Freitag, März 29, 2024
NOV.
17

Trumpland oder der falsche Film

Am Vorabend der Wahl fragt mich meine Frau, ob ich glaube, dass The Donald eine Chance hat und im Brustton der Überzeugung antworte ich: „Niemals“!

Einer der keine Muslime mehr in ein Land lassen will, das seit seiner Gründung offensiv mit Religionsfreiheit geworben hat, einer, der nicht nur Terroristen sondern gleich deren gesamte Familie umbringen lassen will, einer der Millionen Latinos deportieren will, einer der damit prahlt, Frauen sexuell zu belästigen, kann niemals Präsident der USA werden.

Wenige Stunden später war er gewählt und mein Bild von den USA auf den Kopf gestellt.

„Er ist das Spiegelbild der Amerikaner“ sagt mein Freund Tuvia Tenenbom, der gerade sein neues Buch „Allein unter Amerikaner“ bei Suhrkamp veröffentlicht hat. Ein halbes Jahr reiste er durch das Land, besuchte Indianer Reservate, Slums, Washingtoner Insiderzirkel, die Southside von Chicago, die Quaker in Philadelphia und vieles mehr. Sein Resume: Laut, angeberisch, asozial, waffennarrisch, rassistisch, ziemlich hässlich – wie der Donald halt.

Wenn mehr als die Hälfte der Amerikaner ein Monster wählen, dann sind sie montrös. Das ist die Spiegelbildtheorie von Tuvia.

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AUG.
22

Qualität 4.0: Digitalisierung - Qualität im Zeitalter von Industrie 4.0

Man kann die Bedeutung der Wahl Trumps zum US-Präsidenten nicht hoch genug aufhängen. Mich interessiert dabei weniger, dass die Demokraten gegen die Republikaner verloren haben. Sicher, die Demokraten stehen für eine offenere Gesellschaft. Aber in ihrer Wirtschaftspolitik sind sie „Republikanisch light“.

Es war Bill Clinton, der Ende der 1990er Jahre den Glass-Steagall-Act abgeschafft hat. Bis dahin hatte der „U.S. Banking Act“ von 1933 die Aktivitäten von Geschäftsbanken auf dem Feld des Investment-Bankings begrenzt. Clinton hat mit der Abschaffung des Gesetzes das vollendet, was unter US-Präsident Reagan ab 1984 eingeleitet wurde. Einer von Clintons Beratern, Robert Rubin, wurde danach übrigens Vorstand der Citibank, ein anderer, Larry Summers, wurde von Obama als Nationaler Wirtschaftsberater in die Regierung berufen.

 

Mit der Abschaffung des Glass-Steagall-Acts war der Weg endgültig frei für Finanz-Supermärkte mit ihren eskalierenden Bilanzhebeln und schließlich für die im Herbst 2008 platzende Kreditblase, sowie den Kollaps des Haus-Marktes, dem wichtigsten Hort des Wohlstands der amerikanischen Mittelklasse-Familien.

 

Mit der Deregulierung des Bankensystems kam die Übergewichtung des Finanzwesens richtig in Schwung. Der Anteil der Industrie am BIP ist seit 1987 von 28% auf heute 18% geschrumpft. Der Anteil des Finanz- und des damit eng verbundenen Immobiliensektors am BIP ist von ca. 14% (1987) auf 18% (2015) gewachsen (siehe hier!). Der Anteil der Gewinne der US-Finanz-Unternehmen am BIP hat sich seit 1999 um 90% verbessert (seit 1969 um 168%), der der nicht-Finanz-Unternehmen um 59% (seit 1969 um 14%). Der Anteil der Löhne und Gehälter am BIP ist seit 1969 von 50% über 46% in 1999 auf aktuell 44% zurückgegangen. Die Transferzahlungen haben im selben Zeitraum von 6% auf 15% zugenommen.

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MäRZ
17

BIM-Tagebuch: Viele Köche verderben den Brei

BIM-Tagebuch: Viele Köche verderben den Brei

Der S&P 500 hat nun eine Verlustserie von neun Tagen markiert. Das gab es zuletzt vor mehr als 35 Jahren und seit 1928 nur insgesamt 14 mal. Der Index hat seit Mitte August, als er ein neues Allzeithoch erreichte, bis gestern zum Handelsschluss rund 5% verloren. Allgemein wird die Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs der US-Präsidentschaftswahl als Grund angegeben. Clinton scheint zwar an Wall Street geliebt zu werden, nicht jedoch an main street. Zuletzt ist ihr Vorsprung in den Umfragen deutlich gesunken.

