Die kurze Antwort ist: ja, aber es bedarf einer differenzierten Betrachtung.

Ich werde Ihnen etwas von der Joblandschaft für über 50-Jährige erzählen. Immerhin betreue ich bereits über 25 Jahre Ältere, qualifizierte Angestellte und Manager, einen neuen Job zu finden, die aus den verschiedensten Gründen ihren Job verloren haben. Über diese Problematik habe ich auch meinen eigenen Berufseinstieg im Jahr 1989 gefunden – als ich als Personalleiter bei Eternit den Abbau von über 500 Mitarbeitern abzuwickeln hatte und Fabriken und Büros geschlossen wurden. Der Fehler lag in der falschen Einschätzung des Materials Asbest, weniger der Marke Eternit, denn die hat überlebt.

Ich entdeckte 1989, dass es kaum entsprechende Vorgangsweisen gab, die eine berufliche Neuorientierung in relativ kurzer Zeit ermöglichten. Wenige Unternehmen konnten sich eine organisierte Umschulung leisten (wie etwa die Voest, die fast im gleichen Jahr die Stahlstiftung gründete). Der Fokus lag auf Sozialplänen, die später durch Stiftungen unterstützt wurden.

Im Einzelfall gab es Outplacement, ein Personalentwicklungs-Instrument das über England aus den USA kam und hier erstmal Fuß gefasst hatte. Heute gibt es inzwischen zirka zwanzig auf diese Dienstleistung spezialisierte Unternehmen und nochmals doppelt so viele Personalberater, die Outplacement Counseling (OPC) anbieten. OPC und Personalvermittlung sind allerdings nicht kompatibel, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. Die relativ rasche Verbreitung hat jedenfalls gezeigt, dass dafür ein Markt vorhanden ist, obgleich gerade das österreichische Arbeits- bzw. Kündigungsrecht umfassende Bestimmungen und Leistungen zugunsten Gekündigter kennt – aber auch diese sind durch die Beseitigung des alten Abfertigungsrechtes und anderer rechtlicher Bestimmungen nicht mehr so arbeitnehmerfreundlich.

Was tut nun ein gekündigter Manager mit 52 oder 58 Jahren, der sich einen Totalausstieg aus der Arbeitswelt nicht leisten kann? Und der nicht wie früher unter das SUG (Sonderunterstützungsgesetz) gefallen ist, wo man sich mit 58 in die Pension retten konnte und es sogar innerbetriebliche Überbrückungshilfen gegeben hat?

Viele der Mitarbeiter ebenso wie Manager trifft eine Kündigung überraschend, weil es meist keine Vorbereitungszeit gibt. Viele können sich nicht vorstellen, dass sie trotz all ihrer wertvollen Beiträge, ihres außergewöhnlichen Engagements, ihrer besonderen Loyalität plötzlich den blauen Brief erhalten – die kühle Mitteilung, nicht mehr gebraucht zu werden.

Es gibt Job-Perspektiven, aber der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt
Auf dem Jobmarkt hat es in den vergangenen Jahren mehrere, verschiedene Bewegungen gegeben: Dienstverhältnisse dauern nicht mehr so lange, sie haben sich auf eine Durchschnittsdauer von 438 Tagen reduziert (Anm. der Red. "Arbeitsmarktmonitoring 2004", BMWA) – wobei die Dynamik im der freien Wirtschaft nochmals höher ist, da in der Statistik auch die Beamten inkludiert sind.

Auch eine Verschiebung von Alt zu Jung ist zu bemerken. Mitarbeiter scheiden nun auch vor dem regulären Pensionsantrittsalter aus dem Arbeitsleben aus. Gleichzeitig ist der hohe Sockel von Altersarbeitslosen auf diese Tatsache zurückzuführen, da nicht mehr der Korridor in eine Berufsunfähigkeitspension so offen ist. In der Praxis der Neuorientierung kommen noch andere Hindernisse hinzu, die einmal in der Alterskultur der Unternehmen liegen, worin Ältere schwierig zu integrieren sind, in den Vorbehalten hinsichtlich IT-Affinität und -Kompetenz, aber auch in den gehaltlichen Forderungen. Man möchte einfach die Personalkosten gering halten.

Was kann man nun tun, wenn man in eine solche Situation kommt und sich um eine neue Beschäftigung bemühen muss? Zunächst darf man nicht den Mut und die Zuversicht verlieren, da es fast immer eine Tätigkeit gibt, die man ausüben kann, auch wenn es bedeutet etwas an Einkommen einzubüßen und bezüglich den Aufgaben gewisse Kompromisse einzugehen. Einmal ist es nur natürlich, dass der Wert für ein Unternehmen sich nicht logisch aus dem alten Gehalt ableiten lässt, sondern erst über die künftig zu erbringende Leistung zu bestimmen sein wird, wobei auch für einen älteren, durchaus qualifizierten Mitarbeiter eine entsprechende, wenn auch vielleicht verkürzte Einarbeitungszeit zu veranschlagen ist.

