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Es geht nur  gemeinsam
Auch wenn die Sichtweisen unterschiedlich sind, hat sich im Gespräch von Elmar Hagmann, Sedlak Bau, und Manfred Schreiner, VÖTB, gezeigt, dass es viele Überschneidungen gibt und man nur gemeinsam gute Projekte realisieren kann.

In der Juniausgabe des Bau & Immobilien Report hat eine Umfrage unter Architekten, Bauunternehmen und Bauträgern über das Image des Trockenbaus für viel Aufregung in der Trockenbaubranche gesorgt.  Die Antworten auf die (zugegebenermaßen pointiert formulierten) Fragen brachten durchaus kritische Worte. Mit Elmar Hagmann, Geschäftsführer Sedlak Bau, haben wir einen der Umfrageteilnehmer mit Manfred Schreiner, Präsident des Verbands Österreichischer Stuckateur- und Trockenbauunternehmungen (VÖTB), an einen Tisch gebracht, um miteinander über die verschiedenen Sichtweisen zu sprechen. 

Report: Herr Hagmann, Sie haben sich im Rahmen der Umfrage des Bau & Immobilien Report durchaus kritisch gegenüber einzelnen Aspekten des Trockenbaus geäußert. Vor allem was die Qualität der Verarbeitung bzw. der Verarbeiter betrifft. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte? Was läuft aus Ihrer Sicht falsch?

Elmar Hagmann: Ich versuche meine Kritik an ein paar Beispielen festzumachen. Wir beauftragen als Generalunternehmer regelmäßig Trockenbauunternehmen.

Da sind viele gute Betriebe dabei und unsere Poliere wissen auch schon genau, worauf sie achten müssen, um zu wissen, ob die betreffenden Personen gut geschult sind.Wie sieht der Schuh oberhalb der Zarge aus?
Werden Öffnungen gestanzt oder geschraubt? Sind die Profile mit Linsenkopfschrauben ineinander verschachtelt oder sind die auch gestanzt?

Anhand einiger einfacher Ausführungsdetails kann man gut die Qualität der Arbeit erkennen. Die ist nicht immer sehr hoch. Dazu kommt das Problem der Subvergaben. Wir haben Baustellen, wo in einem Geschoß die Trockenbauarbeiten hervorragend sind und im nächsten sind sie zum Vergessen.

Das meine ich mit Verarbeitungsqualität. Das ist kein Hightech, das könnte sich schon herumgesprochen haben, wie eine gute Verarbeitung aussehen könnte.
Da rede ich noch gar nicht von Kühldecken sondern von einfachen Ständerwänden und Vorsatzschalen.

Mittlerweile versuchen wir eine entsprechende Qualitätssicherung zu machen. Wir haben Sachverständige, die mit dem Ausführenden eine Referenzstrecke errichten. Die wird dann korrigiert und auf dieser Basis wird der Rest gebaut.

Wenn die Leute auf der Baustelle bleiben, funktioniert das. Wenn sie wechseln, haben wir ein Problem.

Report: Unterscheidet sich der Trockenbau dabei von anderen Gewerken?

Hagmann: Nicht so sehr, es ist ein allgemeines Problem.

Beim Trockenbau sind Mängel, anders als etwa in der Haustechnik, aber schneller zu sehen. Das ist sehr transparent. Das ist gut, weil man Fehler schnell sieht, führt aber dazu, dass man dem Gewerk gegenüber vielleicht eine Spur kritischer ist.

Report: Herr Schreiner, der Verband der Österreichischen Stuckateur- und Trockenbauunternehmungen hat das Ziel, die Qualität im österreichischen Trockenbaugewerbe zu heben. Können Sie die Kritik nachvollziehen – zumindest teilweise?

Manfred Schreiner: Ich verstehe, was er meint. Die Kritik ist mir auch nicht unbekannt.
Wir im Baunebengewerbe leiden aber alle an dem Problem der nicht auskömmlichen Preise. Früher, als die Preise noch anders waren, hat man viel mit Eigenpersonal gearbeitet, da war auch die Qualität besser.