Der S&P 500 hatte sich zwischen Mitte Juli und Anfang September in einer engen Handelsspanne zwischen 2157 und 2191 aufgehalten. In der zweiten Hälfte September begann ein nervöses Bemühen, sich darin erneut zu etablieren. Das scheiterte am 11. Oktober, von da an versuchte der Index, sich wenigstens über dem Pegel von 2130 zu halten, dem vormaligen Allzeithoch. Am 1. November gelang auch das nicht mehr, aktuell notiert der Index bei 2085 – mit ausgeprägtem oberen Docht an einer vom März 2009 herrührenden Aufwärtslinie. Kurzfristig stehen die Chancen nicht schlecht, dass es zu einer Gegenbewegung kommt, wobei 2100, 2120, auch 2130 erste Ziele wären (Chartquelle).

 

 

Die Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs der Wahl mag zwar der Anlass dafür sein, Geld vom Tisch zu nehmen. Aber die technische Schwäche im S&P 500 besteht auf jeden Fall mindestens seit Anfang Oktober. Damals führte Clinton in Umfragen noch deutlich. Sie steht als Garant für „weiter so“, Trump erscheint unberechenbar. Die Börsen mögen Unsicherheit nicht und so wird die sinkende Wahrscheinlichkeit, dass sie die Wahl gewinnt, eben verkauft. Heißt es.

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OKT.
10

Hat Gold fertig?

Der Goldpreis ist zuletzt stark eingebrochen. Einige Beobachter sehen als Ursache hierfür einen möglichen Zinsschritt der Fed im Dezember, sowie das Gerücht, die EZB könnte ihr bis März 2017 laufendes QE-Programm mit geringeren Monatsraten als bisher fortsetzen. Wieder andere sehen einen Zusammenhang zu anhaltend dis-inflationärer Entwicklung.

Zu Jahresbeginn hatte der Preis des „Krisenmetalls“ in Dollar eine Rallye gestartet, die ihn von der Unterseite eines aus Mitte 2013 stammenden, abwärts gerichteten Kanals (dicke, dunkelblaue Linien) über dessen Oberseite bis auf über 1350 führte. Anfang Juli begann jedoch eine zunächst zögerliche Abwärtsbewegung. Vor einigen Tagen wurde der Support-Pegel bei rund 1310 mit hoher Dynamik gebrochen. Bei diesem Pegel liegt zugleich das 50er Retracement des Ende 2008 gestarteten Aufwärtsimpulses, der im August 2011 beim Rekordhoch bei 1900 endete (Chartquelle). Aktuell steht der Preis mit 1257 knapp über der Oberseite des Abwärtskanals.

 

 

Sollte die Oberseite des erwähnten Abwärtskanals nicht halten (gegenwärtig bei rund 1243), dürfte zunächst der Pegel bei 1200 ins Visier genommen werden. Darunter liegt bei rund 1170 das 62er Retracement des Aufwärtsimpulses. Hält auch dieser wichtige Punkt den Kursverfall nicht auf, dürfte die Unterseite des Abwärtskanals bei gegenwärtig 1020 relevant werden.

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MAI
16

Stromladung und Strompreiszone

US-Aktien wurden am Freitag stark verkauft. Der S&P 500 registrierte den größten Tagesverlust seit dem Brexit-Einbruch im Juni. Er schloss klar unter seiner 50-Tage-Linie, im Gegenzug schoss der VIX um nahezu 40% nach oben und überstieg klar die seine. Er hatte zuvor seit Anfang August die meiste Zeit unter dem Pegel von 12 zugebracht, es schien, die Volatilität sei durch eine stets präsente Fed eliminiert.

Aber solche extreme Phasen der Sorglosigkeit gehen in der Regel nicht langsam zu Ende, sondern mit einem Knall. Und dieser Volatilitätsausbruch war wie die Phase vorher – extrem.

 

Natürlich hatten die Medien gleich einen Grund für den Selloff parat, vielfach wurde der Atom-Test in Nord-Korea genannt. Als Anlass mag das ja durchgehen, aber ich vermute eher, die großen Akteure haben zunächst keine Chance mehr gesehen, die seit Wochen etablierte Handelsspanne zwischen 2157 und 2190 nach oben aufzuhebeln. Als sich dann die ersten zum Börsenausgang schlichen, wurde es dort plötzlich eng.