Eine der ersten Aufgaben ist es, sich den eigenen Arbeitsmarkt anzusehen, die Situation, in der man sich aktuell befindet. Ist nur der eigene Arbeitsplatz weggefallen? Ist die gesamte Branche betroffen, handelt es sich um einen strukturellen oder konjunkturellen Einbruch? Was sind die Ursachen für den Verlust? Ist man selbst daran schuld? Gerade hier hilft es, wenn man einen Arbeitsmarktexperten befragt, der einem davor bewahren kann, sich zu schnell die Schuld zu geben. Denn oft wird dem Gekündigten nicht die volle Wahrheit gesagt. Seht oft liegt es in versäumten Maßnahmen, in Einflüssen von außen. Oft sind es Kostenreduktionen, die getätigt werden, um andere Ziele zu erreichen. Also Bauernopfer oft gutbezahlter Mitarbeiter.

Das Naheliegendste wäre, die gleiche Tätigkeit in einem anderen Unternehmen, vielleicht sogar in einer anderen Branche fort zu setzen. Wenn diese Zielsetzung nicht auf fruchtbaren Boden fällt, sollte man jene Fähigkeiten herausfiltern, die auch für die Bewältigung anderer Aufgaben gut einsetzbar ist. Auch die Ausdehnung des Aktionsradius ist eine plausible Strategie, die natürlich auch Grenzen bei Transportkosten und Wegzeiten hat. Nur durch eine intensive Beschäftigung mit verwandten Berufsbildern und interessanten Aufgabenstellungen, die gleiche oder ähnliche Fähigkeiten erfordern, führt zu neuen Beschäftigungen. Sie soll gleichzeitig Stärken und Schwächen aufzeigen, die meist nur in der konkreten Bearbeitung zu Tage treten, weshalb Probezeiten, Schnuppertage und direkte Beschäftigung mit den Problemen sehr hilfreich sein können. Das sollte möglichst frühzeitig zu einer Einschränkung auf zu präferierende Tätigkeiten führen.

Eine Potenzialanalyse, Selbstbild-, Fremdbildeinschätzungen können weitere Hilfen sein, die eigenen Stärken besser kennen zu lernen bzw. neue zu entdecken. Es ist eine Tatsache, dass nur etwa 20 Prozent des Potenzials bei der eigenen Tätigkeit eingesetzt wird. Das sollte einem bei den Überlegungen neue Aufgaben zu entdecken Auftrieb geben.

Die Suche nach einem neuen beruflichen Ufer beginnt mit einer Selbstreflexion, einer sicherlich nicht einfachen gedanklichen Übung, die sich auf die Beantwortung der Frage konzentriert: Wer bin ich? Die Frage inkludiert, die bisherige Lebensweise zu analysieren, die Ereignisse und Erkenntnisse des eigenen Lebens zu bewerten, zu beschreiben, zu spüren und in ein Bild einzuordnen. Danach kommt eben die Detailfrage: Was habe ich bisher gemacht? Danach die Frage, warum ich es nicht mehr mache.
 
Gerade für Ältere bildet an dieser Stelle auch die Nutzung eines persönlichen Netzwerkes und Feedbacks besondere Chancen. Denn jeder spiegelt seine Wertehierarchie wider, aber auch seine Ideen und Möglichkeiten, sich gegenseitig zu unterstützen. Das persönliche Netzwerk bildet eine mögliche Kontrolle und kritische Rückmeldung zu eigenen Gedanken und Ideen mit der Einschränkung, die sich durch eine widersprüchliche Interessenslage ergeben könnte.

Heutzutage geht es relativ rasch. sich Grundwissen über eine neue Materie anzueignen - um eine Entscheidung zu treffen, wie realisierbare Chancen für eine Kommerzialisierung bestehen. Wenn es schon bestehende Beispiele und erfolgreiche Praxisberichte über neue Geschäftsmodelle, Produkte wie Dienstleistungen gibt, so reduziert sich das Risiko, als Pionier einen Markt dafür aufzubauen.

Gerade die oben erwähnte Selbstreflexion beinhaltet folgende Fragen: Was interessiert mich? Bin ich ein neugieriger, vielleicht sogar wissensdurstiger Mensch? Was fällt mir auf? Wie sehr und wie oft fallen mir Veränderungen auf? Bin ich ein Entdecker, vielleicht sogar ein Forscher und Abenteurer? All diese Fragen können mich in eine neue Arbeitswelt führen. Zu Themen, die es professionell zu bearbeiten gilt und die auch zu neuen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle führen können. Welche Erfindungen gibt es, die man noch vermarkten könnte?