Heute sind die Preise am Boden und die Zeitpläne knapper. Das schafft man nur noch mit Subunternehmen. Das ist im gesamten Baunebengewerbe so. Diese Subunternehmen bringen aber nicht immer die Qualität mit, die wir und der Bauherr verlangen.

Wir haben vor einigen Jahren in Graz geschafft, dass der Trockenbau im Krankenhausbau Einzug hält.
Genommen wurde dann aber der billigste Anbieter, der mit Sub- und Sub-Sub-Unternehmen gearbeitet hat. Das Ergebnis war eine Vielzahl von Mängeln und das vorläufige Ende des Trockenbaus in Krankenhäusern.

Der Weg zurück war sehr mühsam. Heute ist der Trockenbau in vielen Bereichen fest verankert, Trockenbausysteme kommen fast überall zum Einsatz.

Und ich spreche bewusst von Systemen. Denn wenn man die Einzelkomponenten zukauft, steigt auch die Fehleranfälligkeit.

Thema: niedrige Preise 

Report: Aber es kann ja auch nicht die Lösung sein, mit nicht auskömmlichen Preisen zu arbeiten und dann entsprechend mindere Qualität abzuliefern, die keinen der Beteiligten zufriedenstellt?

Schreiner: Es ist ein schmaler Grat, welchen Preis man noch akzeptiert und welchen nicht.

Hagmann: Das lasse ich nur bedingt gelten. Der Baukunde hat nämlich gelernt, dass er, auch wenn er mehr zahlt, nicht zwingend eine bessere Qualität bekommt. Das gilt nicht nur für den Trockenbau, das ist eines unserer Grundprobleme.

Wenn ein Kunde bereit ist, für ein Premium-Auto tiefer in die Tasche zu greifen, weiß er, dass er eine entsprechende, bessere Qualität bekommt.


»Aufgrund der vielen Subvergaben bedeutet ein höherer Preis für den Bauherrn nicht zwingend bessere Qualität. Das ist anders als etwa in der Autobranche und eines der Grundprobleme der Bauwirtschaft«, sagt Elmar Hagmann.

Das schaffen wir am Bau leider nicht, denn selbst wenn der Bauherr für mehr Qualität zahlen will, ist er nicht davor gefeit, dass Subunternehmer beauftragt werden. Wir können ein mit dem Preis korrelierendes Qualitätsversprechen nicht halten.

Wir sind als Bauwirtschaft enorm fehleranfällig, wir haben keine Prozesssicherheit. Auch die örtliche Bauaufsicht ist zu einem Bausekretariat regrediert, das einmal in der Woche vorbeischaut und ein Protokoll erstellt.

Da bräuchten wir ein modernes Qualitätsmanagement- und -sicherungssystem, das wir gemeinsam betreiben – vom Auftraggeber über das Bauunternehmen bis zum Sondergewerk. Dafür gibt es Programme und Methoden.

Schreiner: Wir brauchen kompetente Kontrolle. Die ÖBA ist derzeit mit den vielen komplexen Systemen, die es heute in allen Gewerken gibt, schlicht und einfach überfordert. Anforderungen und Ausbildung der ÖBA waren früher einfach anders.
Heute braucht man fast für jedes Gewerk einen Spezialisten.

Hagmann: Ich glaube nicht, dass wir Kontrollmechanismen brauchen. Kontrollmechanismen versagen, egal wo man hinschaut. Wir brauchen ein gemeinsames Qualitätsbewusstsein und -verständnis. Das gilt auch für die Mitarbeiter. Hinschauen statt wegschauen. So bekommen wir Glaubwürdigkeit.

Report: Wenn Generalunternehmer und Bauherrn bereit sein, für Qualität mehr zu zahlen, wäre das nicht für den einen oder anderen Betrieb eine interessante Nische?

Schreiner: Wir versuchen immer, Qualität zu liefern. Dass die Kunden tatsächlich bereit sind, mehr zu zahlen, habe ich bislang noch nicht erlebt. Was ich als Betrieb aber anbieten kann, ist, dass ich in einem geprüften System arbeite.
Damit geht auch ein Qualitätsversprechen einher, das gehalten wird.