 

Gegenwärtig leben wir im zweitlängsten Bull-Markt der modernen Aktiengeschichte. Gleichzeitig leben wir in der längsten Nachkriegsperiode mit einem realen jährlichen BIP-Wachstum von 2,5% und darunter. Und noch ein Rekord: Die Renditen liegen auf historischen Tiefs.

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NOV.
09

NEU: EFQM Modell 2020 – Fokus auf die Zukunft (Teil 1)

NEU: EFQM Modell 2020 – Fokus auf die Zukunft (Teil 1)

Im August wurden in den USA weniger Arbeitsplätze neu geschaffen als erwartet. Zugleich wurde die entsprechende Zahl für Juli nach oben revidiert. Blickt man hinter die Kulissen, so bleibt das Bild der zurückliegenden Monate, wenn nicht Jahre erhalten: Es werden mehr Jobs in den unteren Gehaltssegmenten geschaffen als in den oberen.

In Zahlen: Der August brachte 151.000 neue Arbeitsplätze (im non-farm Bereich), erwartet wurden 180.000. Im Juli lag die Zahl mit 275.000 um 20.000 höher als zuvor gemeldet. 54% der für August gemeldeten neuen Jobs lagen unter dem mittleren Lohn (Median von 12 Gruppen insgesamt), 28% fielen in die Gruppe mit der niedrigsten Bezahlung. Restaurants und Bars stellten 34.000 Menschen neu ein, sie führen damit. In 2016 hat dieser Zweig bis jetzt 312.000 neue Arbeitsstellen geschaffen, die zur zweituntersten Lohngruppe gehören.

Der Zuwachs der neuen Stellen betrug im August im Jahresvergleich 1,74%. Das jüngste Maximum wurde im Februar 2015 mit +2,28% erreicht, dies war zugleich der höchste Zuwachs seit Mitte 2000. Seit diesem Gipfel nimmt das Momentum ab, seit Mai liegt die Entwicklung nicht mehr über dem Trend.

Aktien nahmen die Entwicklung positiv, weil damit nach Einschätzung großer Akteure die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im September wieder sinkt. Sie hatten einen Tag zuvor zunächst noch negativ auf den ISM-Index für August reagiert, der zum ersten Mal seit Februar wieder in die Kontraktionszone gerutscht war. Im weiteren Handelsverlauf waren die Tagestiefs dann gekauft worden, weil auch das die „Zinssorgen“ abmilderte.

Paul Winter, UBS, glaubt, wir nähern uns dem Ende des Kreditzyklus. Die Zuwachsraten der Unternehmenserträge sind flach, die Aktienbewertungen sind hoch, was angesichts der geringen Bond-Renditen bis zu einem gewissen Grad Sinn macht. Wenn die Ära von Überschussliquidität und billiger Verschuldung zu Ende geht, wird es für das Management von Unternehmen immer schwieriger, das Verlangen der Investoren nach Unternehmensgewinnen mit Krediten zu befriedigen. Der einfache Risiko-Aufschlag bei Aktien liegt bei 4,3% (Earnings Yield – Bond Yield), nach historischer Beziehung von Ertragswachstum, Volatilitäts-Differentialen und Risiko-Aufschlägen liegt der Wert aktuell aber eher bei 6%.

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JULI
17

Aus der Krise wachsen

US-Aktien haben neue Allzeithochs markiert. Der S&P 500 notiert mit 2162 gut 30 Punkte über seinem Rekord aus Mai 2015. Europäische Aktien hinken um Längen hinterher, der DAX steht noch 200 Punkte unter dem Stand vor dem Brexit-Referendum.

Den Bullen hilft in den USA, dass es zuletzt wieder einige besser als erwartete Makrodaten gab. So ist der Einzelhandelsumsatz in den USA im Juni deutlich stärker gestiegen als erwartet, die überraschend hohe Zahl neuer Jobs, die in der Vorwoche gemeldet wurde, wirkt ebenfalls noch nach. Zudem zeigten die Inflationsdaten für Juni keine negative Überraschung.

 

Die ersten Quartalszahlen für Q2 brachten positive Überraschungen. Man rechnet gegenwärtig nur noch mit –4,7% bei der Gewinnentwicklung im Jahresvergleich nach –5% vor einer Woche. Viele Beobachter gehen davon aus, dass hier der Boden der Entwicklung erreicht ist. Hoch bewertet bleiben Aktien dennoch.

