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Wie fehlende Kapazitäten der Bauwirtschaft die Sanierung hemmen

Die Diskussion um die lange geforderte aber bislang erfolglose Erhöhung der Sanierungsrate auf 3 % ist um eine Facette reicher. Neben dem zu gering ausgeprägten politischen und gesellschaftlichen Willen und den fehlenden finanziellen Ressourcen sind laut einer aktuellen Studie des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen die Kapazitäten der Bauwirtschaft eine zusätzliche Hürde. 

Die Bauwirtschaft kommt bislang gut durch die Krise. Das Produktionsvolumen ist nur geringfügig auf rund 40 Mrd. € gesunken. Davon entfällt etwa ein Viertel auf die Sanierung im Hochbau. »Zur Erreichung der Klimaziele müsste die Sanierungsrate von derzeit rund 1,5 % auf 3 % erhöht werden«, erklärt Studienautor Wolfgang Amann. Dafür müsste laut Studie das Produktionsvolumen in der Hochbau-Sanierung von 10 Mrd. € auf rund 16 Mrd. € erhöht werden. Das bedeutet für diesen Sektor jährliche Steigerungen um bis zu 15 %.

Die Ausweitung der Kapazitäten der Bauwirtschaft stößt laut Amann allerdings auf wesentliche Barrieren. »Schon jetzt bestehen Engpässe bei Bauprodukten wie Stahl, Holz oder Kunststoff sowie bei Lieferketten und Logistik.« Hinzu kommen Engpässe beim Personal, vor allem bei den Fachkräften. Rund 17.000 wären nötig, die es aber trotzt Rekordarbeitslosigkeit nicht gibt. Umschulungen aus anderen Branchen sind laut Amann enge Grenzen gesetzt. Dasselbe trifft auf ausländische Arbeitnehmer bzw. Subauftragnehmer zu. »Eine nachhaltige Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials wird nur mittel- bis langfristig über die Weiterentwicklung des dualen Bildungssystems möglich sein.« Die Lehre müsse attraktiviert und die Durchlässigkeit zwischen Ausbildungskarrieren weiter verbessert werden, damit Handwerker*innen alle Möglichkeiten offenstehen, auch akademische Ausbildungen zu absolvieren und in Führungspositionen hineinzuwachsen.

Großes Potenzial ortet die Studie auch in der Digitalisierung der Baustellen für einen effizienteren Betrieb – von digitalen Analysetechniken über die digitale Baudokumentation bis zum Einsatz des digitalen Zwillings. Aber auch Innovationen im konventionelleren Bereich können einen wesentlichen Beitrag zur Kapazitätserweiterung liefern – von der Vorfertigung über nachhaltige Bauprodukte bis zur Prozessoptimierung.

Und schließlich liefert die Studie konkrete Vorschläge für eine planvolle Ausweitung der Hochbausanierung zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor unter Berücksichtigung bestehender Entwicklungen. So werden etwa im großvolumigen Bereich der Abbau wohnrechtlicher Barrieren sowie Förderungen als wirkungsvollste Instrumente genannt. 


Die Hauptergebnisse

- Für die Erreichung der Klimaziele muss die Sanierungsrate auf 3,0 % erhöht werden.
- Dafür muss die Bauproduktion in der Hochbausanierung von ca. € 10 Mrd. auf ca. € 16 Mrd. bis 2025 steigen.

Die größten Hürden sind:
- die gute Konjunktur im Neubau mindert das Interesse der Bauwirtschaft für eine Schwerpunktverlagerung zur Sanierung;
- das fehlende Fachpersonal: es bräuchte 17.000 zusätzliche Fachkräfte; dafür muss die Lehre weiter attraktiviert werden;
- die extreme Preisentwicklung bei vielen Rohstoffen und Bauprodukten.


Die Studie:

»Kapazitätsanpassung der Bauwirtschaft für eine erhöhte Sanierungsrate«
Schriftenreihe 27/2021
W. Amann, S. Goers, N. Komendantova, A. Oberhuber
Herausgeber: BMK, Deutsch, 94 Seiten

Kostenloser Download unter:
www.nachhaltigwirtschaften.at

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