betriebe, die Verfahren und Maßnahmen zum Umgang mit psychosozialen Risiken anbieten, geben als Hauptgrund die „Erfüllung gesetzlicher Pflichten“ an. Dieser Grund wird vor allem von spanischen (85%), irischen (78%) und bulgarischen (77%) Betrieben genannt, während griechische (30%) oder slowakische (33%) Betriebe in diesem Punkt weit unter dem EU-27-Durchschnitt von 63% liegen. Mit 36% der abgegebenen Stimmen recht weit abgeschlagen, aber nichtsdestotrotz zweithäufigster Grund für die Beschäftigung mit psychosozialen Risiken stellt die „Forderung der Beschäftigten oder ihren Vertreter“ dar. An dritter Stelle stehen bereits Forderungen von Kunden oder Bedenken hinsichtlich des Rufs der Organisation. An vierter Stelle mit knapp 20% der Nennungen wird das Nachlassen der Produktivität oder der Qualität der Leistung identifiziert. Aber auch hohe Fehlzeitenraten stimmen Unternehmen hier nachdenklich.

Erschwernisse im Umgang mit psychosozialen Risiken

Vorweg lässt sich sagen, dass 42% der Arbeitgeber den Umgang mit psychosozialen Risiken im Vergleich zu anderen Angelegenheiten im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz als schwieriger empfinden. Erstaunlicherweise fällt dieser Wert bei großen Betrieben mit über 500 Beschäftigten weit höher aus als bei kleinen Unternehmen. Für mehr als die Hälfte der befragten Arbeitgeber erschwert die „Bedeutung des Themas“ den Umgang mit psychosozialen Risiken. Jeder Zweite macht „fehlendes Bewusstsein“, aber auch „fehlende Ressourcen wie Zeit, Personal oder Mittel“ (49%) für den erschwerten Umgang verantwortlich.

Häufige Ursachen

Die Ursachen arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchungen sind häufig:

Managementsysteme nach ISO 9001 und/oder nach OHSAS 18001 können hier entlasten durch die geforderten Festlegungen von Aufbaustrukturen, Zuständigkeiten und Kompetenzen sowie durch Verbesserung der Planung und der Prozesse und durch die gezielte Steuerung von wichtigen und relevanten Informationen, insbesondere an den Schnittstellen zwischen verschiedenen Prozessschritten oder Abteilungen.

Viel Erfolg mit Qualität!

DI Axel Dick, MSc, Prokurist

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