 

Die Entwicklung im langfristigen Renditebereich zeigt mit abflachender Zinsstruktur und immer weiter abnehmendem Niveau ein unschönes Bild der vor uns liegenden Entwicklung. Mittlerweile büßen aber auch Zinsen durch die extreme manipulative Geldflut der Notenbanken an Indikatorfunktion ein. Hinzu kommen regulatorische Eingriffe, die etwa Versicherer und Pensionsfonds in sichere, langfristige Staatsanleihen zwingen. Das gilt auch für Banken, die an striktere Regeln zum Risikomanagement gebunden sind. Schließlich verzerren die Zentralbanken selbst die Zinsen mit ihren unelastischen Nachfrage im Rahmen ihrer QE-Kaufprogramme. Der Markt für Staatsanleihen dünnt aber auch von der Angebotsseite aus, weil Staaten auf die Schuldenbremse drücken. Das alles führt zu immer weiter sinkenden Zinsen und angesichts der deutlichen höheren US-Renditen zu besonders stark steigender Nachfrage nach Treasurys.

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MäRZ
24

Baugipfel am 23. März ohne endgültigem Ergebnis

Raus aus dem Euro – EZB vor massiver Geldflut?

Die US-Arbeitsmarktdaten für Juni lieferten eine faustdicke Überraschung – es wurden 287.000 neue Arbeitsstellen (non-Farm) geschaffen. Die Zahl für den Vormonat wurde weiter abwärts revidiert, aber alle Konjunkturoptimisten sehen sich nun in ihrer Annahme bestätigt, dass es sich bei den lediglich 11.000 neuen Jobs im Mai um einmaligen Ausreißer handelt.

Allerdings bleibt das jährliche Stellenwachstum mit 1,7% weiterhin deutlich unter dem jüngsten Maximum von 2,3% im Februar 2015, davor lag die höchste Steigerung mit 2,2% im März 2006. Die Auswertung der Dynamik der Entwicklung zeigte seit Okober 2014 eine Bewegung über dem Trend (rote Signalline), diese Phase der Beschleunigung endete jedoch im April.

Der S&P 500 attackierte nach Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten sein Allzeithoch vom Mai 2015 bei 2131, der Brexit-Einbruch ist damit mehr als ausgebügelt. Bei europäischen Aktien sieht das anders aus, so war der DAX von fast 10300 vor dem Brexit-Referendum bis unter 9300 abgestürzt. Aktuell notiert er erst wieder bei etwas über 9600. Nicht so der britische FTSE-100, der seine Brexit-Delle schon zehn Tage später wieder ausgebügelt hatte und aktuell fast vier Prozent höher notiert als vor dem Referendum.

Gleichzeitig melden die Renditen von länger laufenden Staatsanleihen historische Tiefstände. Zwar sind US-Treasurys besonders gesucht, werfen sie doch im internationalen Vergleich immer noch eine vergleichsweise hohe Verzinsung ab. Aber der Renditeverfall findet in vielen Ländern ähnlich statt. Dies weist darauf hin, dass viele Akteure geldpolitische Anreize der großen Zentralbanken erwarten. Die BoE hatte sich schon in dieser Richtung geäußert, die EZB und die BoJ könnten die nächsten sein. Zugleich hat sich die Wahrscheinlichkeit nach Fed Funds Futures für einen Zinsschritt der Fed in 2015 auf unter 24% ermäßigt, selbst bis Mitte 2017 ergibt sich nur ein Wert von rund 31%.

Auch die Zinsstruktur flacht immer weiter ab. Der nachfolgende Chart zeigt die Situation in den USA, aber Ähnliches gilt für viele andere Länder. Die deutsche Bund-Rendite und die Rendite für zehnjährige japanische Staatsanleihen stossen weiter in den negativen Bereich vor.

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JUNI
27

Alle Narren gleichzeitig losgelassen

Donald Trump und Brexit sind die Antwort an Washington und Brüssel, die wir lieber nicht gehört hätten.

Abraham Lincoln wird im Grab rotieren. Donald Trump tritt in seine Fußstapfen und ist Kandidat der Grand Old Party (GOP) für das mächtigste Amt der Welt. Wie hat es eine narzisstische Witzfigur soweit gebracht, fragen sich viele Amerikaner fassungslos und haben dabei etwas mit den Europäern gemeinsam, die schock starr sind, weil Großbritannien, das Gründungsmitglied, der Europäischen Union den Rücken gekehrt hat. Sie verstehen die Welt nicht mehr. Warum werden die Narren alle gleichzeitig losgelassen? Was ist los mit dem Zeitgeist, der radikal gedreht hat und urplötzlich in die falsche Richtung weht und dabei nationalistische, xenophobe, misogyne Töne in jeden Winkel trägt.

