Es geht hier nicht um den Blick in die Glaskugel, sondern um den Einblick, den Quality Austria durch seine Mitarbeit in den internationalen Gremien hat. Blicken wir zurück und in die Zukunft, um die Entwicklungen besser zu verstehen. „Alles fließt“, sagte schon der griechische Philosoph Heraklit. So auch in der Normenwelt.

Einerseits liegt es in der Natur der Normen, alle fünf Jahre sich einem Revisionsprozess zu unterziehen, andererseits kommen neue Normen hinzu, um branchen- oder themenspezifisch Anforderungen zu definieren. Damit tragen die Normungsgremien auch den internationalen Entwicklungen in der Wirtschaft Rechnung.

 

Auch die Wettbewerbsfaktoren haben sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt. Waren es in den 60iger Jahren vor allem Effizienz und Innovation, kamen in den 70igern und 80igern Qualität und Agilität als Wettbewerbsfaktoren hinzu, in den 90igern kam Umwelt hinzu, kurz darauf zunehmend auch der Faktor Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit und nun Soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibilty, CSR). Dabei ist keiner der früheren Wettbewerbsfaktoren weggefallen, sie sind vielmehr kumulativ zu sehen und müssen erfolgreich gemanagt werden.

ISO 9001 hat sich bewährt und wie geht es weiter?

Die ISO 9001 wurde im März 1987 veröffentlicht und wird im Jahr 2012 nun 25 Jahre alt. Über 1,1 Millionen Unternehmen sind weltweit nach der ISO 9001 zertifiziert. Das weltweite Wachstum von 2009 auf 2010 betrug laut ISO-Survey 2010 4 Prozent, jenes in Europa sogar sechs Prozent. In Österreich sind ca. 5.200 nach der ISO 9001 zertifiziert. In Nordamerika ist die Entwicklung dagegen rückläufig.

Mitte März 2012 werden in Genf die Weichen für die zukünftige Weiterentwicklung der ISO 9001 gestellt. Zur Diskussion stehen verschiedene Szenarien: von „die ISO 9001 belassen wie sie ist“ bis hin zu einen umfassenden Harmonisierung der Normen im Wording, im Inhalt und im Aufbau, um eine noch bessere Kompatibilität und Integrationsfähigkeit der verschiedener Standards zu erreichen. Letztere Entwicklung wird durch den Guide 83 (Draft liegt vor) beschrieben. Der Guide 83 sieht zB in Kapitel 4.1 die Forderung vor, den Kontext der Organisation (Context of the organisation) zu analysieren und die Anforderungen aller interesseierten Kreise (Kap. 4.2 Requirements of all stakeholders) zu berücksichtigen. Dh es geht dann nicht mehr nur um den Kunden (Kundenzufriedenheit), sondern auch um das das eigene Anspruchsniveau, die selbst angestrebte Reife und weitere Aspekte wie Umwelt, Soziales, Marke, etc… Integratives Qualitätsmanagement würde dadurch wesentlich gefördert.

Umweltmanagement in Überarbeitung

Die am zweithäufigsten verbreitete Managementsystemnorm ist die ISO 14001. Diese weist seit Jahren schon ein starkes Wachstum auf. So gab es im Jahre 2010 knapp mehr als

250.000 Zertifizierungen weltweit, 41% davon in Europa. Bei den Umweltmanage-mentnormen ist das Wachstum deutlich stärker, so betrug das weltweite Wachstum zuletzt 12%. Das Wachstum in Europa lag sogar dabei bei 16%. In den USA ist auch hier die Entwicklung rückläufig.

Die ISO 14001 ist nun seit 1.11.2011 in Revision und die erste Sitzung zur Revision war im letzten Februar. Der erste Comittee Draft könnte noch 2012 vorliegen. Mit Ende 2012 soll die Revision der ISO 14001 vorliegen. Die zukünftige ISO 14001 soll auf den harmonisierten Strukturen und Texten des Guides 83 aufbauen. Die Themen Transparenz, Rechenschaftspflicht, Kommunikation sollen gestärkt werden. Der Gestaltung des Einflusses und Verantwortlichkeit in der Wertschöpfungskette (Kriterien im Einkauf, Lieferantenbewertungen in der Supply Chain) stehen zur Diskussion. Dabei ist aber die Betrachtung der kompletten Wertschöpfungskette - statt wie bisher nur der Organisation selbst im Blickpunkt. Es wird spannend, ob wie bei EMAS auch Kernindikatoren (zB Energie- und Materialeffizienz, Abfall, Wasser, Biologische Vielfalt, Emissionen), die auf alle Fälle zu beachten sind, gefordert werden. Bei der Überarbeitung wird ein besonderes Augenmerk auf Anwenderfreundlichkeit und einfache, verständliche Formulierungen gelegt. Zudem sollen besonders die Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Unternehmen in der Norm Beachtung finden.

Energiemanagementnorm zur Steigerung der Energieeffizienz

2011 ist auch die Energiemanagementnorm ISO 50001 erschienen, die 2012 die EN 16001 ablösen wird. Zweck dieser internationalen Norm ist es, Unternehmen in die Lage zu versetzen, Systeme und Prozesse aufzubauen, die zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung, einschließlich Energieeffizienz, Energieeinsatz und Energieverbrauch erforderlich sind. Die Anwendung dieser internationalen Norm soll durch ein systematisches Energiemanagement zu einer Reduzierung von Treibhausgasemissionen und anderer Umweltauswirkungen sowie von Energiekosten führen. So können die Organisationen beispielsweise die Spitzenlast reduzieren, überschüssige Energie oder Verlustenergie nutzen oder die betrieblichen Abläufe seiner Systeme, Prozesse oder Einrichtungen verbessern. Die ISO 50001 basiert auf den gemeinsamen Elementen von ISO-Managementsystemnormen, um einen hohen Grad an Kompatibilität sicherzustellen. Sie basiert auf dem als PDCA-Zyklus bekannten kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Damit ist vor allem eine enge Beziehung zur ISO 14001 zu sehen. Zu glauben, die ISO 50001 ist nur eine Abschrift der ISO 14001, in der Umwelt durch Energie ersetzt wird, irrt. Die spezifischen Unterschiede liegen nicht nur im Detail.

Umweltnormen differenzieren sich weiter

Die ISO 14006 Ecodesign ist 2011 erschienen, ebenso die ISO 14051 zur Materialflussrechnung (Material flow cost accounting). Ecodesignfragen sind aber auch unmittelbar im Zusammenhang mit der ISO 9001 (Produktkonformität) zu sehen. Weiters gibt es die Entwürfe ISO 14067 und 14069 für den CO2-Fußabdruck (Carbon footprint). Der ISO CD 14046 für den Water Footprint liegt nun auch vor. Für Großereignisse wie die Olympiade in London liegt nun auch die ISO/DIS 20121 Sustainable Event Management vor.

Viel Erfolg mit Qualität