Aber natürlich gibt es auch Betriebe, die nicht so arbeiten, die immer noch so arbeiten wie vor 20 Jahren. Das führt oft zu Mängeln. Bei Wärmedämmverbundsystemen ist es ähnlich. Da gibt es geprüfte Systeme, die vom Kunden auch verlangt werden.

Hagmann: Wahrscheinlich würden wir aktuell tatsächlich nicht mehr bezahlen, weil wir nicht an das Qualitätsversprechen glauben. Bei den Fassaden ist es aber tatsächlich noch schwieriger.

Den Trockenbau halte ich bei den Systemen für technisch sehr ausgereift und vielfältig. Wenn man einige zentrale Punkte beachtet, lassen sich Trockenbauwände deutlich einfacher herstellen als eine Vollwärmeschutzfassade.

Thema: Misstrauen vs. Vertrauen 

Report: Was ich hier schon heraushöre, ist so ein wenig das grundsätzliche Problem der Bauwirtschaft: das gegenseitige Misstrauen.
Die einen glauben nicht an das Qualitätsversprechen, die anderen nicht an die Bereitschaft, mehr zu zahlen.

Es gibt in den letzten Jahren einige Bestrebungen, dieses von Misstrauen geprägte System zu ändern. Etwa durch alternative Vertragsmodelle, BIM oder Lean Construction, wo das Gemeinsame im Vordergrund steht.
Muss man hier den Hebel ansetzen, dass sich alle auf Augenhöhe begegnen?

Schreiner: Das größte Problem für uns ist die Planung. Das wird auch immer krasser. Da fehlt einfach die Detailtiefe.

Andererseits sollen wir auf der Baustelle Qualität liefern. Das bedeutet laufende Improvisation. Das liegt teilweise auch am Bauherrn, der nicht weiß, was er will. Wir reden von BIM und Lean, aber eine fertige Planung ist die Voraussetzung.

»Wir sind oft mit unvollständigen oder unrichtigen Planungen konfrontiert und müssen die Probleme dann auf der Baustelle lösen. Wenn ich ständig improvisieren muss, ist es aber nur sehr schwer möglich, konstant hohe Qualität abzuliefern«, sagt Manfred Schreiner.


Hagmann: Nach meiner Wahrnehmung ist der Baumarkt in Österreich in den letzten zwei Jahrzehnten ein klassischer Käufermarkt mit einem enormen Wettbewerb und niedrigen Preisen. Damit entsteht ein Machtgefälle. Das Risiko trägt fast ausschließlich der Werkunternehmer.

Dazu kommt, dass viel Geld im System ist und die Eintrittsbarriere, um Baumeister zu sein, niedrig ist. Das wiederum führt zu dem aktuellen Preisgefüge und einem gewissen Misstrauen, weil es eben auch viele Betriebe gibt, die nicht über ausreichendes Know-how verfügen.

Alternative Vertragsmodelle können dieses Machtgefälle etwas auflösen. Dazu kommt, dass der Markt nicht mehr ein so ausgeprägter Käufermarkt ist. Nicht mehr jedes Projekt kommt automatisch in die Umsetzung. Es besteht jetzt die Chance, partnerschaftliche Modelle umzusetzen, die auf Vertrauen basieren.

Das müssen wir aber erst lernen, denn bislang hatten beide Seiten das Gefühl, nur auf den eigenen Vorteil schauen zu können, wenn man halbwegs reüssieren will. Das führt zu Claim und Anti-Claim, was unglaublich viel Geld und Ressourcen kostet und vor allem Anwälte freut. Deshalb ist es gut, dass es diese neue Methoden gibt.

Lean Construction und das Last-Planner-System sind in erster Linie ein soziales Projekt und kein komplexes technisches Verfahren. Aber es schwört alle Beteiligten auf eine Richtung und Sichtweise ein.

Ich teile aber Herrn Schreiners Einschätzung, dass die Planung schwächer wird. Da fehlt oft auch das Know-how für das Detail, wenn ich mir die Vielzahl an Regularien ansehe. Das können viele einfach nicht. Die Detailplanung fehlt.