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MäRZ
19

So läuft das Business weiter

Nun haben die Befürworter eines Brexit die Mehrheit im gestrigen Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU errungen. Die Finanzmärkte wurden auf dem falschen Fuß erwischt – sie hatten seit einigen Tagen massiv darauf gewettet, dass das Land in der EU bleibt. Selbst die gewöhnlich gut informierten Akteure an den Forex-Märkten haben den Euro gegen Dollar sukzessive höher bewertet, das britische Pfund hatte deutliche Stärke aufgebaut.
Diese massive Schieflage wird nun rückabgewickelt, europäische Aktien sind stark unter Druck. Ebenso Euro und britisches Pfund, das heute Nacht zeitweilig auf ein 31-Jahres-Tief gegen Dollar fiel. Staatsanleihen sind stark gesucht, Gold ebenso.

So schief haben die Finanzmärkte vor wichtigen Ereignissen schon lange nicht mehr gelegen. Und das hat einen guten, nein, einen schlechten Grund. Die permanente Geldflut der Notenbanken hat die großen Akteure selbstzufrieden und sorglos werden lassen, genau wie Drogenabhängige, die mit dem nächsten „Schuss“ glücklich dahindämmern. Der „Disconnect“ an den Finanzmärkten zwischen Realität und Kursen kann kaum größer werden – die Notenbanken werden es schon richten, so stets die Erwartung. Die EZB hat erst vor einigen Tagen vom deutschen BVG einen Freibrief bekommen – und hat einen Tag später beschlossen, dass Griechen-Bonds nun wieder reguläre Sicherheiten sind zur Refinanzierung der Banken. Perverser geht es kaum.

Jetzt rennen die Berufspolitiker in Brüssel umeinander und schreien, England müsse bestraft werden. Den Briten müsse man in den Austrittsverhandlungen die rote Karte zeigen – Schluss mit Zugeständnissen. (Ich lach’ mich kapott…)

Wie ist jetzt der Gang der Dinge? Es werden Verhandlungen stattfinden, um die bestehenden Verträge rückabzuwickeln. Vorgesehen ist dafür eine Übergangszeit von (mindestens) zwei Jahren. Wer weiß, was in zwei Jahren ist – vielleicht beschließt dann ein neues britisches Parlament angesichts der Gefahr, dass sich Schottland und Nord-Irland von „Groß“-Britannien lossagen, das Gegenteil vom Ergebnis der heutigen Nacht. Merke: Die Mißachtung von Volksabstimmungen hat in Europa schon eine gewisse Tradition.

Selbst wenn das Brexit-Votum Bestand hat, bleibt es hinsichtlich der „Bestrafung“ beim Politiker-Geschwätz. Es ist ja kein großes Geheimnis, dass die deutsche Politik unter Merkels Führung in Europa die Interessen der deutschen exportorientierten Industrie und der einheimischen Banken vertritt. Und deren Interesse ist es mit Sicherheit nicht, hohe Handelshemmnisse in Richtung „Große Hallig“ aufzubauen. Natürlich hätte man nichts gegen solche in der umgekehrten Richtung, aber das wird nicht so einfach gehen. Also bleiben die Wirtschaftsbeziehungen im wesentlichen so, wie sie sind.

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OKT.
17

Virtuelle Nomaden: Neue Arbeitsmodelle und ihre Herausforderungen

Virtuelle Nomaden: Neue Arbeitsmodelle und ihre Herausforderungen

Schock! Die US-Wirtschaft schafft im Mai nur 38.000 neue Stellen, das ist der geringste Zuwachs in nahezu sechs Jahren. Für den Vormonat wurde die Zahl der neuen Jobs von 160.000 auf 123.000 revidiert. Gleichzeitig fällt die Arbeitslosenquote wundersamerweise von 5,0% auf 4,7%. Aktien reagierten mit deutlichen Verlusten, TBonds waren gesucht, der Dollar verlor an Wert.

Gold legte kräftig zu – das Edelmetall hatte sich in den vergangenen Tagen knapp über 1200 Dollar gehalten und damit die technischen Spielregeln befolgt. Die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt auf der nächsten FOMC-Sitzung am 14./15. Juni liegt nach Fed-Fund-Futures nun bei nur noch 6%. Angesichts der Abstimmung in Großbritannien über den Verbleib in der EU am 23. Juni war eine Zinserhöhung im Juni mit zuvor 21% schon nicht besonders wahrscheinlich.

 

Die Finanzmärkte hatten sich gerade erst an die Aussicht eines Zinsschritts noch vor der Zeit der Sommerferien gewöhnt, die Wahrscheinlichkeit hierfür lag am Vortag noch bei 58%. Aktuell ist sie auf 35% zurückgefallen. Beobachter meinten angesichts zuletzt partiell besserer Makrodaten, man könnte das als Vertrauensbeweis in die Wirtschaft werten und stellten die Gleichung auf: Gute Wirtschaft gleich steigende Zinsen gleich steigende Aktien.

 

Jetzt muss wieder umgedacht werden. Ob Aktien die Kraft haben, die vom Arbeitsmarktbericht ausgehenden schwächeren wirtschaftlichen Signale umzudeuten und erneut auf allein seeligmachende Liquidität zu setzen, muss sich angesichts des in die Jahre gekommenen Bull-Runs noch zeigen. Für einen Versuch in diese Richtung dürfte sprechen, dass sich der S&P 500 von seinen intraday-Verlusten erholte und knapp behauptet schloss. Gleichzeitig ist der VIX, das Angstbarometer der Wall Street, weiter gesunken – ein Zeichen trügerischer Sicherheit (s.u.!)?

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SEP.
12

Kryptowährungen: Vom Energiefresser zur energieschonenden Ressource?

Als gelernter Österreich ist man skeptisch, wenn nun zum gefühlten 25sten Mal der Neustart einer Regierung verkündet wird. Zu oft hat man erlebt, dass über die Ankündigung hinaus nicht viel passiert. Die über Jahrzehnte eingeübten Rituale des Machtpokers, der koalitionären Missgunst und der Klientelpolitik waren stärker als die guten Vorsätze. Dass diesmal ein anderer Regierungschef die alte Leier spielt, macht die Sache nicht zwangsläufig besser. Mit Ansagen allein ist es längst nicht mehr getan, wir wollen Taten sehen – und zwar rasch. Österreich braucht dringend Wirtschaftswachstum, das nur in einem völlig veränderten System entstehen kann. Die mit Jahresbeginn in Kraft getretene „größte Steuerreform aller Zeiten“ (Copyright Werner Faymann) ist verpufft und wird nur mehr mit der Registrierkassenpflicht verknüpft, die zum Symbol für eine Ordnung geworden ist, in der nur die Heerschar von Prüfern, Inspektoren, Polizisten und sonstigen berufsmäßigen Verhinderern wächst.Statt die heimischen Unternehmen in eine Zwangsjacke zu pressen, sollte man großzügige Freiräume schaffen, in denen etwas entstehen kann. Das Gegenteil von dem, was bisher gemacht wurde, ist angesagt. Dazu aber braucht es mehr als einen neuen Kanzler, es braucht eine gänzlich veränderte Kultur.

 

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APR.
26

BIM ist komplex ... und das ist gut so!

Die US-Arbeitsmarktdaten für März entsprachen im wesentlichen den Erwartungen. Es wurden 215.000 neue Jobs geschaffen. Das Bild der Qualität der Arbeitsstellen ist das gleiche wie seit geraumer Zeit – nur 11% wurden in Industriesegmenten geschaffen, die Mittelklasselöhne zahlen.

John Williams von ShadowStats.com schreibt, dass die neuen Jobs per Saldo im wesentlichen aus dem „Birth-Death“-Modell stammen. Diesem liegt die Annahme zugrunde, dass es eine bedeutende Anzahl von Stellen gibt, deren Zu- oder Abgang nicht gemeldet wird. Das Modell unterstellt, dass neue Start-ups aktuell 200.000 Arbeitsstellen mehr geschaffen haben als durch Geschäftsschließungen verloren gegangen sind.