Report: Sind wir damit nicht wieder beim Thema BIM?

Hagmann: Aus meiner Sicht ist in den letzten Jahren eine ziemliche BIM-Ernüchterung eingekehrt. Jeder macht sein eigenes BIM, weil die Schnittstellenthematik nicht gelöst ist. Auch die Planungstiefe, die wir tatsächlich brauchen würden, werden wir nicht schaffen. Das will und wird auch kaum jemand bezahlen wollen.

Thema: Kollaboration

Report: Wo müsste man Ihrer Meinung nach den Hebel ansetzen?

Hagmann: Man muss die Beteiligten im Sinne des Last-Planner-Ansatzes an einen Tisch bringen. Die, die ausführen, sollen auch gemeinsam planen. Die wissen am besten, was funktioniert und was nicht.

Schreiner: Dem kann ich nur zustimmen. Wir sind oft mit unvollständigen oder unrichtigen Planungen konfrontiert und müssen die Probleme dann auf der Baustelle lösen.
Wenn ich ständig improvisieren muss, ist es aber nur sehr schwer möglich, konstant hohe Qualität abzuliefern. Die Architekten verabsäumen es heute, in der Planung die Fachfirmen hinzuzuziehen. Das war früher Standard.

Hagmann: Absolut richtig. Ich denke auch, dass Einzelvergaben mehr und mehr an Bedeutung verlieren werden. Es geht um Kollaboration. Wir werden in Teams arbeiten müssen, alleine geht das alles gar nicht mehr.

Auch die ÖBA kann nicht einer alleine machen. Wir bei Sedlak beschäftigen eine Architektin, die nichts anderes macht, als Pläne auf ihre Plausibilität zu prüfen. Denn wie Herr Schreiner sagt, die ständige Improvisation auf Baustellen ist eine enorme Fehlerquelle. Aber die Information muss vollständig im Plan sein.


Manfred Schreiner, VÖTB, und Elmar Hagmann, Geschäftsführer Sedlak Bau, im gemeinsamen konstruktiven Gespräch.

Report: Wie gut funktioniert diese Kollaboration, der Last-Planner-Ansatz und Lean Construction, in der Praxis?

Hagmann: Wir machen das jetzt seit ein paar Jahren und sind sehr zufrieden. Das gilt auch für diejenigen, die anfangs noch widerständig sind.

Im Endeffekt profitieren alle, denn wir tun nichts anderes als in kurzen Besprechungen gemeinsam den ungestörten Bauablauf zu planen. Besprochen wird dabei nur, was alle betrifft, denn sonst schwindet die Aufmerksamkeit und man kann es vergessen.

Es wird geprüft, ob die vereinbarten Arbeitsschritte erfüllt sind und was die Gründe für die Nichterfüllung sind. Das reicht von falscher Planung bis zu fehlenden Ressourcen. Das wird alles statistisch festgehalten und hilft uns bei späteren Projekten.

Wir bekommen auch das Feedback von Unternehmen, die uns sagen, dass sie mit einem sehr sportlichen Preis in ein Projekt gegangen sind, aufgrund der effizienten Abwicklung aber trotzdem gut daran verdienen konnten.

Aber das bedeutet natürlich viel Vorbereitung, auch für die einzelnen Gewerke, die sich schon im Vorfeld einbringen müssen.

Report: Herr Schreiner, eine vorstellbare Methode für Sie?

Schreiner: Auf jeden Fall. Für einen ungestörten Bauablauf ist es enorm wichtig, dass man sich im Vorfeld zusammensetzt und die fertige Planung bespricht. Und natürlich ist es wenig sinnvoll, wenn unsere Leute bei ewig langen Baubesprechungen sitzen, die sie gar nicht betreffen.

Ich sehe schon an der geplanten Dauer einer Baubesprechung, ob jemand sein Handwerk versteht oder nicht.
Besprochen werden sollen nur noch die Schnittstellenthematiken.
Damit kann man viele Probleme schon im Vorfeld lösen und die Qualität des Gesamtprojekts steigt.

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