 

Analysiert man die gemeldeten Zahlen, so ergibt sich, dass im Einzelhandel 47.000 Stellen geschaffen wurden. Healthcare und soziale Fürsorge erbrachten 44.000. Kellner und sonstige Bedienstete im Hotel- und Gaststättengewerbe kamen auf 24.800. In der Fertigung gingen hingegen 29.000 Arbeitsstellen verloren. Der Anteil der Teilzeit-Jobs steigt weiter an. Einen Überblick über das Gehaltsniveau der neuen Stellen gibt der folgende Chart (Chartquelle)

 

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NOV.
08

USA: Der Verlierer ist….

Wäre Europa ein Patient im medizinischen Sinne, stünde es nicht sehr gut um ihn. Geschwächt von vielen Krankheiten und Radikalbehandlungen in den letzten Jahren, wenig Rückhalt in der Familie vulgo der Bevölkerung und das Organ Eurozone ist seit Jahren nur am Leben, weil die EZB es so will. Herr Doktor: Wie ernst ist es?

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JäN.
31

Aktien feiern schwaches US-BIP

Das US-BIP ist im vierten Quartal 2015 gemäß erster Schätzung lediglich um 0,7% gewachsen. Im Vorquartal war noch eine Steigerung um 2,0% gemeldet worden. Im ersten Quartal 2015 war das BIP um 0,6% gestiegen. Die Wachstumsabschwächung zog sich im zurückliegenden Vierteljahr durch alle Hauptkomponenten der BIP-Berechnung.

Die Zusammensetzung des BIP ergibt sich wie folgt (Quelle):

 

 

Der private Konsum (C) war mit einem Wachstumsbeitrag von 1,46% zwar noch ein Lichtblick, aber seine jährliche Steigerungsrate nahm von 3,2% im dritten Quartal auf jetzt 2,2% ab. Das verfügbare Einkommen stieg im Jahresvergleich um lediglich 3,3% (Vorquartal 5,1%).

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JäN.
21

Der Dominoeffekt

Dass Domino ein Spiel ist und daher auch mit vielen Risiken verbunden ist, sollte eigentlich den Spielern, vor allem wenn sie noch sehr jung sind, bewusst sein. Nun wenn es sich aber um ein Spiel mit Unterhaltungswert handelt, sind diese Risiken auf das Spiel beschränkt und der Einsatz von Menschenleben kommt nicht zum Tragen. Wenn man sich aber dieses Spieles auf der politischen Ebene bedient, dann darf man nicht vergessen dass es sich dann nicht mehr um ein Spiel, sondern um beinharte Realität handelt.

Nun hat sich die österreichische Politik dieses Dominospieles bedient. Scheinbar haben aber die Verantwortlichen dieser Entscheidung die Eigenheit des Spiels nicht berücksichtigt. Denn primär geht es ja darum, einen Stein nach dem anderen passend zu legen. Übersetzt heißt das, das Gesetz des Handelns obliegt dem Spieler, Schritt für Schritt vorzugehen. Der gewünschte Dominoeffekt ist aber ein eher unkontrollierter Vorgang mit unsicherem Ausgang.

Der angestrebte Dominoeffekt erfolgt aber grundsätzlich nur linear. Auswirkungen auf die seitliche Umgebung sind eher zufällig und nicht zwingend vorhanden. Was bedeutet dies für die Situation im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen und den gewünschten Einfluss auf die Europäische Union? Schließt man die Grenzen, wie ja bereits in Nordeuropa begonnen, nun auch hier in Österreich, so ergibt sich natürlich eine lineare Auswirkung auf die Länder am Balkan und dann natürlich auf Griechenland. Wir schieben das Problem vor uns her und lösen es nicht. Die übrigen Mitgliedsländer der EU „lachen sich dabei ins Fäustchen“, denn das Ganze geht an ihnen spurlos vorüber.

Warum sollen sie plötzlich ihre Solidarität unter Beweis stellen? Es betrifft sie ja nicht, sie haben dank der nationalistischen Regierungen ohnedies ihre Länder für Flüchtlinge unattraktiv gemacht. Sanktionen dafür gibt es nicht und warum soll sich das jetzt ändern? Im Gegenteil, die auch in Österreich vorhandenen Rechtspopulisten sind dadurch nur gestärkt worden. Sie können darauf verweisen, dass sie ja schon immer diese Einschränkung der Menschenrechte gefordert haben und jetzt in ihren Aussagen bestätigt wurden.

Wenn wir uns an die Wiedervereinigung Deutschlands erinnern, gab es den Begriff der „Wendehälse“. Nun wir haben eine Neuauflage dieser Aussage. Sie zeigt aber auch auf, wie schwach unsere politisch Verantwortlichen heute sind. Einfache Lösungen sind bevorzugt, Schwierigkeiten aus dem Weg gehen ist das Ziel. Der einzige Vorteil liegt darin, dass man die eigene Position, den vermeintlichen Machteinfluss erhalten kann. Monatelang hat man nur über die Probleme, die Schwierigkeiten geredet. Lösungen wurden hinausgeschoben. Dies in der Hoffnung, dass sich alles von selbst löst.

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APR.
27

Was die Flexibilisierung der Arbeitswelt für Kanzleien bedeutet

Aktien haben das Jahr miserabel begonnen – bisher wurde jede Erholungsbewegung rasch wieder abverkauft. Die Stimmung ist schlecht, die Tiefs aus August und September 2015 sind nahe. Jetzt kommt es im Sinne der Bullen darauf an, dass etwa im DAX der Pegel bei 9340 hält. Dem entspricht im S&P 500 die Zone bei 1870, die am Freitag intraday untersc...

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APR.
22

Auszeichnung der besten Ideen und Persönlichkeiten: Champions und Talente im Qualitätsmanagement gesucht

Der Philosoph George Santayana sagte einmal: “Die, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen”. Karl Marx meinte in Bezug auf ein Wort von Hegel, Geschichte wiederhole sich – das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. In der Eurozone wird seit einigen Jahren ein Stück aufgeführt, das es schon einm...

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SEP.
14

Ganzjährig reif zur Ernte

Ganzjährig reif zur Ernte

Der DAX glänzt seit dem Einbruch der weltweiten Aktienkurse Ende August wieder durch klare Outperformance gegenüber dem S&P 500. Dies dürfte einerseits damit zusammenhängen, dass die exportorientierte Wirtschaft in Deutschland weiterhin besonders von der anhaltenden Schwäche des Euro profitiert. Andererseits drückt ein gleichzeitig erstarkender Dollar die in US-Währung notierten Rohstoffpreise. Eine nachlassende Nachfrage (z.B. aus China) wirkt in die gleiche Richtung.

Sinkende Rohstoffpreise wirken sich für die deutsche Wirtschaft zunächst positiv aus, sie lassen die Unternehmensgewinne steigen und das treibt die Aktienkurse. In den vergangenen Jahren sind die Emerging Markets immer noch deutlich schneller gewachsen als die industriealisierten Länder. Die Wirtschaftskraft dieser „Kunden“ deutscher Produkte ist jedoch in besonderem Maße von den Preisen der Rohstoffe abhängig, die sie exportieren. Wenn sie wegen der immer weiter sinkenden Rohstoffpreise in eine Krise abrutschen, tangiert das die deutsche Wirtschaft wegen ihrer Exportabhängigkeit. Dies scheint zwar noch nicht der Fall zu sein, aber im Zusammenhang mit der Änderung der Zinspolitik in den USA rückt diese Möglichkeit etwas näher heran.

 

Zunächst wird an den Finanzmärkten also noch die Karte gespielt, dass sinkende Rohstoffpreise gut sind für die Aktienkurse, inbesondere in Deutschland. Wie lange noch?

 

Konzentrieren wir uns auf einige ausgewählte Rohstoffpreise.

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OKT.
23

Bremsen? Absurd!

Rund um die Budgetrede des Finanzministers ist eines wieder klar geworden: In Österreich ziehen Bund und Länder an einem Strang – nur in verschiedene Richtungen. Die Idee Schellings, eine Abgabenbremse einzuführen, hat ja einiges für sich. Den Bürgern reicht’s nämlich längst, sie wollen nicht länger jede Schnapsidee irgendeines Provinzpolitikers finanzieren müssen. Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka aus Niederösterreich aber versieht den Vorschlag seines Parteifreundes mit dem Prädikat »absurd«. Musiklehrer Sobotka, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt als glückloser Spekulant mit Wohnbaugeldern, stellt sich damit an die Spitze der Länderfront, die weiterhin das Monopol aufs Geldausgeben erhalten will.

Das wirft ein Schlaglicht auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen. Da wird mit harten Bandagen gekämpft und man darf gespannt sein, ob es tatsächlich zu einer Neuausrichtung kommt und ob es Schelling mit seiner Reverenzerweisung an die Steuerzahler, die er zu Beginn seiner Budgetrede gemacht hat, ernst meint. Sie sind es, die das ganze Werkl finanzieren – und mit ihrem Geld sollte sparsam umgegangen werden.

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